Im Moment machen in eher querdenkenden Kreisen Nachrichten zu einem Paper die Runde, das beweisen soll, dass Corona keine Atemwegserkrankung sei und dass das Spikeprotein als Endothelien-schädigender Faktor die Impfungen gefährlich mache.
Davon sind nur kleine Teile richtig (1/n)
Als erstes ein Caveat: ich habe das Paper überflogen, aber bin da recht weit aus meinem Kernkompetenzbereich und habe gerade keine Zeit, mich gründlich einzulesen, wenn kompetentere Leute was dazu schreiben, lest und verlinkt gerne deren Threads! (2/n)
Aber kommen wir zum Paper: ahajournals.org/doi/10.1161/CI… Tatsächlich wurde hier untersucht, wie das Spikeprotein an der Schädigung von Endothelien beteiligt ist und gezeigt, dass das Protein auf einem Pseudovirus ausreicht, um Covid-19-ähnliche Schäden an Gefäßen hervorzurufen. (3/n)
Dass SARS-CoV-2 Endothelien, also die Wände um Blutgefäße befällt, ist lange bekannt, hier wird "nur" der Mechanismus etwas genauer beleuchtet und eine etwas größere direkte Rolle für das Spikeprotein als bisher vermutet festgestellt. (4/n)

de.wikipedia.org/wiki/Endothel
Zu sagen, dass Corona deshalb eine Gefäß- und keine Atemwegserkrankung sei, erscheint etwas weit hergeholt, da ersteres sich auf den schädigenden Mechanismus, zweiteres aber auf die (zuerst) geschädigten Organe und den Verbreitungsweg bezieht. Außerdem kann SARS-Cov-2 über (5/n)
ACE2 auch nicht-endothel-Zellen befallen - die geschädigten Endothelien können aber die ursache für einige der schwersten Folgen sein.
Corona als Gefäß- und nicht als Atemwegserkrankung zu bezeichnen lenkt also vor allem von der gut belegten Verbreitung über Aerosole ab und (6/n)
vereinfacht die Komplexität der Erkrankung - genauso wie es aber eine Bezeichnung als reine Atemwegserkrankung täte! Das alles ist aber eben auch nicht neu, das wissen wir seit Monaten, es wurde nur an Hand dieses Papers nochmal sehr prominent gesagt. (7/n)
Zur Frage, ob die Impfungen jetzt gefährlich sein, weil auch hier das Spikeprotein gebildet wird, fühle ich mich noch weniger kompetent definitive Aussagen zu machen, aber mehrere Punkte sprechen für mich gegen eine solche Schlussfolgerung: (8/n)
a) Die Impfung wirkt überwiegend lokal im Gegensatz zu einer Infektion mit replikationsfähigem Virus - auch die Schäden sollten daher einen viel geringeres und lokaleres Ausmaß annehmen - einen teil der Nebenwirkungen könnte das Paper aber vielleicht erklären. (9/n)
b) Wir haben inzwischen enorme Zahlen an Impfungen und sehen hier keine häufigen Gefäßerkrankungen als Folge! Und da das Spikeprotein auch nicht dauerhaft im körper gebildet wird, bietet dieses Paper auch keine Grundlage später auftretende Spätfolgen zu postulieren. (10/n)
Insgesamt ist das also wieder ein Sturm im Wasserglas, der ein einzelnes Paper, das unseren Wissensstand etwas erweitert als wissenschaftliche Revolution missdeutet und völlig überinterpretiert. Soweit meine (zur eigentlichen Pathologie und ihren Mechanismen wie gesagt (11/n)
begrenzt kompetente) Einschätzung.
Wenn morgen Ciesek, Drosten, Lauterbach und 1.000 Pathologen und Kardiologen Alarm schlagen, mach ich mir dann auch Sorgen, aber vorher nicht.
Mäuschen out! 🐭(12/12)
P.S. Mit Dank an @stupmed für den hinweis. Einen ganz wichtigen Punkt hatte ich vergessen, zu erwähnen:
Das Paper selbst sieht in den Impfungen natürlich zu Recht eine Chance, eben den genannten Schäden vorzubeugen. man könnte sogar den Punkt machen, dass das Paper noch (13/12)
besser aufzeigt, warum gerade das Spikeprotein - weil es gefährlich ist - das richtige Immunisierungsziel ist, da Antikörper dann bei einer Infektion direkt den gefährlichen Faktor binden und neutralisieren können!
(14/12)
P.P.S. Und jetzt lehne ich mich mal ganz, ganz weit aus dem Fenster: Wenn das Spikeprotein direkt für Endothelschäden verantwortlich ist, könnte das evtl. sogar erklären, wie verbleibende Virusherde oder Virusbruchstücke zu LongCovid beitragen und warum eine (15/12)
Impfung dann auch zu Besserung führen würde, weil sie helfen könnte, zirkulierendes Spike im System vollständig zu entfernen.... (16/12)

