Wie evolvieren eigentlich Viren? Da geht doch immer wieder einiges durcheinander, auch weil häufig Evolution doch nicht so ganz verstanden ist oder Sprache unpräzise bleibt.
Ich will mal versuchen, ein paar Punkte einfach zu erklären. (1/n)
Der erste wichtige Beitrag zur Evolution ist zufällig. Bei der Vermehrung entstehen immer wieder einmal Veränderungen im Erbgut, zusätzlich können Viren untereinander auch Teile ihres Erbguts austauschen (Rekombination) - durch diese Mechanismen entstehen immer wieder neue (2/n)
Varianten - man spricht daher von Variation.
Manche dieser Varianten haben jetzt Eigenschaften, die unter bestimmten Bedingungen für die Vermehrung von Vor- oder (wohl häufiger) Nachteil sind. Diese Varianten vermehren sich dann besser oder schlechter, womit wir beim zweiten(3/n)
wichtigen Beitrag sind - der Selektion.
Wie viele Varianten entstehen hängt also grob gesehen vor allem damit zusammen, wie viele Viren es schon gibt, die sich unperfekt vermehren können und ob bestimmte Varianten dann einen immer größeren Anteil von allen Viren ausmachen, (4/n)
hängt von den äußeren Umständen ab (Selektionsdruck).
Infiziert z.B. ein an ein Tier angepasstes Virus zum ersten Mal einen Menschen, dann werden solche Varianten einen Vorteil haben, die besser an menschliche Zellen binden.
Bei der Übertragung von Mensch zu Mensch haben (5/n)
solche Varianten Vorteile, die sich schneller vermehren, die Schleimhäute befallen, länger in der Luft intakt bleiben und so weiter.
Wenn Menschen sichtbar Kranke behandeln und isolieren, dann haben Virusvarianten Vorteile, die weniger Symptome hervorrufen und wenn in einer (6/n)
Bevölkerung durch Infektion oder Impfung viele Menschen immun sind, haben Varianten Vorteile, die neue Eigenschaften haben und vom Immunsystem schlechter erkannt werden.
Die Selektion hängt also ganz stark von äußeren Umständen ab, kann ihre Richtung ändern und wirkt oft (7/n)
gleichzeitig auf verschiedene Eigenschaften. Das macht sie teilweise vorhersagbar aber auch komplex und das führt auch dazu, dass kein Virus alles gleichzeitig "optimieren" kann: Ein Virus das besonders gut an Zellen bindet, kann z.B. die einzelne Zelle vielleicht gut (8/n)
infizieren, sich aber auch schwerer lösen und dann andere Zellen und Individuen befallen. Man spricht wenn eine Eigenschaft Vor- und Nachteile hat von Trade-offs und es gibt dann ein Optimum für diese Eigenschaft - und bei allen Eigenschaften zusammen oft mehrere Optima. (9/n)
Ein klassisches Beispiel bei Tieren wären Schildkröten und Gazellen - man kann entweder den Panzer oder den schnellen Lauf optimieren, als Warzenschwein auch ein Mittelding und je nach Ökosystem können alle dieser Lösungen funktionieren oder nur manche. (10/n)
Bei Viren, die frisch auf den Menschen übergehen, ist der Selektionsdruck oft sehr stark, einerseits Menschen effektiv zu infizieren und sie andererseits nicht zu schwer erkranken oder sterben zu lassen, damit sie auch andere noch infizieren können. Wenn das aber effektiv (11/n)
funktioniert, lässt der Druck harmloser zu werden stark nach. Für SARS-CoV-2 z.B. wäre Harmlosigkeit erst dann wieder ein starker Selektionsdruck, wenn es dadurch einer effektiven Überwachung des Gesundheitssystems entegehn könnte. Im Moment klappt offenbar die Übertragung (12/n)
auf immer neue Wirte gut, obwohl manche davon später sterben.
Ein anderer wichtiger Selektionsdruck ist unser Immunsystem, wobei das Virus hier in einer gewissen Zwickmühle steckt: In Wirten ohne Immunität wären optimierte Proteine, um unsere Zellen zu infizieren, von (13/n)
Vorteil, in bereits immunen Wirten dagegen wären veränderte, vom Immunsystem nicht mehr erkannte Proteine von Vorteil - die dann aber eben auch nicht unbedingt mehr die vorher optimierten Eigenschaften hätten.
