Die Schulschließungen sind verlängert. In erster #Covid19-Welle gab es heftige Debatte, wie viel Arbeitszeit der Eltern dadurch ausfällt. @BettiKohlrausch und ich haben mit der @boeckler_de Befragung geschätzt, wie groß der makroökonomische Effekt war.
imk-boeckler.de/download-proxy… 1/
In unserer Umfrage wurde gefragt, wer wegen geschlossener Schulen und Kitas Arbeitszeit reduziert hat. Zugleich wurden die Arbeitsstunden der Erwerbstätigen vor der Krise und während der Krisenmonate abgefragt. 2/
Außerdem haben wir aus der Befragung eine Vielzahl von soziökonomischen Charakteristika der Befragten, etwa darüber, wer systemrelevant war, welche Ausbildung vorlag, welche Art von Arbeitsvertrag und in welcher Branche der/die einzelne tätig war. 3/
So können wir abschätzen, wie viele Stunden bei Eltern verloren gegangen sind. Nicht alle verlorenen Arbeitsstunden von Eltern sind wegen ausgefallener Kinderbetreuung verloren gegangen. Ein Friseurpäarchen wird im Lockdown im April 2020 4/
gar nicht gearbeitet haben (Kurzarbeit 0), obwohl nicht beide zur Kinderbetreuung zu Hause benötigt wurden. Um das abzugreifen, haben wir über eine OLS-Schätzung geschätzt, wie viel mehr Stunden Eltern ihre 5/
Arbeitszeit im April und Juni reduziert haben im Vergleich zu Beschäftigten ohne Betreuungsverpflichtungen. 6/
Das Ergebnis: Im April dürften 0,4 % und im Juni 0,2 % der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsstunden durch Ausfall von Kinderbetreuung und Schule verloren gegangen sein. Im Vergleich zu dem gesamten Arbeitsausfall in der Pandemie (14,5 bzw. 8,1%) ist das nur ein sehr kleiner Teil. 7/
Selbst mit sehr großzügigen Annahmen (dass alle Arbeitszeitverluste von Eltern, die eine Arbeitszeitreduktion wegen Kinderbetreuung angaben alleine auf Kita-/Schulschließungen zurückgehen), kommt man nur auf einen gesamtwirtschaftlichen 8/
Arbeitzeitverlust von 1,1 % im April und 0,5 % im Juni. 9/
Damit liegen unsere Schätzungen um den Faktor 8 bis 20 niedriger als jene von N. Fuchs-Schündeln, @kuhnmo und @tertiltMichele, die im Frühjahr viel Aufmerksamkeit verursacht haben und einen Verlust von 8,4% der gesamtwirt.Arbeitszeit geschätzt hatten.
papers.ssrn.com/sol3/papers.cf… 10/
Wie lassen sich die vergleichsweise moderaten Effekte aus unserer Schätzung erklären? Wir sehen die Ergebnisse als Indiz, wie viel Flexibilität Eltern und Unternehmen bei Erledigung der Arbeiten mitgebracht haben. 11/
Oft wurde wahrscheinlich zumindest von einem Elternteil früh morgens oder spät abends gearbeitet, die Arbeitgeber haben das akzeptiert, solange die Arbeit erledigt wurde. Ein Indiz dafür haben wir in Befragungsergebnissen zum Stresslevel: 12/
Eltern mit betreuungsbedürftigen Kindern zu Hause waren im Lockdown wesentlich stärker gestresst als der Rest der Bevölkerung. 13/
Um Missverständnisse zu vermeiden: Schulschließungen sind schlecht. Sie verringern Bildungschancen, vergrößern (Bildungs-)Ungleichheit ebenso wie Gender-Ungleichheit. Der Stress der Eltern bedeutet zusätzlich Gesundheitsbelastungen. 14/
Die Akkumulation von Humankapital bei Kindern wird verringert, was künftige Einkommen und Output senkt.

Aber: Schulschließungen scheinen – zumindest in D – keinen deutlichen negativen kurzfristigen Schock auf das Arbeitsangebot und damit das BIP verursacht zu haben. 16/
Das unterstreicht auch die Hoffnung, dass das BIP im laufenden Quartal trotz Schulschließungen und Kita-Schließungen nur moderat nachgeben wird. Mit der Fuchs-Schündeln/ @kuhnmo und @tertiltMichele Schätzung müssten wir im laufenden Quartal 17/
erneut einen ganz massiven BIP-Einbruch sehen, weil ja das Arbeitsangebot erneut massiv schrumpfen müsste. Liegen wir dagegen richtig, könnte dieser große Einbruch ausbleiben. 18/

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More from @SDullien

30 Sep 20
Today we have published our new @IMKFlash economic forecast for Germany. The seven highlights in a #Thread below.
The full text (in German) can be found here:
imk-boeckler.de/download-proxy…
1/
#1: The statement that the #Covid19-crisis was the deepest crisis in post-war history remains only partly valid. For the year 2020 as a whole, we now see a decline in GDP of 5.2%. In 2009 the decline was „only“ 5.6% according to current data. 2/
#2: Over the course of the quarter, however, the slump in the second quarter was still by far the most severe since the start of quarterly data collection. As a rebound, the 3rd quarter now sees a record increase. 3/
Read 10 tweets
30 Sep 20
Wir haben heute unsere neue @IMKFlash Konjunkturprognose veröffentlicht. Die sieben Highlights im #Thread.

