Thread by @pavel23

Das ist ja schön, dass der Senat keine "weiteren" Lockerungen sieht. Mit Verschärfungen möchte man aber offensichtlich warten, bis die Zahlen wieder ordentlich steigen und wieder mehr Leute sterben. Das ist halt 3. Welle mit Ansage.
bz-berlin.de/berlin/senat-s…

Aber wer weiß, vielleicht gehen ja die Zahlen wieder runter, einfach so, ist ja letzten Sommer passiert, Mitte Juni, dass die Inzidenz in 2 Wochen von 6 auf 15 stieg und in 10 Tagen wieder auf 6 fiel, ohne, dass man etwas tun musste. Nicht, dass das wahrscheinlich wäre, aber ...

... man kann es auch nicht hundertprozentig ausschließen, und Gott bewahre, dass wir bei Inzidenz 62 und nur 5% Zunahme in der letzten Woche unnötige Maßnahmen treffen, die die Zahlen unnötig weiter nach unten bringen. Und wir haben ja wieder Platz auf den Intensivstationen.

Insofern versagt die Politik gerade genau wie erwartet.

https://twitter.com/pavel23/status/1363285884943089668

Es ist, als säßen wir in einem Boot in einem Fluß. Stromabwärts lauert ein Wasserfall, stromaufwärts wird der Fluß breiter, die Strömung langsamer. Und es regnet, es kommt also immer mehr Wasser.

Obwohl die Gegenströmung stärker wird, rudern wir langsamer, und kommen nicht mehr voran, sondern fallen zurück. Ja, das hält uns vorerst davon ab, den Wasserfall herunter gespült zu werden, aber entfernt uns von sicherem Fahrwasser. Irgendwann kommen wir dem Wasserfall wieder...

...zu nahe, und dann werfen wir uns auch wieder in ordentlich in die Riemen, wenn wir das Getöse des Wassers hören können. Bis dahin rudern wir einfach vor uns hin und nehmen in Kauf, dass in diesem rauen Wasser Leute über Bord fallen. Wir können ja deswegen nicht ...

...behelligt werden, härter zu rudern, nur, um ein paar Leute davor zu bewahren, über Bord zu gehen. Die wären früher oder später ohnehin über Bord gegangen, und wir rudern schon so lange und sind nicht allzu weit gekommen, weil wir keine Lust auf hartes Rudern hatten.

Und weil wir in der Vergangenheit nicht besonders hart gerudert haben, kann man jetzt nicht verlangen, dass wir härter rudern. Wir haben schließlich über die Hälfte der Strecke zurückgelegt, da können wir uns den Rest erst mal sparen, ist eh zu weit, vor allem mit dem Regen.

Ja, wir wussten, dass Regen kommt, aber einige haben prinzipiell nicht mitgerudert, weil sie nicht ans Rudern glauben, und andere haben nur halbherzig mitgemacht, aber es reichte, um eine Weile vorwärts zu kommen, aber nicht genug, um vor dem Regen in ruhigem Fahrwasser zu sein.

Jetzt werden wir uns so hart in die Riemen legen müssen, um überhaupt nur auf der Stelle zu verharren, dass, hätten wir das im November gemacht, wir vor Weihnachten in sicherem Fahrwasser gewesen wären.

Aber wo kämen wir da hin, wenn wir die Zahlen effektiv niedrig halten? Kein Mensch würde glauben, dass Corona gefährlich ist. No Glory in Prevention. Weniger als 500 Corona-Tote am Tag fallen auch nicht besonders auf, bei 2000-2500 normalen Toten am Tag.

Statt die Zahlen runter zu kriegen, starrt der Berliner Senat jetzt wochenlang untätig auf die Zahlen und hofft, so lange wie möglich nicht tun zu müssen, was am Ende doch unausweichlich wird: Maßnahmen verschärfen. Aber wir warten damit lieber, bis wir nur noch Mutanten haben.

Für wie blöd hält die Politik "das Volk" eigentlich? Nun, so wie das Volk wählt, kann es jetzt nicht erwarten, für besonders klug gehalten zu werden. Wer kennt schon die Namen seiner Abgeordneten in Stadt, Land und Bund? Und wer weiß, was sie konkret getan haben?

Die meisten Leute treffen ihre Wahlentscheidung einfach aus einem medial vermittelten Gefühl über eine Partei heraus, einem Markenimage. Die meisten recherchieren mehr, wenn sie im Internet einen Artikel kaufen als vor einer Wahlentscheidung.

Im Idealfall sollte eine Partei garantieren, dass ihre Kandidaten die Besten sind, die die Partei aufzubieten hat, aber wir alle wissen, dass das weniger eine Bestenauslese, sondern mehr ein Macht- und Popularitätswettwerb ist.

Wenn Politik nicht die Leistung bringt, die man gerne hätte, liegt es halt auch an allgemeinem Desinteresse an Politik und uninformierten Wahlentscheidungen. Wir haben genau die Politiker, die wir verdienen. Nicht unbedingt die Schlechtesten, aber definitiv nicht die Besten.