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27 Mar, 25 tweets, 4 min read
Jetzt sind die Medien schuld, dass die Politiker sich unvorbereitet treffen und Unsinn beschließen. Ich verstehe auch nicht, was es da nächtelang vertraulich zu verhandeln gäbe, und auch nicht, wie dilettantisch Treffen unserer politischen Elite ablaufen. faz.net/aktuell/politi…
Habe das Thema Transparenz und Geheimnisse vor zehn Jahren in diesem Essay beleuchtet, pavelmayer.de/politik/essay-…, das wiederum sehr stark von einem Buch des Soziologie-Mitbegründers Georg Simmel von 1908 inspiriert ist.
Ja, Geheimnisse erfüllen wichtige Schutzfunktionen und erleichtern die Übereinkunft in Verhandlungen, aber sie haben gravierende Nachteile, darunter halt, dass leichter dumme Fehler passieren, aber gerade in der Politik kann der Preis hoch sein.
Zwar sind Geheimnisse als “soziologische Form” erst einmal ethisch neutral, doch bestimmen der überwiegende Zweck und Inhalt von Geheimnissen zwangsläufig ihre ethische Wahrnehmung: Was Geheimnisse verbergen, ist meist anstössig, unanständig, übel, schändlich, ....
... schmachvoll, infam, ruchlos oder gar kriminell.

Um es mit Simmel zu sagen: “…das Böse [steht] mit dem Geheimnis in einem unmittelbaren Zusammenhang”, und “ aus naheliegenden Gründen verbirgt sich das Unsittliche”.
Der Freiheitsraum, der durch Geheimnisse geschaffen wird, ist auch der Raum, in dem Missstände bewahrt werden und Korruption und Verbrechen gedeihen können.

Und wer sich in der Politik leichtfertig des Geheimnisses bedient, braucht sich nich zu wundern, ...
...dass der Ruf von Geheimnissen auf den Ruf von Politik abfärbt und die ganzen schlechtem Attribute von Geheimnissen zu Attributen von Politik werden.
Dadurch, dass die Ministerpräsidentenrunde routinemäßig, ohne sich Gedanken zu machen, hinter verschlossenen Türen tagt, befleckt von vornherein jedes Ergebnis, senkt dessen öffentliche Akzeptanz und eröffnet den Raum für Vermutungen, dass da Schändliches vor sich geht.
Simmel zeigt auch eine historische Entwicklung auf, die das Staatsgeheimnis zum Relikt mangelhafter und unterentwickelter Staatsformen macht:

„Dagegen pflegen die Träger der öffentlichen Interessen sich in Staatswesen früherer Zeit in eine mystische Autorität zu hüllen, ...
...während ihnen in reiferen und größeren Verhältnissen durch die Ausdehnung ihres Herrschaftsbezirkes, durch die Objektivität ihrer Technik, durch die Distanz von jeder Einzelperson eine Sicherheit und Würde zuwächst, die sie die Öffentlichkeit ihres Gebarens vertragen läßt.”
“Noch im 17. und 18. Jahrhundert verschwiegen die Regierungen aufs ängstlichste die Beträge der Staatsschulden, die Steuerverhältnisse, die Kopfzahl des Militärs…”
Bemerkenswert ist die Beobachtung, dass ein Staatswesen, das transparent und öffentlichkeitsverträglich handelt, ein reiferes und sichereres Staatswesen ist als eines, dessen Gebaren vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen werden muss, weil es schwach und unzulänglich ist.
Ein Staat, der seinen Gesetzen und Prinzipien gemäss handelt, braucht wenig zu verbergen, denn seine Handlungen sind ohnehin vorhersagbar und können jederzeit gerechtfertigt werden. Ausufernde Geheimniskrämerei ist ein Merkmal von unterentwickelten Unrechts- und Willkürstaaten.
Um es mit Simmel zu sagen:

