"Was würdest Du am Bildungswesen ändern, wenn Du was zu entscheiden hättest"? (Immer nur meckern is ja auch doof). Ein Thread...
Ich habe heute ein paar Wahlprogramme zum Abgeordnetenhaus quergelesen, mir v.A. die Vorschläge zur Bildungspolitik angeschaut und habe ein
Deja vú gehabt:
Viele gute Gedanken, aber keine nötigen Schlüsse. Mir fehlt die konkrete administrative Umsetzung dabei, die über "Evaluation" und "Konzepte schreiben" hinausgeht. Es bleibt mal wieder der Eindruck, dass es immer dann vage wird, wenn es darum geht, dass Geld
gebraucht wird. Ich klammere bewusst pädagogische bzw. didaktische Fragestellungen aus - das ist nicht mein Spielfeld. Das wissen andere eindeutig besser. Ich denke auch, dass es sinnvoll sein könnte, die Schulen mal eine Zeit lang mit neuen Konzeptaufträgen in Ruhe zu lassen,
bis sie das "jetzt" auf einen vernünftigen Stand gebracht haben. Ich hab aber mal meine Erfahrung in und mit "Verwaltung" und "Schule" einfließen lassen und ein paar persönliche Gedanken und Thesen aufs "Papier" gebracht und freue mich auf Austausch und Ergänzung...
1. Der "Berliner Schule" mangelt es nicht an guten Absichten und Konzepten. Vorrangiges Ziel sollte es deshalb nicht sein, weitere Konzepte zu verfassen, sondern die bisher Vorhandenen tatsächlich mit Leben zu füllen.
2. Die für bessere Schulen notwendigen Lösungen kosten Geld, wenn in den vergangenen Jahren jedoch Eines sichtbar wurde, dann dass die Folgekosten dysfunktionaler Schulen sehr viel höher sind, als die Unterhaltung gut ausgestatterter Schulen.
3. Alle Konzepte scheitern, wenn offene Stellen unbesetzt bleiben. Das Tarifsystem des Landes Berlin muss konkurrenzfähig gemacht werden, um insbesondere im Wettbewerb mit den Bundesbehörden in der Stadt konkurrenzfähig zu werden. Ja, das kostet Geld. Viel Geld.
4. Die Berliner Schulbauoffensive muss massiv beschleunigt werden. Hierfür muss dringend mehr Personal für die bezirklichen Planungsämter gewonnen werden. Problem auch hier ist eine Tarifstruktur, die für die benötigten Fachkräfte nicht attraktiv ist. Dies muss geändert werden.
5. Die Digitalisierung der Schulen darf nicht weiter zum Zusatzauftrag für Mathematiklehrer degradiert werden. Den Schulen ist ein Budget zur Verfügung zu stellen, um Fachkräfe anzustellen, die temporär bei der Erstellung und Implementierung u.A. der Medienkonzepte beraten.
6. Inklusion ist ein wichtiges Ziel, das jedoch oft an Stellenplänen und Fachkräftemangel scheitert. Im ersten Schritt sind die Stellenpläne und Anwerbebemühungen so anzupassen, dass in jeder Unterrichtseinheit jedes Jahrganges mindestens ein*e zweite Pädagog*in anwesend ist.
7. Die einkommensabhängige Kostenbeteiligung für die ergänzende Förderung und Betreuung an den Schulen, bzw. die Kitagebühren werden für Haushalte mit einem Einkommen über 50.000€/Jahr wieder eingeführt. Die Einnahmen fließen den Personalbudgets zu.
8. Es muss Schluss damit sein, dass Lehrkräfte zusätzlich zu ihrem Unterricht noch für umfangreiche, oft auch fachfremde Aufgaben eingebunden werden.
Die Schulen erhalten je mindestens 2 volle Verwaltungsstellen je Schule sowie ein Sonderbudget für temporäre externe Fachkräfte.
9. Lehrkräfte, die zusätzliche Aufgaben übernehmen (Fachkonferenzleitungen, erweiterte Schulleitung, beratende Tätigkeiten in GEV etc.) bekommen hierfür adäquate Entlastungen bei ihrem wöchentlichen Unterrichtspensum.
10. Schulleitungen erhalten eine zweite Konrektor*innenstelle. Diese richtet sich an externe Fachkräfte mit Erfahrung in der Personal-/Organisationsentwicklung auch ohne Lehramtsstudium. Der/die Schulleiter*in wird von der Unterrichtsverpflichtung befreit.
