.@FridayForFuture & @sciforfuture protestieren seit mehr als 2 Jahren dafür, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Was meinen diese jungen Leute damit, dass man ihnen – & uns allen – die Zukunft klaut?

Ein Thread.
Viele Menschen scheinen 1,5 & „deutlich unter 2“ Grad, wie es im Pariser Klimaabkommen vereinbart ist, für abstrakte – vielleicht sogar willkürliche – Zahlen zu halten. Schließlich scheinen die Regierungen nicht besonders hinterher zu sein, diese Limits einzuhalten.
Auch viele Medien scheinen nur mäßig besorgt, wenn Regierungen Entscheidungen verkünden, die nicht mit dessen Einhaltung vereinbar sind (Kohleausstieg 2038, die (ausbleibende) Reform der GAP, die EEG-Novelle, viele Wirtschaftsförderungsmaßnahmen in der Coronakrise …).
Warum also die Aufregung?

Das wird wohl am besten deutlich, wenn man sich anschaut, was die 1,2 Grad globale Erwärmung konkret bedeuten, die wir heute schon erreicht haben.
In Deutschland hat die #Klimakrise bereits drei Jahre hintereinander für Dürren & Ernteausfälle gesorgt, noch immer hält die Trockenheit in den tieferen Erdschichten an:

spiegel.de/wissenschaft/n…
Auch der Wald in Deutschland leidet massiv unter der Trockenheit. Er ist kränker als in den 80ern, als man von „#Waldsterben“ sprach & eindrucksvolle Proteste von Bürger:innen dafür sorgten, dass die Ursachen politische angegangen & behoben wurden:

taz.de/Waldzustandsbe…
Immer öfter müssen Straßenbäume gegossen werden.

Um die Berliner Hasenheide an die Klimakrise anzupassen, will die Stadt in einem Modellprojekt nun fast 5 Millionen Euro ausgeben.

Wohlgemerkt: Für einen einzigen Park. Es gibt da noch ein paar mehr …

berlin.de/ba-neukoelln/a…
In #Brandenburg sind Seen in den vergangenen Jahren teils schon massiv ausgetrocknet, mehrfach auch die Schwarze Elster bei Senftenberg; die Grundwasserstände sinken.

Zu welchen Problemen & Konflikten das heute schon führt, zeigt diese Doku @rbb24:

rbb-online.de/doku/a/auf-dem…
Niedrigwasser behinderten in den vergangenen Jahren u.a. in #Elbe & #Rhein immer wieder die Schifffahrt:

ndr.de/nachrichten/ni…
Gleichzeitig steigt der #Meeresspiegel immer schneller an & bedroht damit u.a. das #Wattenmeer, UNESCO-Weltkulturerbe & Lebensraum für zahlreiche Tiere (suboptimal auch angesichts des #Artensterben):
dw.com/de/stirbt-der-…
Deiche müssen auch in Deutschland immer höher gebaut werden, um uns in den kommenden Jahrzehnten vor erwarteten Folgen wie Sturmfluten zu schützen:
ndr.de/nachrichten/ni…
Schon seit Jahren sterben in Deutschland immer mehr Menschen bei Hitzewellen. So auch im August 2020, dort starben laut Statistischem Bundesamt deutlich mehr Menschen als in den 4 Vorjahren:
tagesschau.de/inland/hitzeto…

berliner-zeitung.de/news/statistis…
All diese Auswirkungen sind schon 2020 in Deutschland spürbar sind. Wie die Situation 2030, 2040 oder 2050 aussehen könnte, wird viel zu selten als Bigger Picture aufbereitet & besprochen.

Dabei betrifft die #Klimakrise die Leben von uns allen. Nicht nur "kommende Generationen".
Viele Berichte beziehen sich auf einzelne Aspekte oder auf vergleichsweise weit entfernte Zeiträume – auf Titelseiten & Hauptsendeplätze schaffen sie es viel zu selten.

