Eine kleine Bestandsaufnahme, aber auch hier eine Perspektive. Ein Thread.
Mit das Schrecklichste am Umgang der @SenBJF mit dieser Coronakrise im Bildungssystem ist wirklich das Fehlen jeden Gespürs für brauchbare Kommunikation, für die Kollegien in den Schulen und für
die Interessen und Notwendigkeiten bei Eltern und Schüler*innen.
Weisungen werden vorab nicht mit den Praktiker*innen, mit Eltern und Schüler*innen besprochen, sie kommen grundsätzlich viel zu spät (die jüngste Rechtsverordnung mit Gültigkeit ab heute kam gestern Abend), es
gibt keine Erklärungen für Widersprüchlichkeiten, weder intern, noch in der öffentlichen Kommunikation (wozu hat die Sen eigentlich einen Socialmedia-Account, wenn sie diesen fast nur als Verkündungsorgan nutzt?) es gibt keine Offenheit für kritische Anmerkungen und Fragen und
stattdessen werden den Kollegien von ganz oben Disziplinarmaßnahmen angedroht, wenn beispielsweise die gestern ergangene, widersprüchliche und von nicht wenigen als juristisch mindestens fragwürdige Weisung zu Schnelltestungen in den Schulen vor Ort nicht sofort von den Kollegien
umgesetzt wird (Vorbereitungszeit für Umsetzungen, was ist das!?).
Wir Eltern werden hier als Feigenblatt für die Entscheidung der Senatorin benutzt, indem man ihnen pauschal das Misstrauen ausspricht, um die Testpflicht in den Schulen zu "begründen" und durchzudrücken und über
die Kindsgerechtheit des Verfahrens insbesondere bei den Jüngsten wird erst recht nicht gesprochen. Zumindestens nicht in der Senatsbildungsverwaltung, dafür aber unter Eltern, in den Kollegien der Schulen unter Schüler*innen und in der Presse. Nicht nur dieses Verfahren stellt
den demokratischen Auftrag, den das Schulgesetz eigentlich formuliert, infrage.
Als Elternvertreter zählt es nicht zu meinen primären Aufgaben, im Namen von Lehrkräften Missstände anzuprangern, aber das, was hier schon seit längerer Zeit passiert, geht auf keine Kuhhaut mehr
und ist auch das Gegenteil von Werbung für den Lehrer*innenberuf und die @SenBJF als Arbeitgeberin (und liegt damit auch wieder im Interesse von Eltern).
"Nebenbei" ist es auch ein riesiger Arschtritt für alle Lehrkräfte, die wieder und wieder und wieder ihre Energien
zusammennehmen aus Verantwortungsgefühl den Kindern gegenüber und sich eben nicht krank melden oder auf die Straße gehen. Ich hatte heute erst wieder so ein Telefonat mit einer Lehrkraft. Der Lehrkräftemangel in Berlin ist bereits jetzt erheblich und die große Verrentungswelle
steht uns erst noch bevor. Wie, glaubt die Senatsverwaltung, wird sie mit diesem Stil gutes, neues Personal finden?
Als mir eine Lehrkraft das das erste Mal gesagt hat, dachte ich, das wäre ein schlechter Scherz:
"Sie als Elternvertreter haben mehr Möglichkeiten gegenüber der
Verwaltung, als wir Lehrkräfte."
Aber verdammt, es stimmt. Elternvertretungen wirken zwar maximal mittelbar an Entscheidungen mit und haben keinerlei operativen Einfluss in den Schulen und der Verwaltung, aber mit ausreichender Penetranz und Dank fehlender Gebundenheit an
Dienstwege haben sie die Möglichkeit, Themen auch dann noch immer und immer wieder aufs Tableau zu bringen, wenn Lehrkräfte bereits mehr bis weniger subtil durch den Dienstherrn bzw. Arbeitgeber zurückgepfiffen wurden. Das Einzige, was Eltern und unliebsamen ElternvertreterInnen
passieren kann, ist dass man sie gegeneinander in Stellung bringt. Auch das meine ich schon erlebt zu haben (...). Es ist ein Graus, wie diese Bildungsverwaltung ihren demokratischen Auftrag auf verschiedenen Ebenen mal mehr und mal weniger subtil untergräbt. Hier gibt's eine
Menge Handlungsbedarf. Ganz offen: mich nervt das immer und immer wieder, aber Rückzug ist dann auch keine Option.
Ein paar Schlussgedanken:
An uns Eltern: wir können insbesondere nach diesem Jahr stolz auf uns sein. Fernbeschulung, Corona-Sorgen, vielleicht Jobprobleme und
und und haben wir auf die Reihe bekommen.
Danke an alle Lehrkräfte, die mit diesem Umgang durch den Berliner Senat täglich zusätzlich zu den ohnehin schon bestehenden Mängeln im System kämpfen und irgendwie klarzukommen versuchen.
