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Es ist gut, dass wir über @bundeswehrInfo streiten, und es ist gut, wenn wir alle höhere Anprüche an Soldat*innen der #Bundeswehr stellen als an uns selbst, denn es ist unter anderem Ausdruck dafür, dass wir sie als relevanten Teil unserer Gesellschaft wahrnehmen.
Lange Zeit galt es als problematisch, dass der #Bundeswehr allenfalls „freundliches Desinteresse“ beschieden war, während Soldat*innen angeblich nach „Anerkennung gierten“. Dabei war genau dieses Desinteresse die höchstmögliche Form der Anerkennung.
Schließlich war es doch das erklärte Ziel der #Bundeswehr, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu schützen, und woran ließe sich das deutlicher festmachen, als an dem Umstand, dass sich kaum jemand ernsthaft bedroht sah?
Daran änderten auch die zunehmenden Einsätze der Bundeswehr seit Mitte der 1990er-Jahre wenig – zumindest auf Seiten der Bevölkerung. Aus soldatischer Sicht dagegen begann teilweise ein schleichender Prozess einer kulturellen Entfremdung.
Dem wachsenden Wohlstand und der zunehmenden (konsumierenden) Mobilität eines großen Teils der Bevölkerung standen für einige Soldat*innen eine immer härter werdende Einsatzrealität entgegen. Es wäre eine der vornehmsten Aufgaben der Politik gewesen, diese Lücke zu schließen.
Der einzige Minister, dem das einigermaßen gelang, dürfte wohl Peter Struck gewesen sein. Überwiegend blieben die #Bundeswehr und die Sicherheitspolitik vor allem Themen, mit denen politisch nichts zu gewinnen, aber vieles zu verlieren war.
In den aktuellen Diskussionen rund um die #Bundeswehr werden meines Erachtens auch die Konsequenzen eines Anerkennungs-Defizits deutlich. Dieses lässt sich als ideelle Friedensdividende beschreiben.
Weil wir uns als Gesellschaft lange Jahre nur sehr wenig mit der #Bundeswehr und ihren Soldat*innen befasst haben, müssen wir uns das im Zuge einer konflikthaften Globalisierung nun intensiver tun, zumal die Bundeswehr nicht nur Recht und Freiheit, sondern auch Wohlstand schützt.
Genau darin aber liegt ein moralisches Dilemma, das bislang nicht klar genug ausgesprochen wurde. Deutschland hat Interessen. Die #Bundeswehr ist ein Instrument, um diese Interessen durchzusetzen. Ausführlich steht das u.a. im Weißbuch 2016: bmvg.de/de/themen/weis…
Weil auch dessen Inhalte im Rahmen der politischen Kommunikation nur sehr homöopathisch vermittelt wurden, ist die kulturelle Kluft zwischen Soldat*innen und der Bevölkerung nicht kleiner geworden – im Gegenteil.
Die #Bundeswehr eignet sich hervorragend als moralische Bad Bank einer Konsumgesellschaft in der Krise. Dazu ein paar Beispiele:
1. Klimawandel
Während vor allem von der jungen Generation getriebene Proteste eine Neuausrichtung zu einer nachhaltigen Wirtschaft fordern, ...
... steht die #Bundeswehr im Rahmen der Bündnissolidarität im Einsatz, um die alte Weltordnung u.a. am Hindukusch zu verteidigen. Die Ironie dabei: Keine Armee setzt konsequenter Abgasnormen und Geschwindigkeitsbegrenzungen auch im Einsatz konsequenter um.
2. Migration
Auch im Kontext der u.a. durch den Klimawandel, aber auch durch wirtschaftliche Verwerfungen ausgelösten weltweiten Migrationsbewegungen steht die #Bundeswehr an vorderster Front. Aber während sie sowohl im Einsatz viel dafür tut, kultursensibel zu agieren und ...
... auch in der Truppe selbst Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Vergleich zu anderen Institutionen vorbildlich inegriert sind, bekommen vor allem immer noch vorhandene rassistische Äußerungen maximale Aufmerksamkeit.
3. Gleichstellung
Nach den skandinavischen und israelischen Streitkräften dürfte die #Bundeswehr weltweit eine der besten Armeen sein, um als Frau oder auch als PoC oder Mensch aus dem LGBTQ-Spektrum Karriere zu machen.
Das alles findet nicht ohne Widerstände statt und gesellschaftliche Konflikte bilden sich auch in der #Bundeswehr ab, aber insbesondere die politische und militärische Führung sind in ihren Anforderungen sehr klar, und auch die Öffentlichkeitsarbeit zeigt diesen Anspruch.
Dennoch habe ich als intensiver Beobachter den Eindruck – und es wäre interessant, wenn dieser mal wissenschaftlich überprüft würde –, dass das mediale Bild der #Bundeswehr vor allem durch Fehler geprägt ist. Soldat*innen fühlen sich dadurch häufig missverstanden.
Eine Folge: sie lehnen die mediale Darstellung, oder schlechter noch, Medien insgesamt ab – es sei denn, diese berichten unkritisch oder sogar komplett affirmativ. Ich wünschte, das wäre anders, denn, s.o., die Kritik ist ein Zeichen dafür, dass die #Bundeswehr relevant ist.
Aber ist es dann nicht paradox, dass die Kritik so scharf ist, die Defizite so groß gemacht werden? Ja, ist es, aber dieser Streit ist Ausdruck einer Veränderung. In diesem Zusammenhang empfehle ich, sich mit der These des Integrationsparadox von @AladinMafaalani zu befassen.
Als Einstieg finde ich dieses Interview mit @tazgezwitscher sehr hilfreich: taz.de/Integrationspo…
In Bezug auf die Einwanderungsgesellschaft sagt er: „Wenn es gut mit der Integration läuft, gibt es Konflikte, und zwar dauerhaft.“
Meine These: Soldatisches Dienen entfremdet Soldat*innen in Teilen von der Gesellschaft und es bedarf kontinuierlicher Re-Integration. Kritische Medien spielen dabei eine wesentliche Rolle. Selbst wenn diese nicht fehlerfrei arbeiten oder Sachverhalte dramatisieren, ...
... ist das kein Grund, diese abzulehnen oder gar Journalist*innen persönlich anzugreifen. Wer das als Soldat*in (oder auch in anderer Rollen tun), delegitimiert sich, denn er trägt nicht dazu bei, eine bessere #Bundeswehr zu schaffen.
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