So wirkt die Klimakrise in der medialen Berichterstattung oft weniger akut & abstrakter als sie bereits ist.
Wie 2030 aussehen könnte, beschreibt etwa das Grünbuch Öffentliche Sicherheit.

Das hatte 2015 z.B. vorausgesagt, dass wir schlecht auf die Gefahr von Pandemien vorbereitet sind … die durch die Klima- & Biodiversitätskrise immer wahrscheinlicher werden.
zoes-bund.de/wp-content/upl…
Im Grünbuch wird u.a. vor Schäden für Infrastruktur & Verkehr gewarnt. Nicht nur Stürme, Überschwemmungen & Hagel gefährden sie, sondern auch Hitzewellen.

Klingt dystopisch? War in den vergangenen Jahren bereits immer wieder Realität: cnbc.com/2019/07/26/sco…
Extremwetter werden häufiger & heftiger, zerstören auch heute schon Zuhause, töten Menschen. Auch in Europa. (Dass das was mit der #Klimakrise zu tun haben könnte, wird im Bericht der @tagesschau nicht erwähnt.)
tagesschau.de/ausland/uebers…
Die #Hurrikane-Saison im Atlantik war 2020 so krass wie nie zuvor, “with an unprecedented 30 named storms, marking the fifth year in a row with above-average hurricane activity”, so die NASA:
theverge.com/2021/2/26/2230…
Mit jedem Zehntel Grad Erderhitzung nehmen die Auswirkungen zu, viele Entwicklungen verlaufen nicht linear, sondern exponentiell.

Was das heißt, sehen wir bei Corona: Es kann länger so aussehen, als wäre alles okay, die Lage im Griff. Und dann kommen die Schäden immer schneller.
Außerdem bewegen wir uns mit jedem Zehntel Grad mehr auf sogenannte Kippelemente zu, die diese Entwicklung noch beschleunigen, dramatische nicht reparierbare Schäden verursachen & unsere Lebensbedingungen massiv gefährden.
pik-potsdam.de/de/produkte/in…
(Was selbst dann extreme Folgen haben wird, wenn die Kippelemente nicht zu einer wissenschaftlich umstrittenen "Hothouse-Spirale" fortwährender Erwärmung führt.)
Und das war jetzt allein der Blick auf die Auswirkungen in Deutschland & den vermeintlich sicheren globalen Norden. Die Hauptverursacher der #Klimakrise.

Sie zerstört schon heute die Leben von Millionen von Menschen im globalen Süden.
Das Nicht-Handeln westlicher Regierungen nimmt die Überschreitung des 1,5-Grad-Limits billigend in Kauf – und damit die Zerstörung von Millionen weiterer Leben: report.ipcc.ch/sr15/pdf/sr15_…

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4 Mar
Liebe Kolleg:innen, es ist allen von euch, die meine Analysen & Kritik grundsätzl. richtig finden, klar, dass ich das Problem nicht für euch lösen werde, richtig?

Ich versuche mein Bestes, aber alleine mit den üblichen 3,5 Verdächtigen, die das seit Jahren machen, wird das nix.
Das ist genauso unrealistisch wie die Vorstellung, dass irgendwer anderes die Klimakrise für uns lösen wird. Da müssen schon alle, die das Problem ahnen, mitmachen, wenn sich noch schnell genug was ändern soll.
Solange ihr (selbst sachte) Kritik weder liket noch retweetet, mich nicht zur Blattkritik einladet oder für Interviews anfragt, in euren Redaktionen nicht massive Veränderungen anschiebt oder euch selbst in die Debatte zur Klimaberichterstattung einbringt, geht das zu langsam.
Read 5 tweets
2 Mar
Ich fürchte, dass uns noch sehr viel mehr (wissenschaftl. prognostizierte) "Überraschungen" in den nächsten Jahrzehnten erwarten.