Ob Immunescapevarianten also mehr oder weniger infektiös und ob (14/n)
sie harmloser oder gefährlicher sind, ist nicht von vornherein vorherzusagen.
Während man also gewisse Trends vorhersagen kann (z.B. Viele Infizierte erzeugen viele Varianten oder Impfungen könnten veränderte Varianten selektieren), sind Detailvorhersagen oft nicht (15/n)
oder nur sehr eingeschränkt möglich - z.B. kennen wir teilweise die Stellen in Virenproteinen, die vom Immunsystem am besten erkannt werden und können erwarten, dass Mutationen dort selektiert werden.
Je mehr wir über die Funktionsweise der einzelnen Virusproteine wissen, (16/n)
desto eher können wir natürlich auch bei neuen Varianten abschätzen, welche Eigenschaften betroffen sein könnten und können so ihr Potential gefährlich zu werden teilweise vorhersagen. (17/n)
Fassen wir zusammen:
* Evolution ist teilweise zufällig, teilweise gerichtet, so dass wir grobe Trends und Wahrscheinlcihkeiten, aber nicht Einzelereignisse vorhersagen können
* Viele Viren erzeugen viele Varianten und zusammen mit starkem Selektionsdruck, können sich dann (18/n)
auch gefährliche neue durchsetzen
* Sequenzierung und molekularbiologisches Wissen können helfen Kandidaten dafür früher zu erkennen
Und jetzt schauen wir mit dem Wissen mal ein paar immer wieder gehörte Aussagen an: (19/n)
"Corona wird wie andere Krankheiten irgendwann harmlos" - das lässt sich schwer begründen, es könnte sein, es könnte aber (wie z.B. Polio, Pocken, Masern) auch konstant etwa gleich gefährlich bleiben
"Die Impfung erzeugt gefährliche Mutanten" - Nö, sie kann auf solche (20/n)
Varianten selektieren, die der Immunität entkommen, vor allem bei hohem Infektionsgeschehen, wo viele Varianten vorkommen, aber weder erzeugt sie diese direkt, noch müssen diese in anderen Eigenschaften gefährlicher sein.
"Wissenschaftler machen Panik bei jeder neuen (21/n)
Mutante, die sie entdecken!" - Nö, sie behalten die im Auge, die vor unserem molekularbiologischen Wissen hohes Potential haben, gefährlich zu werden und/oder klinisch auffällig sind
"Wie es mit Corona weitergeht kann man (nicht) vorhersagen." - In beiden Extremen falsch (22/n)
Das war jetzt so ein ganz grober Überblick und ich hoffe, ich hab damit nicht mehr Verwirrung als Verstehen angerichtet 😅
Mäuschen out (23/23)
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Warum sind eigentlich gerade die #Querdenker so vehemente #Impfgegner? Müssten nicht gerade die Maßnahmengegner sich über einen absehbaren Weg aus der Pandemie freuen?