“Das Geheimnis gleicht schließlich nur dem Schutz, den man durch Abhalten von Störungen gewinnt, und macht deshalb zweckmäßigerweise dem andern Platz: nämlich dem durch die Kraft, die den Störungen gewachsen ist.“
Dass in der Ministerpräsidentenrunde jetzt sogar Geheimhaltung der zu verhandelnden Vorschläge voreinander die Ergebnisse kompromittiert zeigt, dass da eher „Kartelle der Angst“ am Werk sind und keine kraftvollen Problemlöser, die ihre Arbeit und Motivation offen zeigen können.
Das Geheimnis ist auch Fluchtort für das im Niedergang befindliche. Simmel: „Gesellschaftlichen Bestrebungen und Mächten, die von neu aufkommenden verdrängt werden, liegt die Flucht in das Geheimnis nahe, das sozusagen ein Übergangsstadium zwischen Sein und Nichtsein darstellt.“
Es liegt nahe, hier die SPD und zunehmend auch die CDU in diesem Kontext zu sehen. Je schlechter deren Ergebnisse werden, umso weniger Offenheit und Transparenz werden wir erwarten können.
Tatsächlich scheint mir derzeit die MP-Runde vor allem nicht zu wollen, dass wir sehen können, dass dort die Hausaufgaben nicht gemacht werden und viele Akteure schlichtweg intellektuell überfordert sind und viel Unsinn reden, aber das wissen wir auch so.
Im Essay habe ich auch Wege aufgezeigt, wie man für mehr Transparenz sorgen kann, nämlich, sich aktiv Maßnahmen zu überlegen, wie der Schutz, den Geheimnisse bieten, mit anderen Mitteln hergestellt werden kann.
Dem entgegen steht derzeit aber, dass wenn Kameras anwesend sind, die Teilnehmer sich oft völlig anders verhalten und meist eine Show fürs Fernsehen abziehen, statt offen zu diskutieren, aber auch daran kann man arbeiten. Ist viel Gewöhnungssache.
Was ich auch nicht verstehe ist, wie unsere politische Elite Grundregeln des politischen Handwerks derart missachtet. Man geht in keine solche Sitzung, ohne im Vorfeld so viel geklärt zu haben, dass man keine Überraschungen erlebt und das Ergebnis im Wesentlichen feststeht.
Eine Spitzenrunde mit so vielen Teilnehmern ist kein Workshop, wo man kreativ wird; sie kann eigentlich nur prüfen und absegnen, was zuvor von Fachleuten erarbeitet, geprüft und bereits größtenteils abgestimmt ist.
Ein solches Maß an Dilettantismus hätte ich auf der hohen politischen Ebene nicht erwartet; in der Regel geht es etwas professioneller zu, aber nach der Leistung könnte man meinen, die wären alle ganz neu in der Politik und nach einem Jahr noch immer überrascht von der Pandemie.
Unser politisches System und unsere politische Elite wurde von der Pandemie gewogen und für zu leicht gefunden, und ich glaube, dass das bei aller Vergesslichkeit der Wähler zu politischen Umwälzungen führen wird, und politische Umwälzungen sind meist nicht gut, aber manchmal...
...unvermeidlich. Konservatismus ein Erfolgsrezept, weil was das, was schon länger funktioniert, meist viel besser funktioniert als etwas Neues, aber irgendwann ist es nicht mehr zeitgemäß und muss ersetzt werden, und ich denke, wir leiden gerade an Vielem, das sich überlebt hat.

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29 Mar
So ein bisschen #MerkelDiktatur würde uns ja gerade gut tun, aber Angela Merkel verkörpert und lebt ja den Kompromiss wie kaum ein anderer Politiker, so dass ich davon ausgehe, dass wir wieder mit zu späten Kompromissen die Pandemie verlängern werden.
In einer richtigen Diktatur, etwa wie in China, würde Quarantänebrechern die Wohnungstür zugenagelt werden und Wachen davor postiert, und "Querdenker" würden in Arbeitslagern verschwinden und die Pandemie wäre im Griff. So funktioniert es bei uns aber nicht - nicht mehr.
Es ist sogar davon auszugehen, dass Adolf Hitler mit seiner Paranoia vor Krankheiten und seiner Besessenheit mit Volksgesundheit die Pandemie wie China in den Griff gekriegt hätte, aber zum Glück sind heutige Neonazis und ihre aktuelle Lieblingspartei ein ...
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29 Mar
Angela Merkel bei #AnneWill : "...aber noch nicht alle sind so illusionsfrei, dass dieses Virus nicht mit sich verhandeln lässt..."