Waldsterben, Versauerung der Meere, Bodenerosion, Artensterben, Dürren & Ernteausfällen, Pandemien - wird alles nicht besser, wenn man nichts* macht.
(*nicht genug, nicht schnell genug)

Aber dafür müsste sich z.B. (auch unter Politik- und Wirtschaftsjournalist:innen) rumsprechen, was planetare Grenzen sind: bmu.de/themen/europa-…
"Diesen stabilen Zustand [des Holozäns] zu verlassen, könnte eine nachhaltige Entwicklung gefährden: Armut zu beenden, gesunde Lebensbedingungen zu schaffen, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität zu ermöglichen, Gerechtigkeit und Frieden zu fördern, ...
Read 4 tweets
1 Mar
Jetzt bin ich so sauer wegen des #TVDuell|s zur #ltwbw21 von @SWRpresse, dass ich wohl mal wieder nicht schlafen kann.

#KlimakriseIstJetzt. Und die kommenden Regierungen sind die letzten, die sozialverträgliche Maßnahmen ergreifen können, um auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen.
Und wenn mir als Journalist:in nicht klar sein sollte, was das bedeutet & warum das wichtig sein könnte, dann sollte ich mich darüber informieren.

Und mich fragen, ob ich das für meine eigene Zukunft & die meiner Kinder wirklich vernachlässigbar finde: klimafakten.de/meldung/neue-i…
Read 6 tweets
22 Feb
Dass Bundestagsabgeordnete 2021 die #Klimakrise so wenig verstanden haben, ist nicht (nur) lustig, traurig oder verstörend - es ist vor allem gefährlich.

Die Tweets zeigen 4 zentrale Missverständnisse (oder -informationen) zur Klimakrise, die noch immer weit verbreitet sind:
Missverständnis Nr. 1: „Die Klimakrise ist eine Krise wie andere auch“

Bildung, Wirtschaft, Digitalisierung & Klimakrise werden hier in eine Reihe gestellt als könne man diese Krisen a) miteinander vergleichen & als hätten b) alle etwa gleich dramatische Folgen.
Dass die Klimakrise unsere Lebensgrundlagen akut gefährdet (Trinkwasser- & Nahrungsversorgung, Extremwetter, Pandemien …) & damit am Fundament unserer Gesellschaften sägt, scheint bisher in seiner Konsequenz nicht flächendeckend begriffen.
Read 12 tweets
21 Feb
Fallstricke der Klimakrisenkommunikation.

Ein Thread:

1. Das Ausmaß der multiplen ökologischen & der klimatischen Krise ist so weit weg vom öffentlichen Bewusstsein, dass klare Kommunikation dazu wie Übertreibung wirkt - und schnell als das abgetan wird.
Bsp. 1: Die Grünen

Sobald sie ein Problem, dessen Ausmaß sich viele nicht voll bewusst sind, ansprechen (Fleischkonsum, Flächenversiegelung ...) & (nicht im Ansatz ausreichende) Lösungen dafür präsentieren, werden sie als “Verbotspartei” verunglimpft (Veggieday, Eigenheim ...).
Bsp. 2: Wissenschaftler:innen

Werden zwar angehört, die volle Bedeutung aber von vielen nicht verstanden (z.B. Bedeutung des 1,5- bzw. 2-Grad-Limits & des Artensterbens für unser aller Leben) & abgetan als eine Meinung unter vielen (@sciforfuture, Leuphana zu EU-Agrarpolitik).
Read 14 tweets
20 Feb
There is no journalism career on a dead planet.
Ich hab jetzt mehrfach gehört, dass Journalist:innen, die sich der Klimakatastrophe bewusst sind, nicht deutlicher darüber sprechen, weil sie (berechtigte) Angst haben, von ihrer Kolleg:innen in die „aktivistische Ecke“ gestellt zu werden. Ein potentieller Karrierekiller.
Ich verstehe diese Angst, ich hab sie auch.

Aber was ist Journalismus wert, der in der Politik- & Wirtschaftsberichterstattung (klima)wissenschaftliche Fakten zum großen Teil ignoriert & sich einer Debatte über eigene Versäumnisse, Fehler & Verantwortung verschließt?
Read 4 tweets

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