11. Die Gewinnung von Schulleitungen gestaltet sich auch deshalb schwer, weil die Einkommensdifferenz zwischen Lehrkräften und Schulleitungen in keinem Verhältnis zum Aufgabenzuwachs steht. Die Besoldung der Mitglieder der Schulleitung wird deshalb um je eine Stufe angehoben.
12. Die Schulaufsichten werden um den Aufgabenbereich der Fachaufsicht über die Schulen entlastet und konzentrieren sich auf ihre übrigen Aufgaben nach dem Schulgesetz, insbesondere die Beratung der Schulen, sowie die Dienstaufsicht.
13. Für jede Schule wird eine Fachaufsicht führende Stelle eingerichtet, die die Einhaltung des Schulprogrammes regelmäßig überprüft und die Einspruchsstelle für Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte ist. Ihre Entscheidungen sind für die Schulleitung bindend.
14. Die Fachaufsichten werden direkt der zuständigen Senatsverwaltung unterstellt und stehen organisatorisch auf einer Ebene mit den Schulaufsichten, ohne mit diesen in einer Weisungskette zu liegen.
15. An "Brennpunktschulen" ist neben einer guten Ausstattung mit Sozial- und sonderpädagogischem Personal ein Augenmerk darauf zu legen, dass die Quote der im Quereinstieg tätigen Pädagog*innen nicht über dem gesamtstädtischen Schnitt liegt. Die Senatsverwaltung wirkt steuernd.
16. Solange nicht in allen Bezirken genügend weiterführende Schulen zur Verfügung stehen, um ihren Bedarf selbst zu decken und Pankower Kinder u.A. nach Spandau fahren müssen, wird der zuständigen Senatorin untersagt, das Wort "Freie Schulwahl" in den Mund zu nehmen.
17. Schulen können, wie alle Orte des Zusammenlebens, auch ein Ort von Diskriminierung, Gewalt und Ausgrenzung sein. Die erweiterten Schulleitungen werden verbindlich um ein Mitglied des örtlichen Sozialpädagog*innenteams ergänzt.
18. Die für den "Offenen Ganztag" bestehenden Konzepte für den schulischen Nachmittag sind an vielen Schulen nur unzureichend umgesetzt. Die EföB wird allzu oft auf "Betreuung" reduziert, was vor Allem für Kinder von Eltern mit niedrigen Einkommen zu Benachteiligungen führt.
18/2. Es ist mittels einer Stärkung des Personalstammes, mittels Beratung durch die Schulaufsichten und ggf. auch mit Unterstützung externer Partner*innen und Anbieter*innen von z.Bsp. Nachmittags-AG's darauf hinzuwirken, dass die Aufträge des "Offenen Ganztags" umgesetzt werden.
19. Eine gelingende Schulentwicklung ist nur im Miteinander von Schule, Eltern und Schüler*innen möglich, weshalb der Beteilungsauftrag des Berliner Schulgesetzes wichtig ist. Die tatsächliche Beteiligungskultur der Berliner Schulen ist jedoch höchst durchwachsen, weshalb
Nachsteuerung nötig ist. Schulleitungen brauchen hierfür Kapazitäten, weshalb (u.A. hierfür) eine zweite Konrektor*innenstelle erforderlich ist und Eltern, Schüler*innen und auch Lehrkräfte benötigen bei unterschiedlichen Rechtsauffassungen mit der Schulleitung eine Fachaufsicht
habende Stelle mit Entscheidungsbefugnis, ohne sich gleich an die Dienstaufsicht wenden zu müssen. Dass bei Gremienstreitigkeiten die Schulleitung sowohl Streitpartner, als auch zuständig für die letzte Entscheidung ist, ist ein bisher nicht ausreichend aufgelöster Widerspruch.
20. Wenn die Senatsverwaltung den Schulen den Auftrag gibt, Konzepte zu schreiben, ist diesen zeitgleich mitzuteilen, wie viel zusätzliches Personal sie für die künftige Umsetzung zu erwarten haben und welche Budgets für die Konzeptionierungsphase zur Verfügung gestellt werden.
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Es ist übrigens eine bodenlose Frechheit, was der Berliner Senat seit Monaten insbesondere mit den Siebt- bis Neuntklässlern anstellt.
Erst stellt man sie ohne sachliche Gründe hinter allen anderen Jahrgängen zurück und dann wird bis heute nichts ausreichend Substanzielles
getan, um den Infektionsschutz wirklich zu verbessern, so dass eine sichere Rückkehr dieser Schüler*innen gewährleistet werden kann.
