"Das Baby als ein Quälgeist, dessen Wille es zu brechen gilt – so sah Johanna Haarer Kinder. Die Folgen dieser Sichtweise könnten auch heute noch spürbar sein."
"Um sie zu guten Soldaten und Mitläufern zu machen, forderte das NS-Regime Mütter dazu auf, die Bedürfnisse ihrer Babys gezielt zu ignorieren. Sie sollten emotions- und bindungsarm werden"
"Sie dürften das Kind ja nicht verwöhnen. Sprichwörter wie "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" sind bis heute verbreitet. Selbst der Bestseller Jedes Kind kann schlafen lernen von Annette Kast-Zahn und Hartmut Morgenroth deutet in eine ähnliche Richtung".
"Am besten ist das Kind in einem eigenen Zimmer untergebracht, in dem es dann alleine bleibt", schrieb auch Johanna Haarer in ihrem 1934 veröffentlichten Ratgeber Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. Beginnt das Kind zu schreien oder zu weinen, solle man es ignorieren"
"Manche Forscherinnen, Ärzte oder Psychologen spekulieren darüber, dass eine ganze Reihe von Phänomenen mit der antrainierten Bindungs- und Gefühlslosigkeit in Verbindung stehen könnte."
Viele psychische Erkrankungen stehen in Zusammenhang mit fehlenden sicheren Bindungserfahrungen. Das kann ich aus meiner Erfahrung heraus nur bestätigen. In der Bearbeitung von Belastungen geht es fast immer um fehlende Wärme und Geborgenheit.
#Bindungstrauma bedeutet, dass Kinder Gewalt, Vernachlässigung oder mehrfachen Abbruch von engen Bezugspersonen erlebt haben. Sie erleben dies als außergewöhnliche Bedrohung mit tiefer Verzweiflung. Sie reagieren u.a. mit Angst, Abschalten, Wutausbrüchen, Konzentrationsstörungen.
Was brauchen die Kinder? Erstmal eine sichere Umgebung, d.h. die Gewalt darf nicht weiter stattfinden. Weiterhin sensible Menschen um sie herum, die verstehen, dass Beziehung Angst machen kann. Sie benötigen eine zugewandte Anleitung, sich auf neue Beziehungen einzulassen.
Wut kann ein Schutzgefühl sein "das macht niemand mehr mit mir". Dazu braucht es Bezugspersonen, die die Kinder aushalten. Wut sollte nicht bestraft werden. Evt. können die Kinder zum Schutz der anderen mit einer Bezugsperson den Raum wechseln und dort zur Ruhe kommen.
#Kinder und #Corona. Viele Kinder sind belastet, Eltern machen sich Sorgen. #Depressionen, Angst, aber auch Missbrauch und Gewalt bei Kindern sind ein häufig übersehender Teil dieser Pandemie. Doch woran erkenne ich, dass mein Kind pschisch erkrankt ist? Was sind Alarmsignale?
1. Emotionen: Vor allem wenn Kinder sich plötzlich verändern, sich z.B. zurückziehen, nicht mehr ansprechbar oder auch wütend, reizbar sind, können dies Alarmsignale für eine psychische Erkrankung sein.
2. Medien: ein erhöhter Medienkonsum ist in dieser Pandemie normal. Kinder und Jugendliche nutzen Medien um mit ihren Freunden in Kontakt zu sein. Wenn Jugendliche nicht mehr "davon lassen können", aggressiv werden oder sogar Schlafstörungen entwickeln, ist dies ein Warnsignal.
"Kinder sollen gehorchen". Das höre ich häufig. In der Therapie sehe ich Kinder und Jugendlichen, die vordergründig "gut in das System passen", die jedoch leiden und Symptome entwickeln. Warum ist das so?
Eine gute Eltern-Kind-Bindung im Sinne von "deine Bedürfnisse sind wichtig, meine Bedürfnisse sind wichtig", fördert ganz "automatisch" die Empathie und dementsprechend später auch die Integration in Verbände wie Klassen, Freunde, Vereine etc.
Wenn Kinder oft "hören" müssen, besteht die Gefahr, dass ihre Gefühle "übersehen" werden. Wenn es mehr um die anderen geht und nicht um das Zusammenspiel, kann dies Einstellungen hervorrufen, wie "ich bin unwichtig" und langfristig das Selbstwertgefühl beeinträchtigen.
Schweigepflicht und #Kinderschutz wie passt das zusammen? Alle Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Pastor:innen etc. stehen unter Schweigepflicht. Wichtig ist, dass wir uns über Kinderschutz beraten lassen können. In jeder Region gibt es Kinderschutzbeauftrage für Fachkräfte.
Diese beraten und informieren zu Themen im Kinderschutz und helfen z.B. bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung. Sie Unterstützen bei Vorgehen, Handlungsabläufen, Kooperationsmöglichkeiten und Datenschutz.
Wir Psychotherapeut:innen fallen demnach nicht unter den §8a, sondern können die Beratung nutzen nach §8b KJHG. Das ist ein wichtiger Unterschied. Manchmal macht es Sinn, eine Kindeswohlgefährdung sofort anzuzeigen, manchmal braucht es Zeit.
#Kinder und #Corona
Ich höre als Kinderpsychotherapeutin und Traumatherapeutin immer wieder, dass Corona traumatisch sei für die Kinder. Außerdem sei es nicht mehr aufzuholen, was die Kinder jetzt verpassen. Ich möchte das gerne einordnen. Ein Thread 1/8
Wir wissen von anderen Naturkatastrophen, dass diese für Menschen weniger traumatisch sind, als die so genannten "Man-made-disaster", also von Menschen verursachtes Leid. Dies lässt sich aus meiner Erfahrung heraus bestätigen. 2/8
Für unsere Situation bezüglich Corona und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen bedeutet dies, dass vor allem Kinder leiden, dessen Eltern wenig Ressourcen haben. Je überforderter die Eltern, desto höher das Risiko, dass sie gewalttätig werden gegenüber Kindern. 3/8
Kinder und #Corona: Was brauchen Kinder? Was können Eltern tun, um ihre Kinder zu begleiten? Die Lebensqualität der Kinder hat sich verschlechtert. Einige Eltern wissen nicht mehr weiter, sind überfordert, Hilfesysteme (Psychotherapeuten, Familie) sind eingeschränkt verfügbar.1/7
Für Kinder ist es schwer, ihre Freunde nicht mehr zu sehen, eventuell auch Teile der Familie. Auch der Sportverein und die Musik fehlen. Für die Eltern stellt sich die Frage: Kita/Schule oder nicht? Kontakt zu Freunden oder Minderung des Infektionsrisikos?2/7
Meine Sicht als Kindertherapeutin dazu ist aus dem "Entweder-Oder" auszusteigen ins "Sowohl-als auch". Es gibt aktuell nicht "die gute Entscheidung". Jede Entscheidung der Eltern hat Konsequenzen. Wichtig ist es, für sich als Familie Lösungen zu finden, abzuwägen.3/7