Bernoulli und das Schiff:
Es hieß zuerst, ein Sturm sei Schuld daran gewesen, dass die Ever Given im Suezkanal auf Grund lief. Möglicherweise war es aber ein wohlbekanntes Phänomen aus der Strömungslehre, der sogenannte "Bank effect" (Ufereffekt). (Thread)
Der Grundgedanke ist einfach: Wo eine Strömung schnell fließt, ist der Druck gering. Das ist das Bernoulli-Prinzip. Wenn ich ein Blatt Papier in die Hand nehme und darüberpuste, bewegt es sich nach oben - nicht nach unten, wie man vielleicht erwarten könnte.
Die Strömungsgeschwindigkeit ist oben hoch, unten bewegt sich die Luft nicht. Oben wird somit der Druck gesenkt, das Blatt bewegt sich nach oben. Derselbe Effekt lässt Flugzeuge fliegen.
Ähnliches passiert, wenn sich ein Tennisball mit viel Drall um die eigene Achse dreht und sich gleichzeitig vorwärts durch die Luft bewegt: Durch die Drehung des Balls ist die Relativgeschwindigkeit zwischen Ball & Luft auf der einen Seite erhöht, auf der anderen Seite verringert
Das gilt in Luft, in Wasser - überall wo es Strömung gibt: Schnelle Strömung heißt geringer Druck. Und jetzt stellen wir uns ein gewaltig großes Schiff wie die Ever Given im Suezkanal vor. Es verdrängt eine Menge Wasser.
Mitten im Meer strömt das Wasser symmetrisch auf beiden Seiten am Schiff vorbei. Die Strömungsgeschwindigkeit ist auf beiden Seiten gleich, der Druck ebenso, nichts Besonderes passiert.
Wenn aber nun ein Schiff knapp an einer Kanalwand fährt, oder knapp über dem Meeresgrund, dann passiert etwas anderes: Dann hat das verdrängte Wasser nicht mehr viel Platz, um am Schiff vorbeizuströmen. Wo wenig Platz ist, muss es also schneller strömen.
Daher ist der Wasserdruck plötzlich nicht mehr auf allen Seiten gleich. Auf der Uferseite, wo die Strömung schneller ist, sinkt der Druck und das Schiff wird unerbittlich zum Ufer gezogen.
Dieser Effekt ist als "Bank Effect" bzw. "Ufereffekt" bekannt - und könnte der Grund dafür sein, dass sich die Ever Given im Suezkanal quergelegt hat. Das vermutet Evert Lataire von der Universität Gent. tagesspiegel.de/wissen/ever-gi…
Ein Schiff kann also zum Opfer der Strömung werden, die es selbst erzeugt hat. Das erinnert ein bisschen an die Sogwirkung menschlicher Schwarmdummheit - aber das ist eine andere Geschichte.
Anyway: Die Ever Given fährt wieder, und in Zukunft wird man wohl besser aufpassen. Ahoi!
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Ist klassische Musik rassistisch? Dieser virale Artikel ist ein schönes Beispiel für unsere problematische Diskussionskultur.
Natürlich wäre es dumm, klassische Musik aus der Universität zu drängen. Aber wer hat vor dem Teilen überprüft, ob das wirklich jemand fordert? (Thread)
Der Artikel transportiert kaum Information, er zielt bloß darauf ab, eine heiße politische Diskussion anzufeuern. Offenbar ist das gelungen, und das ist schade. Am besten stoppt man das, indem man selbst bei dieser Emotions-Eskalation nicht mitmacht und mal kurz durchatmet.
Würde die Uni Oxford Mozart und Beethoven aus ihren Lehrplänen verbannen um nicht "kolonialistisch" sein zu wollen, dann wäre das tatsächlich katastrophal. Klassische Musik ist ein Kulturschatz, den wir natürlich bewahren wollen.
Schon wieder höre ich wiederholt das Argument: "Es gibt zu viele Menschen! Wir müssen die Bevölkerungszahl reduzieren, wenn wir das Klima retten wollen!" Das ist ein Denkfehler. (Thread)
Es ist natürlich wahr: Unser Ressourcenverbrauch ist gewaltig. Und wenn viele Menschen zu viele Ressourcen verbrauchen, ist das ein größeres Problem als wenn wenige Menschen das tun. Aber das heißt nicht, dass eine kleinere Bevölkerungszahl das Klima retten würde!