Wen hat sie wohl damit gemeint?

Zwei davon,@tobiashans und @ArminLaschet wurden in der Sendung erwähnt, und Volker #Bouffier gehört auch dazu.
Ich weiß nicht, wer noch, aber vielleicht könnt ihr mir ja Tips geben, welcher Ministerpräsident noch in dieses Profil hier fällt:
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28 Mar
Ein interessanter Bericht über eine Studioproduktion, wo versucht wurde, mit täglichen Antigen-Tests, flankiert mit 2 PCR-Tests im Vorfeld, eine sichere Veranstaltung zu machen. Knapp hundert Leute wurden in 3 Tagen 452 Tests unterzogen. diamandis.com/blog/false-sen…
Ergebnis: 24 Teilnehmer, knapp 1/4, waren hinterher infiziert, obwohl bis auf einen Test alle während der Veranstaltung negativ waren. Ein "Positiver" wurde im Vorfeld abgewiesen. Nur die Audio-Crew, die alle ständig Masken getragen hatten, wurde verschont.
Aufgefallen ist das, weil sie auch nach Ende der Veranstaltung getestet haben und dann die 24 Fälle gefunden haben. Dabei hatten sie sogar 4 Ärzte angeheuert, um die Tests durchzuführen.
Read 5 tweets
27 Mar
Die neue Podcast-Folge ukw.fm/ukw066-corona-… ist sehr lang geworden, aber es gibt auch Kapitelmarken. Wir waren auch etwas emotionaler als sonst, was an der aktuellen Pandemiepolitik im Angesicht steigender Zahlen liegen dürfte.
Hier nur kurz der Blick auf den Schnitt der neuen Fälle der letzten 7 Tage (blaue Kurve) und tägliche neue Fälle (blaue Kreuze), den 7-Tage-R-Wert-Verlauf (dunkelgrün) und die Zahl der Toten (schwarz) sowie grobe Treppen für die Teststatistik.
Die genauen Zahlen, auch für alle Länder und Kreise, wie immer auf pavelmayer.de/covid/risks bzw risikotabelle.de. Sie steigen in allen Bundesländern deutlich an, im Schnitt mit 25% pro Woche, und bis auf Saarland und SH alle über der 100.
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26 Mar
Ich hätte nicht erwartet, dass sich die Corona-Politik so vieler Bundesländer so weit von der Wissenschaft entfernt und dermaßen pseudopopulistische Züge annimmt. Faktisch làsst die Politik die Zahlen wieder so weit ansteigen, bis das vermeintlich dumme Volk einsieht, dass ...
...es ohne harten Lockdown nicht geht, oder hofft darauf, dass mal wieder ein Wunder passiert und die Zahlen irgendwie im Rahmen bleiben. Das ist so unsäglich dumm und rückgratlos und kommt uns wieder teuer zu stehen. Überraschend ist aber nur das Ausmaß, nicht der Fakt an sich.
Hat man sich vielleicht überlegt , dass es besser ist, die Zahlen môglichst schnell nach oben zu treiben, damit man früher in den Lockdown gehen kann? So viel strategisches Denken traue ich den Regierungen eher nicht zu, aber der Effekt ist zumindest da.
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26 Mar
Ich hoffe ja, wir finden bald eine Spur von außerirdischem intelligentem Leben, aber nicht aus den Gründen, die ihr wahrscheinlich denkt, es sei denn, ihr habt von den letzten Papers über das Fermi-Paradox und die Drake-Gleichung gehört.
Das Problem ist, dass nach aktuellem Stand der Kosmologie die Drake-Gleichung unter bestimmten Annahmen nur dann aufgeht, wenn Zivilisationen, die sich auf unserem Entwicklungsstand befinden, nicht lange existieren. Nicht lange heißt um die hundert Jahre.
Möglicherweise ist die Erde auch einzigartig und es gibt und gab nie zuvor eine so weit entwickelte Zivilisation wie die menschliche, aber das erscheint sehr unwahrscheinlich.
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