Nicht wirklich, denn es gibt da mehrere Probleme: (1/n)
a) Der naturalistische Fehlschluss, also die Annahme, dass "natürliche" Dinge generell besser sein, lässt nicht nur das Virus im Vergleich zu den (menschgemachten) Maßnahmen harmloser erscheinen, sondern auch "natürliche Immunität" als besser als die Impfung (2/n)
b) Die menschliche Tendenz Schäden durch aktive Eingriffe moralisch viel schwerer zu werten als solche durch passives Geschehen lassen spricht auch gegen jegliche Maßnahmen, ob Lockdown oder Impfung (3/n)
Tatsächlich ist die Gesamt #inzidenz als einziger Messwert zur Beurteilung des Pandemiegeschehens alles andere als optimal und andere Werte sollten bei der Betrachtung eine Rolle spielen - allerdings würden diese korrekt angewandt fast alle zu Verschärfungen führen:
(1/7)
Da wären zum einen die spezifischen Inzidenzen in Altersklassen:
Wenn bei SchülerInnen - wie derzeit- die Inzidenz höher ist, als in der Gesamtbevölkerung, dann sollte diese erhöhte Schulinzidenz als Maß für - dann eben frühere - Schulschließungen herangezogen werden. (2/7)
Es wäre also sinnvoll, neben der Gesamtinzidenz auch die Inzidenzen einzelner Gruppen als Notbremsen in den spezifischen Bereichen (Schulen, Altenheime, Einzelhandel...) heranzuziehen und so auch andere Gruppen vor einem Übergreifen zu schützen! (3/7)
Ich habe eine Idee für eine Veranschaulichung von #Antigenschnelltests. Ich hab nicht alles da, um es auszuprobieren, aber ich möchte die Idee mal mit Euch teilen. (1/7)
Erinnerung, wie die Tests funktionieren im anderen Thread
Was man bräuchte:
* Einen kleinen glatten Ball oder mehrere (stehen für Anti-Corona-Antikörper)
* Einen Tennisball oder mehrere (stehen mit filziger Oberfläche für Anti-Corona-Antikörper mit gebundenem Antigen)
* Doppelseitiges Klebeband
* Einen Klettstreifen (2/7)
Man klebt jetzt auf einer Strecke, die die Bälle entlangrollen können erst den Klettstreifen quer auf - der entspricht dem Teststreifen mit AK, die spezifisch die AK mit Antigen binden
Dahinter kommt quer das Klebeband - der Kontrollstreifen, der alle AK bindet (3/7)
Ja, es gibt eine kleine Studie aus Israel zur Infektiosität von B.1.351 bei Geimpften, in der 8 Fälle gefunden wurden, wo nur einer erwartet wäre, wenn die Verhältnisse der Mutanten in Geimpften und Ungeimpften Fällen gleich wären.
Manche Medien machen daraus jetzt, dass (1/8)
die Mutante für Geimpfte 8-mal infektiöser wäre.
Das ist Unsinn!
Was hat die Studie gemacht?
Sie haben für 247 Menschen, die nach einer Impfdosis und 149, die nach zwei Dosen Corona bekommen hatten, die Mutanten sequenziert und haben das verglichen mit Mutanten- (2/8)
sequenzierungen aus den gleichen Zahlen ungeimpfter aber sonst vergleichbarer Coronapatienten (Alter, Geschlecht, Wohnort). Erstmal fällt hier auf, dass die Zahlen insgesamt ziemlich klein sind, was alle Aussagen daraus relativ unverlässlich macht.
Was sie jetzt fanden war, (3/8)
So, ich hab für Euch mal ein bisschen einen Schnelltest malträtiert (In diesem Fall Hotgen COVID-19 Ag).
Erstmal hab ich den Test nach Herstellerangaben ganz normal durchgeführt und - tja, mal wieder negativ... (1)
Ich hab dann die Kasette geöffnet, und da sieht man schon etwas interessantes: Die rote Farbe findet sich nämlich an drei Stellen:
Im Detektionsfeld auf den Streifen C (und bei positiven Tests bei T)
Der Überschuss (ÜS) im "Saugfeld" am Ziel
Ein Rest (R) kurz nach dem Start (2)
Das verrät uns zweierlei eigentlich wenig überraschendes:
a) Der Test enthält mehr Farbstoff als normalerweise auf den Detektionsstreifen gebunden wird - wichtig, damit Streifen nicht aus Mangel negativ ausfallen
b) Ein Teil des Farbstoffs wandert nicht auf dem Streifen (3)
Es muss endlich Schluss sein mit der #Panikmache!
Es kann nicht sein, dass bei jedem Vorschlag einer Maßnahme schon das Ende der freien Gesellschaft herbeigejammert wird.
Es ist peinlich, wenn jeder Widerspruch und jede Korrektur von Falschbehauptung zum Tod der (1/9)
Meinungsfreiheit stilisiert wird.
Wer zu feige ist, seine eigenen Befindlichkeiten zu formulieren, darf sich nicht hinter einem vermeintlichen Willen "des Volks" oder "der Bürger" verstecken.
Ja, es Menschen werden auch durch Maßnahmen krank, manche werden sterben und ihre (2/9)
Jobs verlieren.
Es sind harte Zeiten für uns alle, aber "wir" glauben daran, dass es möglich ist zum Wohl aller Corona (und andere Probleme!) zu überwinden und dass die Zeit danach einfach klasse wird.
"Ihr" habt Angst, dass Eure Welt schon beim kleinsten Versuch dazu auf (3/9)