Thread by @L_Oberndorfer

Welches Spiel spielt Kurz gerade in Europa? Macron: "Sehen Sie, ihm (Kurz) ist das alles egal! Er hört anderen nicht zu, hat eine schlechte Haltung. Er kümmert sich um die Presse – und basta." Zutreffend. Genauer noch: Kurz ist ein rechts-populistischer Trittbrettfahrer(Thread):

Denn die Gegenposition zu den geizigen Vier (Rutte, Kurz, Löfven, Frederiksen) ist keinesfalls eine, die grundsätzlich mit der neoliberalen Geschäftsgrundlage brechen möchte.

Vielmehr hat Deutschland als exportorientiertes Land den Ernst der Lage, der durch COVID-19 ausgelösten Wirtschaftskrise erkannt: Eine Pleitewelle & Kernschmelze der Finanzmärkte konnte v o r e r s t nur nur durch massive Interventionen der EZB abgewendet werden.

Damit ist der für die exportorientierten Kapitalfraktionen entscheidende europäische Binnenmarkt, der Euro und letztlich die Macht der EU als weltweit größter Handelsblock in Gefahr.

Die von der Kommission, Deutschland und Frankreich vorgeschlagene Mobilisierung von 750 Milliarden Euro durch einen "Wiederaufbauplan" ist daher nichts weniger als eine entscheidende Intervention, um die neoliberale Europäisierung als solche zu retten.

Dafür ist man auch punktuell bereit mit den eigenen Dogmen (2012 Merkel noch: eine EU-Verschuldung wird es "solange ich lebe nicht geben") zu brechen und zeitlich begrenzt eine europäische Verschuldung einzugehen. (zur Finanzierung des Wiederaufbauplanes).

Wem damit gedient werden soll, brachte der EU-Ratspräsident (Michel) in einem nächtlichen Kommentar auf den Punkt: "Mein Wunsch ist, dass wir eine Einigung erzielen & dass die Financial Times & andere morgen titeln, dass die EU erfolgreich eine Mission Impossible gemeistert hat."

Expliziter kann man nicht werden: Der Wiederaufbauplan soll den Finanzmärkten die Stabilität und Undwiederruflichkeit des neoliberalen Integrationsprojektes garantieren.

Auf diesem Projekt ist Kurz ein rechts-populistischer Trittbrettfahrer:

Er weiß, dass die ö. Industriellen (Ö ist auch stark exportorientiert) von den im Wiederaufbauplan angedachten Investitionen in einen grünen Kapitalismus, in Militarisierung (u.a. der Grenze) & von erzwungenen "Reformen" (Muster: Geld für Deregulierung) profitieren werden.

Aber er weiß auch, dass der Wiederaufbauplan letztlich aufgrund der hinter ihm stehenden Machtinteressen durchgezogen wird. Nicht zuletzt hatten sich neben den oben Genannten auch die EU- (Businesseurope) und deutsche Industriellenvereinigung (BDI) für den Plan ausgesprochen.

Daher kann er sein erprobtes Spiel nun auf EU-Ebene wiederholen: In dem er eine nationale & chauvinistische Karte spielt (so meinte er gestern einige Mitgliedstaaten hätten "kaputte Systeme") ohne dabei dem neoliberalen Weltmarktprojekt grundsätzlich untreu zu werden.

Das spiegelt sich auch in seiner Forderung nach harten Bedingungen hinsichtlich neoliberaler "Reformen" für Gelder aus dem Wiederaufbauplan wieder. Etwas was die Kommission bereits in ihrem Entwurf vorgesehen hatte.

Die Pseudoforderung von Kurz ist rechts-populistisch opportun & hilft der Kommission ihre ursprüngliche Position ohne Zugeständnisse an die südeuropäischen Staaten durchzusetzen.

Auf EU-Ebene wiederholt sich daher das, was wir schon auf nationaler Ebene beobachten konnten:

In dem sich alle an seinem Chauvinismus abarbeiten ("Linke" & Liberale verteidigen neoliberale Integration) oder sich mit ihm identifizieren (Kurz als Vertreter der ö. Volksgemeinschaft gg. das "EU-Diktat") tritt Kampf zwischen EU-Kapital vs. EU-Lohnabhängige in den Hintergrund.

Wer näher in das Thema reinlesen möchte:
Für das Tagebuch haben dazu eine Analyse geschrieben: bit.ly/2WyY2e4

Und für den Infobrief EU & Internationales der AK Wien habe ich mir die (rechtlichen) Eckpunkte angesehen: bit.ly/2OG5waT

#EUCO #EUGipfel #Kanzler #Macron #EUSummit #eucouncil #RecoveryFund