Diese ganze unselige Mallorca-Nummer zeigt mir nochmal, wieso mich unterlassene Hilfeleistung bei technischen Maßnahmen (Masken, Lüfter, Tests etc.) so übertrieben triggert: Weil sie früher oder später in eine kaputte, aufgeheizte Debatte von Menschen gegen Menschen führt.
Hätte man, wie es manche asiatische Staaten schon in den ersten Monaten 2020 zum Standard machten, früh die Kapazitäten aufgebaut, an Flughäfen massenhaft zu testen, wenigstens Einreisende aus Risikogebieten (das vielleicht sogar europäisch koordiniert), hätte man ein Mittel...
...gehabt gegen Infektionen&Varianten, die zwangsläufig eingeschleppt wurde&werden – spätestens seit B117 muss das doch klar sein. Stattdessen diskutiert man mit enormer Energie immer neue juristisch drastische Maßnahmen und soziale Konfliktlinien (alt vs. jung, arm vs. reich...
...strikt vs. locker etc.). Statt einfach früh alle Reisen mit Pflichttests zu egalisieren. Und den sozialen Frieden zu schützen. Denn wir irren uns, wenn wir reaktiv mit Regeln&Härte Gerechtigkeit schaffen wollen, weil sonst ständig jemand Angst hat, dass "die anderen" sich...
...einen Vorteil nehmen. Gerechtigkeit entsteht nicht durch Gehorsam, sondern durch transparente, funktionierende Systeme, mit denen man rechnen und leben kann, weil _alle_ damit leben. Solidarität entsteht, wenn klar ist, dass alle im selben Boot sitzen.
Leider versagt man seit einem Jahr immer und immer wieder genau darin, dieses Boot zu navigieren und davon zu erzählen.
(am meisten triggert mich aber, dass man zwangsläufig in so ein Kirchentagsdeutsch verfällt inkl. nautischen Metaphern, wenn man darüber nachdenkt.)
Nun.
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Habe heute Morgen drei längere Ministerpräsidenten-Interviews im Wortlaut gehört, um nicht Verkürzungen und Schlagzeilen auf den Leim zu gehen. Bin jetzt aber wirklich nur noch ratlos, wie wir es mit diesem Personal schaffen sollen. Sie bewegen sich längst jenseits der Realität.
Gespenstisch ist die Ruine ihrer Sprache. Abgesehen von all den entleerten Vokabeln ("Strategie, Konzept") widersprechen sie sich oft im selben Satz, meist im Übergang von abstraktem zum konkretem, von Norm zu Handlung, etwa: "Wir müssen unbedingt schützen, XY lassen wir offen."
Ihre Einstellung zum Souverän klingt wie ein eingebildetes Stockholm Syndrom: "Die Menschen" infizieren sich und wollen Öffnungen, sind Opfer und Täter, dienen als Begründung für den fahrlässigsten Unsinn und gleichzeitig als Sündenböcke, wenn der Unsinn scheitert.
Dieses Narrativ der Überraschung und des Nichtwissenkönnens, welches uns Politik mometan für die vergangenen 12 Monate Pandemie erzählen will, ist natürlich von vorne bis hinten fiktiv. Es gab seit Jahren Planspiele, Warnungen, Pandemiepläne auf genau so einen Sars-Ernstfall hin.
Als die Pandemie hier war, gab es neben den Entwicklungen aus dem Ausland von Anfang an eine dominante, gutbelegte Empfehlung aus der weltweit renommierten hiesigen Virologie/Epidemiologie: ernst nehmen. Lieber eher viel und länger als zu wenig. Zweite Welle einrechnen.
Als die zweite Welle in vielen Ländern aufkam und auch hier absehbar wurde, wurden diese Empfehlungen erneuert, mit zunehmendem Nachdruck. Wieder warnte man vor Unterschätzung, während im Ausland deren Folgen schon sichtbar wurden. Und wurde nicht mehr, sondern weniger gehört.
(Thread:) Diese Stellen des @derspiegel-Interview von M. Brinkmann @BrinkmannLab machen sprachlos. Diese fahrlässige Ignoranz, nochmal und nochmal auf die heiße Herdplatte zu fassen, Opfer und Risiken egal, egal was Zahlen und Expert*innen sagen? spiegel.de/wissenschaft/m… (€)
"Am Ende haben dann aber wohl viele Ministerpräsidenten nicht mitgespielt. (...) Allein diese zwei Wochen Verzögerung bis Anfang November haben uns in den letzten drei Monaten etwa 30.000 Menschenleben gekostet. Jetzt, mit den neuen Varianten, passiert wieder das Gleiche."
"Aber dann hörte ich aus dem Kanzleramt, dass die Ministerpräsidenten selbst die 35 nicht geschluckt haben, heraus kam dann die 50. Es muss ein Basar gewesen sein, ein Geschacher, unglaublich."
In einem Satz: Wir wirtschaften uns in die dritte Welle.
(Alles weitere im Thread. Entschuldigung für die Länge, aber ich wollte korrekt zitieren, und es treibt mich wirklich um)(1/X)
Dazu drei aktuelle Aussagen von Regierungspolitiker*innen. Zuerst Merkel: „Man sei sich in der Sitzung einig gewesen, dass zukünftige Maßnahmen (...) sehr stark davon abhängen würden, wie schnell sich die neue Variante in Deutschland ausbreite, hieß es.“ spiegel.de/politik/deutsc…
Die alte Frage: Schützen wir uns jetzt (und erfahren nie, wie schlimm genau es geworden wäre)? Oder warten wir, bis es katastrophal ist (und tun dann genau das gleiche)? Man antwortet auf das Trolley-Problem inkl. Präventionsparadox erneut mit: Abwarten. de.wikipedia.org/wiki/Trolley-P…
Kann das sein, hat Kretschmer das wirklich so gesagt?
Ja, hat er. Und noch viel mehr, was nur noch entsetzlich ist. Und gleichzeitig sehr viel über eine leider momentan dominierende Art von Politik verrät, gegen die wir uns mehr wehren müssen. freiepresse.de/nachrichten/sa… (€) (1/X)
Im 2. Ausschnitt nennt Kretschmer das Datum: Am 11.12.20 besucht er Krankenhäuser und validiert ihm vorliegende Informationen, nämlich: die Lage ist ernst. An diesem Tag sind in Deutschland insgesamt 21.567 Menschen an Covid-19 gestorben, europaweit 297.072, weltweit 1,6 Mio
Entweder ist das eine fabrizierte Geschichte, um sein Image zu retten. Dann hätte er auch erzählen können, dass er für wirkungsvolle Politik leider zu beschäftigt damit war, Kinder zu foltern und zu essen, es wäre nicht viel schlechter angekommen.
Diese Worte von Biden für groß oder ausreichend zu halten, ist Teil des Problems. Die bürgerliche Mitte, zu der er gehört, reagiert auf Extremismus von rechts immer und immer wieder mit Appeasement, politisch wie rhetorisch. Statt Verantwortliche und Programme klar zu benennen
und auszugrenzen, glaubt sie die extreme Rechte und ihre Sympathisanten wieder in die Mitte zurückführen zu können – und damit in ihr Wählerpotenzial. Das ist der eine redundante opportunistische Fehler, der sich überall wiederholt. Forschung und Historie sind klar: vor allen
anderen entscheidet die bürgerliche Mitte mit ihrem Verhalten gegenüber Rechtsaußen über Spielräume für Szenen wie heute. Alles was man ihnen durchgehen lässt, werten sie als Validierung und Ermutigung. Der nächste Präsident muss, wenn er eine Chance haben will, diese