Noch ein paar Tweets zum Thema mediale Darstellung - oder Verwendung - von psychischen Erkrankungen, weil ich die Tage wieder einige unerfreuliche Diskussionen führen musste:
Unter anderem wurde argumentiert, dass quasi der Hang zur Gewalt pathologisch sei.
Und man deswegen bei gewalttätigen Charakteren eine psychische Erkrankung ins Spiel brächte, weil solche Menschen wären ja nicht normal.
Kurz einwirken lassen.
*Thinking Music*
Wir sind fuckin' HOMO SAPIENS. Die Menschenrasse, die ALLE ANDEREN Menschenrassen vernichtet hat.
Ich verwende hier auch bewusst "Rassen" weil wir hier im Gegensatz zu unserem heutigen Rassismus tatsächlich von mehreren menschlichen Spezies reden.
Davon hat keine überlebt, weil *deutet auf sich selbst* wir eine verdammt gewalttätige Rasse sind. Wir. Wir alle.
Das bedeutet natürlich nicht, dass es nun verzeihlich wäre, wenn jemand dem Nebenmann aufs Maul gibt oder losgeht um mal ein bisschen zu totschlagen und zu morden.
Wir sind ja nicht nur unsere Natur, sondern auch unsere Kultur und Gewalt ist - zum Glück - außer Mode gekommen.
Wir haben uns über lange Zeit nicht-gewalttätige Problemlösungen angeeignet, die im Allgemeinen weit nachhaltiger und sinnvoller sind, als jede gewalttätige Problemlösung.
Wenn dennoch gewalttätige Lösungen gesucht werden, sehr oft, weil diese als der einfachere Weg erscheinen.
Nicht besser, nicht nachhaltiger, aber quasi eine Abkürzung zum gewünschten Ergebnis.
Gewalt findet auch auffällig häufig dann statt, wenn sie gesellschaftlich entweder sanktioniert ist oder zumindest eine verständnisvolle Haltung vorherrscht.
Krieg ist immer noch gesellschaftlich sanktionierte Gewalt, z.b..
Und nehmen wir sexuelle Gewalt: "So wie die angezogen war, war das doch eine Einladung." - "Wer besoffen in der Ecke liegt, darf sich nicht wundern." -
"Wenn ein Mädchen sich nach dem Dunkel werden, draussen rumtreibt ..." - "Ach, der hat das doch gar nicht nötig und sie sieht ja auch nicht mal gut aus. Wahrscheinlich wollte er sie absägen und sie rächt sich nun mit der Anzeige."
Die Verantwortung an sexueller Gewalt wird meist dem Verhalten der Frauen zugeschoben und bei Männern wird es akzeptiert, dass sie - wait for it - ihrer Natur folgen.
Strafen sind oft ein Klapps aufs Handgelenk und zu oft kommt ins Spiel, dass man ihnen "nicht die Zukunft verbauen" will.
Oder häusliche Gewalt: "Ja, ihm rutscht schon mal die Hand aus, aber sie macht es ihm ja auch schwer." - "Womit hast Du ihn denn gereizt? Er ist doch sonst nicht so." - "Naja, die Kinder sind auch ganz schön verzogen. Da muss man verstehen, wenn ein Elter durchgreift. "
Femizide: Auch hier kann ein Mann mit Verständnis rechnen, wenn er seine Frau oder Freundin tötet, weil er verlassen wurde/verlassen werden soll.
Zwar spürt er hinterher Konsequenzen, aber die gesellschaftliche Atmosphäre vorher signalisiert, dass die Ehre eines Mannes unantastbar ist und auch mit Gewalt verteidigt werden darf.
Während Frauen signalisiert wird, dass sie persönlich etwas falsch gemacht haben, wenn sie einen Mann nicht halten konnten.
Rassistische Gewalt liegt sehr, sehr dicht unter dem dünnen Lack unserer Zivilisation. Dazu muss man sich nur mal wieder das Video mit dem Bus Geflüchteter ansehen und dem Mob, der über weinende Kinder johlte.
"Anders" zu sein, reicht oft alleine als Rechtfertigung für Gewalt.
Wir, als Gesellschaft, lassen psychische und physische Gewalt zu, verzichten darauf, sie zu sanktionieren, wenn ein Machtgefälle besteht.
Psychische (manchmal auch phyische) Gewalt gegen Untergebene, Kinder, Kranke, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen.
Oft wird dann mit der "Belastung" argumentiert, mit Stress, mit Überforderung, oder mit dem Verhalten derjenigen, die dann die Gewalt erfahren.
Ich behaupte: Hier findet Gewalt statt, weil wir es zulassen oder ihr indifferent gegenüberstehen.
In einer Gesellschaft, die nach wie vor von Gewalt durchzogen ist und ihr in vielen Situationen mit Verständnis gegenübertritt, ist es sehr sehr durchsichtig, dann medial die Behauptung aufzubauen, dass Gewalt einem kranken Geist entspringt, sobald die Opfer wahllos scheinen.
Sobald die Gewalt sich gegen Personen auf der gleichen Stufe richtet oder nach oben.
