Die @Gruene_Austria brauchen eine Exit-Strategie Klima aus der Koalition.

Konflikte gibt es in der Regierung nicht nur im Asylbereich. Zerbricht die Koalition vorzeitig, muss aus Sicht der Grünen auch die Klimapolitik im Zentrum stehen.

Ein 🧵
1. Gerade kracht es in es Koalition, weil das angekündigte "Beste aus beiden Welten" aus Sicht der ÖVP wenig überraschend keine Menschlichkeit in Asylfragen beinhaltet. Das wussten die Grünen vorher, so wie wir alle. Trotzdem nimmt der Druck zu, das ist gut.
2. In der Klimapolitik wurde an kleinen Rädchen gedreht, die Fortschritte wirken nur im Vergleich zur ÖVP-geprägten desaströsen bisherigen Klimapolitik von Ö annehmbar. In Wirklichkeit bringen sie uns dem Ziel Klimaneutralität 2040 nicht viel näher. Das wissen die Grünen selbst.
3. Sie stehen darum in der Außenkommunikation vor dem Dilemma, kleine Erfolge größer darzustellen als sie es sind, während gleichzeitig deutlich stärkere Maßnahmen in Aussicht gestellt und auch beim Koalitionspartner eingefordert werden müssen.
4. Die Grünen würden einen Fehler begehen, die Koalition allein an Asylfragen zerbrechen zu lassen. Die Türkisen denken (zurecht) hier wenig zu verlieren zu haben – dagegen könnten sie aber mit klimapolitischen "Mitnahmeeffekten" aus der Koalition gehen, sollte diese zerbrechen.
5. Nach dem Motto "Es ist möglich Klima und Grenzen zu schützen", könnte die ÖVP sagen, sie habe ihren Teil der Abmachung "das Beste aus beiden Welten" erfüllt und die Klimapolitik der Grünen mitgetragen, während diese bei Asylfragen nicht dasselbe tat und die Koalition sprengte.
6. So oder so müssen wir uns darauf vorbereiten, dass sich die ÖVP in die wohlbekannte Opferrolle begibt, sollte die Koalition zerbrechen. Egal an welchem Thema. Weil: Sie können immer darauf verweisen, dass ihre Linie immer klar gewesen sei, nicht nicht verändert habe.
7. Die Grünen wurden nicht nur, aber vor allem wegen ihrer Klimapolitik gewählt. Das zeigten Umfragen deutlich.
Sie haben nun das Problem, dass SPÖ u Neos sich auch als Klima-Parteien positionieren wollen und in der Opposition mehr fordern können als die ÖVP den Grünen zugesteht.
8. Die Grünen drohen ihr Alleinstellungsmerkmal und auch in der Klimapolitik ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren – vor allem wenn nicht bald größere Maßnahmen folgen. Große Schritte sind in dieser Koalition im Schatten der ÖVP-Klientel aber schwer vorstellbar.
9. Die Grünen wissen selbst: Für das Ziel Klimaneutralität 2040 (und Nachhaltigkeit generell) reicht es nicht, Dieselautos gegen Elektrofahrzeuge auszutauschen und in Wasserstoffträumen zu schwelgen, wie es Klimaschutz-Analphabet Kurz tut. "Grünes" Wachstum ist zu wenig.
10. Was auffällt: Emotional werden die Grünen beim Klimathema nicht. Das zeigt sich bei Klimaschutzministerin @lgewessler und Umweltsprecher @lukas_hammer. Sie richteten erst rund um die Abschiebungen wirklich deutliche kritische Worten an den Koalitionspartner. Warum ist das so?
11. Klimapolitik wird auch von den Grünen als kaltes, technokratisches Thema behandelt. Das äußert sich auch am konfliktscheuen Kommunikationsstil in diesem Bereich, den nicht zuletzt Klimaschutzministerin Gewessler verkörpert.
12. Die ehemalige Geschäftsführerin von @Global2000 hat vieles, was sie zu einer möglichen künftigen Spitzenkandidatin ihrer Partei qualifiziert. Als Ministerin stellt sie sich aber nicht als mutige Kämpferin für das Klima, sondern als besonnene Sachpolitikerin dar.
13. Warum wird Gewessler in Klimafragen nie laut? Das ist nichts Negatives, v. a. wenn es in gezielt passiert. Politik lebt von Konflikten und gerade neue Politikerinnen können vor allem in diesen ihr Profil schärfen.
Genug inhaltliche Angriffspunkte gibt es in der Koalition.
14. Die Grünen wissen, dass die notwendige sozial-ökologische Wende genauso eine Frage der Gerechtigkeit ist, wie die Asylpolitik. Das Problem: Sie zeigen diese Verbindungen zu wenig auf. Sie schaffen sie es bisher nicht, den Diskurs über die Klimakrise weiter zu verschieben.
15. Wo es um Klimagerechtigkeit gehen sollte, wird weiter eine reine Diskussion über Technologien und Steuerreformen geführt. Die Klimabewegung hat es in den letzten Jahren vorgemacht: Man kann und muss das Thema Klimakrise mit Emotionen aufladen, um Boden zu gewinnen.
16. Die Grünen können langfristig keine Politik mittragen, die "Klima und Grenzen schützen" will.
Im Gegenteil: Eine klimagerechte Welt muss auch eine mit offenen Grenzen und Bleiberecht sein.
17. Es gilt also für die Grünen, falsche Scheu vor offenen Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner in Klimafragen abzulegen. Das würde auch die anhaltende Kritik an Österreichs Klimapolitik widerspiegeln. Dafür müssen sie aber deutlich mehr fordern als bisher.
Ende.

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16 Oct 20
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Nein? Ich auch nicht. Es gab leider auch keine mir bekannte Berichterstattung oder Info-Tätigkeit durch die Ministerien dazu. Schade, er ist spannend! bmk.gv.at/themen/klima_u…
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