Der Gesamttext ist hier zu finden: imk-boeckler.de/download-proxy…
1/
#1: Es gilt nur noch eingeschränkt, dass die #Covid19-Krise die tiefste Krise der Nachkriegsgeschichte ist. Für das Gesamtjahr 2020 sehen wir jetzt einen Rückgang des BIP von 5,2 %. 2009 betrug der Rückgang nach aktuellem Datenstand 5,6%. 2/
#2: Im Quartalsverlauf war der Einbruch im zweiten Quartal allerdings immer noch mit Abstand der heftigste seit Beginn der Datenerfassung. Als Rückprall folgt im 3. Quartal nun ein Rekordanstieg. 3/
Read 11 tweets
29 Sep 20
Meine Verteidigung von @beyond_ideology gegen die Häme von @schnellenbachj hat auf #EconTwitter gestern viele Reaktionen verursacht. U.a. wurde mir „autoritärer Charakter“ und soziale Kälte vorgeworfen. Ein #Thread zur Klarstellung. 1/
Mein Punkt war, dass es völlig konsistent sein kann, Flüge für bestimmte Zwecke (etwa Shopping in Dubai) abzulehnen, für andere Zwecke (wissenschaftliche Fellows, Forschung) aber zu akzeptieren – selbst bei perfekt funktionierendem Emissionshandel. 2/
Das ist übrigens nicht nur ein moralisches Argument, sondern eines, das völlig im Einklang mit einer neoklassischen Modellwelt steht. Auch bei neoklassischer Analyse und funktionierendem Emissionshandel kann ein Flug einen höheren gesellschaftlichen Wert haben als ein anderer. 3/
Read 14 tweets
28 Sep 20
Unsere @imkflash Finanzexpertin @KatjaRietzler war heute im #Bundestag zur Anhörung der Wirkung des zweiten Familienentlastungsgesetzes + Teilabschaffung des #Solidaritätszuschlags. Hier ihre Stellungnahme: 1/
bundestag.de/resource/blob/…
Fazit von @KatjaRietzler: Familienentlastungsgesetz (FEG) ist ausgewogen, Teilabschaffung #Soli begünstigt aber Besserverdienende.

Im FEG wird die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags festgeschrieben. 2/
Damit werden Familien und dabei auch Geringverdiener entlastet. Die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag ist damit deutlich stärker als in den Vorjahren ausgefallen. Das höhere Kindergeld kommt vor allem Gering- und Mittelverdienern zugute. 3/
Read 7 tweets
28 Sep 20
Ich habe heute zusammen mit @tom_krebs_ und @difu_d ein neues Policy Paper zum öffentlichen #Wohnungsbau veröffentlicht. Fazit: Öff. Wohnungsbau sollte jetzt forciert werden. Bodenfonds und Bundesbeteiligungsfonds wären gute Instrumente zur Förderung. 1/
Pünktlich zum #Wohngipfel morgen argumentieren wir, dass Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Ballungsgebieten auch nach #Covid19 bestehen bleibt. Gleichzeitig sind die Aufträge im Wohnungsbau in den Corona-Monaten zurückgegangen. 2/
Es besteht die Gefahr, dass sich dieser Trend fortsetzt. Außerdem sind wegen fallender Kapazitätsauslastung im Wirtschaftsbau die Opportunitätskosten von mehr Wohnungsbau jetzt niedriger als sonst. 3/
Read 7 tweets
17 Sep 20
Weil der Vorschlag, die Schuldengrenze auf 90 % des #BIP zu erhöhen, aus einer @IMKFlash Studie stammt, verteidige ich hier einmal den Punkt, auch wenn mit dem Papier der SPD-Linken sonst nichts zu tun hatte.

Unsere Studie:
imk-boeckler.de/de/faust-detai… @AndrewWattEU @Chris_ptz
1/
Warum 90 %? Richtig, die Grenze ist willkürlich, so willkürlich wie die 60 %. Allerdings hat die Debatte nach Reinhart/Rogoff (und deren Fehler) ja gezeigt, dass auch 90 % Staatsverschuldung unproblematisch sind. 2/
Dagegen hat @ojblanchard1 vorgerechnet, dass für Italien auch eine Staatsverschuldung von deutlich mehr als 100 % tragfähig ist.Wir haben zu der Blanchard-Rechnung einen „Sicherheitsabstand“ für Krisen wie jene der Corona-Krise eingezogen und kommen damit pragmatisch auf 90 %. 3/
Read 8 tweets

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