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5 May
In der EU werden #Mehlwürmer (endlich!) als menschliches Nahrungsmittel zugelassen. tatsächlich sind Insekten eine hervorragende Proteinquelle, die mit viel geringerem Wasser- und Landverbrauch herangezogen werden kann als "klassisches" Fleisch (1/4)

tagesschau.de/wirtschaft/ver…
und auch den CO2-Ausstoss nachhaltig senken helfen könnten. Man kann sie direkt oder verarbeitet verzehren, z.B. als Burgerpattie.
In vielen Weltregionen sind verschiedene Insekten schon lange traditionelle Nahrungsmittel - praktisch das, was für uns Shrimps sind! (2/4)
Wir haben das Thema schon länger in unserem Seminar für Lehramtsstudierende und haben dafür die hervorragenden Infomaterialien der @FAO genutzt (Insgesamt eine grandiose Informationsquelle!). Reinschauen lohnt sich - z.B. in diese deutsche Übersicht (3/4)

fao.org/3/i3264g/i3264…
Read 4 tweets
29 Apr
Warum sind eigentlich gerade die #Querdenker so vehemente #Impfgegner? Müssten nicht gerade die Maßnahmengegner sich über einen absehbaren Weg aus der Pandemie freuen?
Nicht wirklich, denn es gibt da mehrere Probleme: (1/n)
a) Der naturalistische Fehlschluss, also die Annahme, dass "natürliche" Dinge generell besser sein, lässt nicht nur das Virus im Vergleich zu den (menschgemachten) Maßnahmen harmloser erscheinen, sondern auch "natürliche Immunität" als besser als die Impfung (2/n)
b) Die menschliche Tendenz Schäden durch aktive Eingriffe moralisch viel schwerer zu werten als solche durch passives Geschehen lassen spricht auch gegen jegliche Maßnahmen, ob Lockdown oder Impfung (3/n)

Read 11 tweets
28 Apr
Wie evolvieren eigentlich Viren? Da geht doch immer wieder einiges durcheinander, auch weil häufig Evolution doch nicht so ganz verstanden ist oder Sprache unpräzise bleibt.
Ich will mal versuchen, ein paar Punkte einfach zu erklären. (1/n)
Der erste wichtige Beitrag zur Evolution ist zufällig. Bei der Vermehrung entstehen immer wieder einmal Veränderungen im Erbgut, zusätzlich können Viren untereinander auch Teile ihres Erbguts austauschen (Rekombination) - durch diese Mechanismen entstehen immer wieder neue (2/n)
Varianten - man spricht daher von Variation.
Manche dieser Varianten haben jetzt Eigenschaften, die unter bestimmten Bedingungen für die Vermehrung von Vor- oder (wohl häufiger) Nachteil sind. Diese Varianten vermehren sich dann besser oder schlechter, womit wir beim zweiten(3/n)
Read 23 tweets
20 Apr
Tatsächlich ist die Gesamt #inzidenz als einziger Messwert zur Beurteilung des Pandemiegeschehens alles andere als optimal und andere Werte sollten bei der Betrachtung eine Rolle spielen - allerdings würden diese korrekt angewandt fast alle zu Verschärfungen führen:
(1/7)
Da wären zum einen die spezifischen Inzidenzen in Altersklassen:
Wenn bei SchülerInnen - wie derzeit- die Inzidenz höher ist, als in der Gesamtbevölkerung, dann sollte diese erhöhte Schulinzidenz als Maß für - dann eben frühere - Schulschließungen herangezogen werden. (2/7)
Es wäre also sinnvoll, neben der Gesamtinzidenz auch die Inzidenzen einzelner Gruppen als Notbremsen in den spezifischen Bereichen (Schulen, Altenheime, Einzelhandel...) heranzuziehen und so auch andere Gruppen vor einem Übergreifen zu schützen! (3/7)
Read 7 tweets
19 Apr
Ich habe eine Idee für eine Veranschaulichung von #Antigenschnelltests. Ich hab nicht alles da, um es auszuprobieren, aber ich möchte die Idee mal mit Euch teilen. (1/7)

Erinnerung, wie die Tests funktionieren im anderen Thread
Was man bräuchte:
* Einen kleinen glatten Ball oder mehrere (stehen für Anti-Corona-Antikörper)
* Einen Tennisball oder mehrere (stehen mit filziger Oberfläche für Anti-Corona-Antikörper mit gebundenem Antigen)
* Doppelseitiges Klebeband
* Einen Klettstreifen (2/7)
Man klebt jetzt auf einer Strecke, die die Bälle entlangrollen können erst den Klettstreifen quer auf - der entspricht dem Teststreifen mit AK, die spezifisch die AK mit Antigen binden
Dahinter kommt quer das Klebeband - der Kontrollstreifen, der alle AK bindet (3/7)
Read 7 tweets
19 Apr
Ja, es gibt eine kleine Studie aus Israel zur Infektiosität von B.1.351 bei Geimpften, in der 8 Fälle gefunden wurden, wo nur einer erwartet wäre, wenn die Verhältnisse der Mutanten in Geimpften und Ungeimpften Fällen gleich wären.
Manche Medien machen daraus jetzt, dass (1/8)
die Mutante für Geimpfte 8-mal infektiöser wäre.
Das ist Unsinn!
Was hat die Studie gemacht?
Sie haben für 247 Menschen, die nach einer Impfdosis und 149, die nach zwei Dosen Corona bekommen hatten, die Mutanten sequenziert und haben das verglichen mit Mutanten- (2/8)
sequenzierungen aus den gleichen Zahlen ungeimpfter aber sonst vergleichbarer Coronapatienten (Alter, Geschlecht, Wohnort). Erstmal fällt hier auf, dass die Zahlen insgesamt ziemlich klein sind, was alle Aussagen daraus relativ unverlässlich macht.
Was sie jetzt fanden war, (3/8)
Read 8 tweets

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