Und einen riesigen Respekt an alle
Schülerinnen und Schüler, gleich welcher Jahrgangsstufe. Ihr habt euch umgestellt und euch weiterentwickelt. Ihr habt auf vieles verzichten müssen, aber das wird wieder anders und besser. Ich denke, da sind wir Eltern und die Lehrer*innen sich einig. Und im Herbst wählen wir
endlich eine neue Hausspitze in der Senatsverwaltung. Und wir werden auch dieser auf den Keks gehen. Genug zu tun gibt es wahrlich.
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Liebe @SenBJF, ich hab die letzten Stunden damit verbracht, mir Ihr Schreiben zu den Testungen ab kommender Woche (berlin.de/sen/bjf/corona…) durchzulesen und das mit der schulischen und familiären Realität abzugleichen...
Ich habe ein paar Fragen.... 1/x
Sie schreiben auf Seite 1, dass die Schüler*innen sich "im Klassenraum, oder [...] anderen Räumlichkeiten" testen sollen. Die schulischen Realitäten werden die SuS mangels Räumen zu 90% in die Klassenräume bringen. Ihre Senatorin, Frau Scheeres, erklärte Mitte Februar noch, dass
Testungen in Klassenräumen das Infektionsrisiko erhöhen (in Testzentren wird bewusst einzeln getestet...).
Mein Favorit ist ja immer noch diese Weisung der @SenBJF...:
Wir testen verpflichtend. Also wir "sollen" testen. Vermutlich, wenn unbestimmte Gegebenheiten vorliegen. Bis zu zwei Mal pro Woche. Vielleicht aber auch nur einmal. Aber auf jedenfall wenn möglich verpflichtend. 1/6
Und auf keinen Fall definieren wir, wie damit umzugehen ist, wenn schulische Akteure die Testteilnahme verweigern und erst recht denken wir nicht über Haftungsfragen und Zuständigkeiten nach. Die Schulen werden das schon irgendwie richten. Wir fangen auch erst eine Woche nach 2/6
Schulstart mit den Testungen an, weil vorher haben wir Vertrauen, dass die Eltern das zu Hause schon machen, in der Woche ab dem 19.04 aber nicht mehr. Das wissen wir jetzt schon. Nur, ob alle Schulen ihre Testkits erhalten haben, wissen wir nicht. Dafür hat jetzt aber jede 3/6
Ich hab mir mal das Schreiben der @SenBJF von heute zur Schulöffnung ab kommenden Montag genauer angeschaut... Die Entscheidung ist aufgrund der Infektionszahlen und der Intensivbettenauslastung nicht nur in der Sache problematisch, sondern auch handwerklich schlecht und
widerspricht z.T. früheren Weisungslagen und z.T. sogar sich selbst. Von vorne... Hier der Link zum Originalschreiben: berlin.de/sen/bjf/corona….
Nun in Auszügen:
1. Die Rede ist von einer Testpflicht. Weshalb diese aber erst ab 19.04 gilt, während der Unterricht bereits ab 12.04 stattfindet, bleibt das ungelöste Geheimnis der SenBJF.
Es ist übrigens eine bodenlose Frechheit, was der Berliner Senat seit Monaten insbesondere mit den Siebt- bis Neuntklässlern anstellt.
Erst stellt man sie ohne sachliche Gründe hinter allen anderen Jahrgängen zurück und dann wird bis heute nichts ausreichend Substanzielles
getan, um den Infektionsschutz wirklich zu verbessern, so dass eine sichere Rückkehr dieser Schüler*innen gewährleistet werden kann.
Es bleibt bei nicht gehaltenen Ankündigungen der Senatsverwaltung und nicht umsetzbaren Weisungen an die Schulen. Wie beispielsweise sollen
Schulen alle Schüler*innen vor dem Unterricht testen, ohne dass Klassenräume zu Spreaderevents werden? Wo bleibt die ausreichende Anzahl von Luftfiltern? Ein bis zwei pro Schule sind viel zu wenig. Was ist mit der "Impfkampagne"? Die Senatsverwaltung hat es einfach handwerklich
"Was würdest Du am Bildungswesen ändern, wenn Du was zu entscheiden hättest"? (Immer nur meckern is ja auch doof). Ein Thread...
Ich habe heute ein paar Wahlprogramme zum Abgeordnetenhaus quergelesen, mir v.A. die Vorschläge zur Bildungspolitik angeschaut und habe ein
Deja vú gehabt:
Viele gute Gedanken, aber keine nötigen Schlüsse. Mir fehlt die konkrete administrative Umsetzung dabei, die über "Evaluation" und "Konzepte schreiben" hinausgeht. Es bleibt mal wieder der Eindruck, dass es immer dann vage wird, wenn es darum geht, dass Geld
gebraucht wird. Ich klammere bewusst pädagogische bzw. didaktische Fragestellungen aus - das ist nicht mein Spielfeld. Das wissen andere eindeutig besser. Ich denke auch, dass es sinnvoll sein könnte, die Schulen mal eine Zeit lang mit neuen Konzeptaufträgen in Ruhe zu lassen,