Schon wieder höre ich wiederholt das Argument: "Es gibt zu viele Menschen! Wir müssen die Bevölkerungszahl reduzieren, wenn wir das Klima retten wollen!" Das ist ein Denkfehler. (Thread)
Es ist natürlich wahr: Unser Ressourcenverbrauch ist gewaltig. Und wenn viele Menschen zu viele Ressourcen verbrauchen, ist das ein größeres Problem als wenn wenige Menschen das tun. Aber das heißt nicht, dass eine kleinere Bevölkerungszahl das Klima retten würde!
Laut einer Oxfam-Studie ist das reichste Prozent der Welt für 15% der CO2-Emissionen verantwortlich. Die reichsten 10% für rund die Hälfte. de.statista.com/infografik/229…
Die ärmsten Bevölkerungsgruppen der Welt hingegen verursachen kaum Klimaprobleme. Das zeigt schon mal: Die Sache ist komplizierter.
Genau in jenen reichen Ländern, in denen große Schäden für das Klima entstehen, ist das Bevölkerungswachstum ohnehin bereits niedrig.
Und auch anderswo wird die Zahl der Kinder und somit der Bevölkerungsanstieg zurückgehen. Die Szenarien exponentiellen Bevölkerungswachstums aus dem letzten Jahrhundert stimmen einfach nicht mehr. Gegen Ende des 21. Jhdt. wird sich die Weltbevölkerung ohnehin stabilisieren.
Der entscheidende Punkt ist aber: Bevölkerungsreduktion rettet das Klima nicht. Wir brauchen einen Systemwechsel. Ein nicht nachhaltiges System ist nicht nachhaltig, egal, von wie vielen Leuten es betrieben wird.
Angenommen, die Hälfte der Menschheit würde morgen tot umfallen und wir würden daher ab übermorgen unseren CO2-Ausstoß und unseren Ressourcenverbrauch halbieren. Es wäre die größte Katastrophe in unserer Geschichte - nützen würde es wenig.
Wir brauchen nämlich nicht eine Reduktion auf 50%, sondern eine Reduktion auf 0. Wir dürfen überhaupt kein CO2 mehr ausstoßen, wir brauchen einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen - mit Recycling und geschlossenen Kreisläufen.
An diesem Umbau unseres Umgangs mit dem Planeten führt kein Weg vorbei. Und wenn wir diesen Weg beschreiten, ist es am Ende relativ irrelevant, wie viele Milliarden Menschen nachhaltig leben.

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31 Mar
Bernoulli und das Schiff:
Es hieß zuerst, ein Sturm sei Schuld daran gewesen, dass die Ever Given im Suezkanal auf Grund lief. Möglicherweise war es aber ein wohlbekanntes Phänomen aus der Strömungslehre, der sogenannte "Bank effect" (Ufereffekt). (Thread) Image
Der Grundgedanke ist einfach: Wo eine Strömung schnell fließt, ist der Druck gering. Das ist das Bernoulli-Prinzip. Wenn ich ein Blatt Papier in die Hand nehme und darüberpuste, bewegt es sich nach oben - nicht nach unten, wie man vielleicht erwarten könnte.
Die Strömungsgeschwindigkeit ist oben hoch, unten bewegt sich die Luft nicht. Oben wird somit der Druck gesenkt, das Blatt bewegt sich nach oben. Derselbe Effekt lässt Flugzeuge fliegen.
Read 10 tweets
31 Mar
Ist klassische Musik rassistisch? Dieser virale Artikel ist ein schönes Beispiel für unsere problematische Diskussionskultur.
Natürlich wäre es dumm, klassische Musik aus der Universität zu drängen. Aber wer hat vor dem Teilen überprüft, ob das wirklich jemand fordert? (Thread) Image
Der Artikel transportiert kaum Information, er zielt bloß darauf ab, eine heiße politische Diskussion anzufeuern. Offenbar ist das gelungen, und das ist schade. Am besten stoppt man das, indem man selbst bei dieser Emotions-Eskalation nicht mitmacht und mal kurz durchatmet.