Es bleibt bei nicht gehaltenen Ankündigungen der Senatsverwaltung und nicht umsetzbaren Weisungen an die Schulen. Wie beispielsweise sollen
Schulen alle Schüler*innen vor dem Unterricht testen, ohne dass Klassenräume zu Spreaderevents werden? Wo bleibt die ausreichende Anzahl von Luftfiltern? Ein bis zwei pro Schule sind viel zu wenig. Was ist mit der "Impfkampagne"? Die Senatsverwaltung hat es einfach handwerklich
Liebe @gruene_berlin, ich hab Fragen zu diesem Teil eures Programmentwurfs:
2.349-2.351 sind Allgemeinplätze. Wie soll das konkret erreicht werden? Bekommen Schulen und Verwaltung mehr Personal?
2.352-2.354: wie soll das gelingen? Diese Entscheidung obliegt den
Schulkonferenzen und Schulaufsichten. Sollen hier Anreize geschaffen werden, oder ist eine Schulgesetzänderung beabsichtigt?
2.354 - 2.356: Das ist Thema der schulinternen Curricula. Sollen hier Anreize geschaffen werden, oder ist eine Schulgesetzänderung beabsichtigt? Und wie
viel Personal soll den Schulen bereitgestellt werden, um diesen Umstieg zu organisieren und hinterher umzusetzen?
2.358-2.359 "Kompetenzbasiertes Lernfeedback": Sollen hier Anreize für die Schulen geschaffen werden, ihre Schulprogramme anzupassen, oder ist eine Schulgesetz-
Was man von Bildungspolitiker*innen seit Längerem kennt:
Ankündigungen, Hinhaltestrategien, leere Versprechungen, Zuständigkeits-Hin-und-Her-Geschiebe zwischen den Bezirken und dem Land Berlin und eine Senatsverwaltung, die über all
dem thront und die außer schlauen Ratschlägen in Form von realitätsfernen, weil personell und infrastrukturell nicht unterlegten Konzepten so gut wie nichts zur Lösung beiträgt.
Was jetzt aber noch dazukommt: wir rauschen gerade bei vollem Bewusstsein in die dritte Welle hinein,
die Inzidenzen bei den U12-Jährigen erreichen neue Höchststände, was zu Beginn der Öffnungen vor 3 Wochen absehbar war und die Antwort ist:
"Schnellteststrategie".
Gerade raus? Ich fühle mich verarscht. Es gibt keine funktionierende Schnellteststrategie. Weil die Tests zu spät
Covid-19, Elternvertretung und der tägliche Zweifel...
Als ich mich seinerzeit in die Elternvertretung habe wählen lassen, hatte ich etliche Ideen, Wünsche und Vorhaben. Dass ich mal dafür plädiere, dass Kinder zu Hause bleiben, statt zur Schule zu gehen und von Eltern statt
von Lehrkräften angeleitet werden, gehörte nicht zu den denkbaren Szenarien. Der Grund ist einfach: ich glaube an die Notwendigkeit eines staatlichen Bildungssystems für alle und ich bin der Auffassung, dass dieses bestmöglich ausgestattet und unterstützt werden muss. Deshalb
hab ich mich als Elternvertreter zur Wahl gestellt. Was ich kann: ich habe vor 20 Jahren eine Ausbildung gemacht (und danach jahrelang im Job Berufserfahrung gesammelt), um zu wissen, wie man eine Verwaltung bei ihren eigenen Vorschriften packt. Und ich hab auch lang genug
Senatorin #Scheeres hat heute im Abgeordnetenhaus mal wieder eine der Lieblingskommunikationsstrategien ihrer @SenBJF (erprobt bis in die untersten Ebenen der Berliner Bildungsinstitutionen) rausgeholt: das Ausnutzen der Diversität aller an Schule Beteiligten. Ein kurzer Thread.
1. Sie beruft sich auf "Schulleiterverbände", mit denen sie sich besprochen habe und die das Vorgehen begrüßten. Einzig: diese Verbände sind weder Teil der schulgesetzlichen Gremien, noch Teil des Dienstwegs, sondern privat organisierte Schulleitungen, die vermutlich nicht
repräsentativ sind. Sie hätte den Landesausschuss des pädagogischen Personals als offizielle Vertretung fragen können. Wäre aber vermutlich ungemütlicher geworden.
2. Sie beruft sich auf "Eltern, die im ersten Lockdown mit Töpfen vor der Senatsverwaltung standen und