Laut einer Oxfam-Studie ist das reichste Prozent der Welt für 15% der CO2-Emissionen verantwortlich. Die reichsten 10% für rund die Hälfte. de.statista.com/infografik/229…
Was mich an Frachtschiffen verblüfft: Wie unbekümmert man Container stapelt und der Hochsee aussetzt. Das geht auch oft nicht gut: Jährlich gehen hunderte solche Container verloren, bei großen Unfällen oft auf einen Schlag viel mehr. Berühmt wurde die Geschichte der Ever Laurel:
Im Jahr 1992 verlor die Ever Laurel mitten im Nordpazifik drei Container. Darin enthalten: Tausende gelbe Plastikenten und andere Kunststofftiere. Das wissenschaftlich Spannende daran: An ihnen konnte man Meeresströmungen studieren.
Erste Plastikenten wurden Ende 1992 in Alaska angespült. Aber nicht nur dort, sie verbreiteten sich bemerkenswert weit: Sie kamen in Chile an, in Australien und Indonesien, und in den 2000ern sogar in Europa.
Es hört nicht auf! Sucharit Bhakdi wurde unzählige Male widerlegt. Aber das rechte Medium "Wochenblick" interviewt ihn noch immer, als wäre er ein ernsthafter Wissenschaftler. Seine Aussagen sind mittlerweile völlig entkoppelt von der Realität. (Thread)
Süß ist der erste Satz des Artikels: "Sucharit Bhakdi ist einer der Wissenschaftler, die die Corona-Pandemie seit Beginn kritisch sehen."
Ich hoffe doch, wir alle sehen Pandemien ganz generell kritisch. Ich kenne keinen Pandemie-Fan in der Wissenschaft. Aber ok.
Ist das Virus gefährlich? Nein, sagt Bhakdi. "Bereits im März 2020 erschien eine Arbeit, die klarlegte, dass das Virus nicht gefährlich ist."
Himmel! Das Haus brennt, aber er verweist auf eine ein Jahr alte Studie, die ihm Unbrennbarkeit bescheinigt? Ist das nicht klar widerlegt?
Die Pandemie hat mich zum Umdenken gebracht: Wir leben nicht in einem wissenschaftlich-aufgeklärten Zeitalter, unsere Gesellschaft ist geprägt von Aberglauben und magischem Denken. Darüber zu jammern bringt nichts. Wir müssen einen Weg finden, trotzdem Probleme zu lösen. (Thread)
Lange dachte ich: Dass wir uns grundsätzlich an Fakten halten müssen, an Statistik, an Messergebnisse, an Logik, das ist doch Konsens. 250 Jahre nach dem Zeitalter der Aufklärung steht das doch nicht mehr zur Debatte!
Natürlich gibt es Leute, die esoterische Rituale statt wissenschaftlicher Medizin ausprobieren, die an Geister, Telepathie oder Wünschelruten glauben. Aber das hielt ich für eine Anomalie. Für eine ärgerliche Randerscheinung der Gesellschaft, die auch noch verschwinden wird.
Ein Thread zu Astra Zeneca: Jetzt ist genau das eingetreten, worüber Epidemiologen seit Monaten reden: Wenn man Millionen Menschen impft, dann werden manche von ihnen ein paar Tage danach sterben. Das ist klar. Das heißt aber nicht, dass die Impfung der Grund dafür ist.
Auch unter den Leuten, die heute in Europa Karotten essen, werden in den nächsten Tagen manche sterben. Oder unter den Leuten, die heute blaue Schuhe tragen. Krankheit oder Todesfall ein paar Tage nach einem Ereignis ist zunächst kein Grund, beides in Verbindung zu bringen.
Was man sich ansehen muss: Gibt es einen statistischen Zusammenhang? Sterben unter den Leuten, die geimpft wurden (oder Karotten essen, oder blaue Schuhe tragen) prozentuell mehr als bei der Gesamtbevölkerung? Und bisher sagen die Zahlen: Nein.