Würde die Uni Oxford Mozart und Beethoven aus ihren Lehrplänen verbannen um nicht "kolonialistisch" sein zu wollen, dann wäre das tatsächlich katastrophal. Klassische Musik ist ein Kulturschatz, den wir natürlich bewahren wollen.
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29 Mar
Was mich an Frachtschiffen verblüfft: Wie unbekümmert man Container stapelt und der Hochsee aussetzt. Das geht auch oft nicht gut: Jährlich gehen hunderte solche Container verloren, bei großen Unfällen oft auf einen Schlag viel mehr. Berühmt wurde die Geschichte der Ever Laurel:
Im Jahr 1992 verlor die Ever Laurel mitten im Nordpazifik drei Container. Darin enthalten: Tausende gelbe Plastikenten und andere Kunststofftiere. Das wissenschaftlich Spannende daran: An ihnen konnte man Meeresströmungen studieren.
Erste Plastikenten wurden Ende 1992 in Alaska angespült. Aber nicht nur dort, sie verbreiteten sich bemerkenswert weit: Sie kamen in Chile an, in Australien und Indonesien, und in den 2000ern sogar in Europa.
Read 4 tweets
28 Mar
Es hört nicht auf! Sucharit Bhakdi wurde unzählige Male widerlegt. Aber das rechte Medium "Wochenblick" interviewt ihn noch immer, als wäre er ein ernsthafter Wissenschaftler. Seine Aussagen sind mittlerweile völlig entkoppelt von der Realität. (Thread)
Süß ist der erste Satz des Artikels: "Sucharit Bhakdi ist einer der Wissenschaftler, die die Corona-Pandemie seit Beginn kritisch sehen."
Ich hoffe doch, wir alle sehen Pandemien ganz generell kritisch. Ich kenne keinen Pandemie-Fan in der Wissenschaft. Aber ok.
Ist das Virus gefährlich? Nein, sagt Bhakdi. "Bereits im März 2020 erschien eine Arbeit, die klarlegte, dass das Virus nicht gefährlich ist."
Himmel! Das Haus brennt, aber er verweist auf eine ein Jahr alte Studie, die ihm Unbrennbarkeit bescheinigt? Ist das nicht klar widerlegt?
Read 17 tweets
16 Mar
Die Pandemie hat mich zum Umdenken gebracht: Wir leben nicht in einem wissenschaftlich-aufgeklärten Zeitalter, unsere Gesellschaft ist geprägt von Aberglauben und magischem Denken. Darüber zu jammern bringt nichts. Wir müssen einen Weg finden, trotzdem Probleme zu lösen. (Thread)
Lange dachte ich: Dass wir uns grundsätzlich an Fakten halten müssen, an Statistik, an Messergebnisse, an Logik, das ist doch Konsens. 250 Jahre nach dem Zeitalter der Aufklärung steht das doch nicht mehr zur Debatte!
Natürlich gibt es Leute, die esoterische Rituale statt wissenschaftlicher Medizin ausprobieren, die an Geister, Telepathie oder Wünschelruten glauben. Aber das hielt ich für eine Anomalie. Für eine ärgerliche Randerscheinung der Gesellschaft, die auch noch verschwinden wird.
Read 14 tweets
12 Mar
Ein Thread zu Astra Zeneca: Jetzt ist genau das eingetreten, worüber Epidemiologen seit Monaten reden: Wenn man Millionen Menschen impft, dann werden manche von ihnen ein paar Tage danach sterben. Das ist klar. Das heißt aber nicht, dass die Impfung der Grund dafür ist.
Auch unter den Leuten, die heute in Europa Karotten essen, werden in den nächsten Tagen manche sterben. Oder unter den Leuten, die heute blaue Schuhe tragen. Krankheit oder Todesfall ein paar Tage nach einem Ereignis ist zunächst kein Grund, beides in Verbindung zu bringen.
Was man sich ansehen muss: Gibt es einen statistischen Zusammenhang? Sterben unter den Leuten, die geimpft wurden (oder Karotten essen, oder blaue Schuhe tragen) prozentuell mehr als bei der Gesamtbevölkerung? Und bisher sagen die Zahlen: Nein.
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