Es ist auch sehr, sehr auffällig, dass Gewalttäter fast immer zuerst gesellschaftlich akzeptierte Formen der Gewalt ausüben (sehr oft häusliche Gewalt), bevor sie einen Schritt weitergehen.
Aber statt konsequent zu sein und eine Kultur zu schaffen, die auch bei diesen alltäglichen Formen der Gewalt ein konsequentes "inakzeptabel" sendet, verbrämen wir dramatischere Gewalttaten medial dann mit dem Narrativ des psychisch gestörten Gewalttäters.
Ein sehr dickes "Neee, wir waren das nicht. Wir konnten das nicht vorherahnen und schon gar nicht verhindern."
Doch. Können wir.
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Okay, Twitter-Thread-Time. Wenn ich bitte mal die Aufmerksamkeit der Twitter-Literatur-Bubble haben dürfte. Wir müssen reden. Und damit meine ich sowohl Autor:innen, Agent:innen, Verlagsmitarbeitende & das Feuilleton, als Kritiker:innen.
2/ Kurze Vorgeschichte von meiner Seite: Ende vergangenen Jahres las ich die ersten beiden Teile des "Aurora Cycle" von Amie Kaufman und Jay Kristoff. (Es ist eine Esemble-Story, daher gibt es mehrere Hauptcharaktere.)
3/ Was mich besonders an den Büchern einnahm, abgesehen von der Geschichte und der Welt die ich kurz mit "weird and wonderful" umschreiben möchte, war die (oft) selbstverständliche Art, mit der Anders-Sein dargestellt wurde.
Ein vorläufiges, bitteres Fazit aus der Pandemie, das ich für mich ziehe, ist, dass die Maßnahmen nicht mal in der ersten Linie durch die Wirtschaft beeinflusst wurden, sondern durch: 1. Hedonismus (=zu cool und faul für Pandemiebekämpfung)
2. Exzeptionalismus (=Epidemien sind was für Drittweltstaaten, hier macht das keine Probleme) 3. Hybris (=das Virus mag einfachen Regeln folgen, aber wir sind so hochentwickelt, dass wir uns nicht drum kümmern müssen)
4. Inflexibilität (nein, wir ändern doch nichts, nur wegen einem Virus, wo kämen wir denn da hin?) 5. Fehlende Weitsicht (=was juckt mich der kommende Sommer, wenn mir jetzt die Kunden fehlen)
Puh. Also die Sache da vorhin, hat mich wirklich belastet. Belastet mich weiter. Gerade weil ich weiß, dass mir in der jüngeren Vergangenheit viele Leute neu gefolgt sind, weil sie mögen was ich schreibe, wie ich schreibe oder meine Analysen.
Auch einige Menschen aus der Pflege folgen mir neu, weil ich während den letzten 14 Monaten versucht habe, ihre Stimmen zu verstärken und weil es danach aussieht, als stünden wir auf der gleichen Seite.
Was wir - von meiner Seite aus - tun.
Das das nicht unbedingt in beide Seiten so ist, habe ich heute gemerkt.
Daher ein paar Tweets dazu.
Was Verschwörungsmystiker im Allgemeinen mit "die Medien schreiben alle das Gleiche" meinen: sie meinen damit, dass ihre Narrative nicht hinreichend dominant vorkommen.
Man sieht das gut an Brüggemanns Timeline, auch an so ziemlich allem, das Liefers schreibt oder sagt.
Zumindest Brüggemann gehört zum Great Barrington Fanclub. Liefers scheint mir noch ein bisschen tiefer im Verschwörungsdenken zu stecken. Aber ich habe nur die öffentlichen Aussagen, die IMHO zurückhaltender sind, als das, was sie wirklich denken.
Dort hat sich ein Gedankengebilde geformt, nachdem wichtige Wissenschaftler - Nobelpreisträger gar!!! - nicht in den Medien präsent sind. In dem ihre Ideen, wie man die Pandemie bekämpfen könnte, keinen Raum finden.
Hrch, wenn man eine sehr lustige Szene einer Ehe nicht posten kann, weil sie leider auf einem fetten Irrtum von mir aufbaut. Den ich erst hinterher bemerkt habe.
Und mein Irrtum basiert auf einem Buch von 1978, während ein Paper von 1982 dann die Aussage wiederlegt, auf die ich mich beziehe. Ja, es geht um den Todeszeitpunkt und die Ursache von Wilhelm von Ockham.
Ach, ich poste es einfach trotzdem. Ich bitte nur die Content Warnung im Kopf zu behalten, das meine Aussage falsch ist!
Liked on YouTube: Distrusting Science: How We Got This Pandemic with Naomi Oreskes April 22, 2020 at 05:59PM -- Reporter Nights at SPS: Science Journalism in the Time of COVID-19
SPS welcomes you to this class-in-session exploring the pandemic's origins…
"a lot of complications that could have been solved if our administration had been comfortable with and willing to take on a strong coordinated federal response but that was precisely what he wouldn't do"
"that for us was totally predictable and frankly tragic because we have strong scientific evidence that would sooner the death rate been much lower "