Zur Diskussion über Sinn und Unsinn verschiedener Maßnahmen und ob jetzt Geimpfte die Mallorca-Reisen von Ungeimpften zahlen sollen oder andersrum.
Ein Thread.
Für die COVID-Pandemie ist es völlig egal, wie wir den R-Wert unter 1 halten/bekommen. COVID ist das egal. Völlig.
Uns aber nicht, weil jede Maßnahme unerwünschte Aspekte oder Kosten hat, die wir tragen müssen.
Also nehmen wir doch die effizientesten Maßnahmen, oder?
Lasst uns die Impfung aus dem Weg bekommen. Zweimaliger kleiner Aufwand, enorm wenig Risiko, hohe Wirkung gegen schwere Erkrankung und Tod und eindämmende Wirkung gegen Ansteckung, leichte Verläufe und Ausbreitung.
Superzeug. Erste Wahl.
Und in manchen Gruppen ist die Impfquote schon so hoch, dass Ansteckungen sich selber auslaufen. Die Zahl der Ausbrüche in Altenheimen ist massiv zurückgegangen. Wegen der hohen Impfquote.
In manchen Teilen der Gesellschaft gilt das gleiche.
Wer einen Freundeskreis und Kollegenkreis mit Impffreunden hat, ist schon ziemlich sicher.
Andere Gruppen noch nicht. Deswegen sind niederschwellige Angebote auch so wichtig.
Und gerne auch Anreize wie ins lächerliche gezogene Bratwurst.
Denkt schon mal über freien Eintritt in Zoo und Vergnügungspark nach Impfung nach. Irgendwann wollen wir alle Kinder erreichen.
Nur leider geht das noch nicht für alle. Für manche gibt es nichts zugelassenes. Das klärt sich mit der Zeit.
Und für andere gibt es Hürden, weil "Impfung ist auch ohne Vorerkrankung möglich" nicht genug Grund ist Impfungen anzubieten.
Das könnten wir mal lösen...
Und das reicht aktuell nicht ganz. Sehen wir an den steigenden Inzidenzen. Der R-Wert aktuell (auch mit den Sommerferien) ist über 1.
Wir bräuchten mehr. Was sind denn die nächstbesten Maßnahmen?
Dazu sind drei wichtige Gruppen zu unterscheiden: 1) Menschen, die in der Nähe von Infektiösen waren. Hier ist Ansteckung am wahrscheinlichsten. 2) Menschen aus nicht geimpften Gruppen und 3) Geimpfte Gruppen.
Bei unseren niedrigen Inzidenzen jetzt spielen die meisten Kontakte keine Rolle. Wenn sich zwei Gesunde treffen ist egal, wie sie sich verhalten, das steckt nicht an.
Wir wissen aber nicht, ob wir gesund sind, deswegen müssen wir uns alle verhalten als könnten wir anstecken.
Das ist uneffektiv. Und hat deswegen hohe Kosten (Einschränkungen und direkte Kosten).
Besser ist es, die Maßnahmen da anzuziehen, wo sich Leute wirklich anstecken können.
Das ist der Sinn von Testen, Nachverfolgen und Isolieren. Test, Trace, Isolate (TTI).
Jede Ansteckung, die wir im Umfeld von Infektiösen entdecken und einfangen, kann nicht mehr weitergetragen werden. Die Infektionskette ist gebrochen.
Klar ist das Einfangen lästig, weil das Quarantäne heißt.
Nur: Quarantäne für 10 verhindert Lockdown für 100.000.
Es geht besser: Wir wollen das Virus eindämmen, nicht die Leute wegsperren. Hart zum Virus, lieb zu den Menschen.
Quarantäne ist hart, Aufenthalt im Freien und ein Verbot fremde geschlossene Räume zu betreten (auch Arbeit und Schule) würde viel Eindämmung bringen.
Auch eine Testpflicht für 14 Tage jeden Tag, wäre geeignet Ansteckungen schnell einzusammeln.
Beide Vorschläge nicht so sehr als Ersatz für sichere Kontakte, sondern als weniger invasive Maßnahme für Menschen, die sonst keine Auflage hätten. Und wo uns Ansteckungen entweichen.
Nochmal: Nur in der Nähe von Infizierten können sich Menschen anstecken. Hier müssen wir suchen und besonders aktiv werden, damit dumme, alle Einwohner betreffende Maßnahmen überflüssig werden.
Quarantäne für 10 ersetzt Lockdown für 100.000.
Gerade weil TTI so mächtig ist, ist es natürlich besonders schade, dass manche Bundesländer (NRW) kein Bock mehr auf Nachverfolgung haben und Nachverfolgungshilfen wie die Luca-App so gnadenlos verbockt werden.
Diese beiden und andere Versagen sorgen dafür, dass TTI weniger liefert. Was TTI nicht liefert, müssen andere Maßnahmen bringen. Das sind dann in wenigen Wochen wieder dumme Kontaktsperren und Lockdowns. Super gemacht Jungs und Mädels! Super!
Die zweite besondere Gruppe sind die Ungeimpften. Hier ist die Wahrscheinlichkeit für Ansteckungen immer noch erhöht. Die Inzidenz setzt sich zum größten Teil aus nicht Geimpften zusammen. Die Patienten im Krankenhaus sind vor allem Ungeimpfte.
Es macht absolut Sinn, eindämmende Maßnahmen primär für diese Bevölkerungsgruppe zu machen. Dazu gehören erstmal die Testpflichten und die Gratistests, die jetzt abgeschafft werden sollen.
Wie blöde! Gerade die Nichtgeimpften ist mit viel Testen geholfen bei der Eindämmung.
Tests jetzt als "Anreiz für die Impfung" kostenpflichtig zu machen hat nur eine wichtige Wirkung:
Es wird weniger getestet, weniger Ansteckungen erkannt, weniger eingedämmt. Und alle zahlen den Schmu wieder mit mehr Maßnahmen für alle.
Tests von Ungeimpften dienen ALLEN!
Neben TTI brauchen wir für diese Gruppen auch Kontaktvermeidung und Schutz bei Kontakt.
Und da habe ich vor allem eine Teilgruppe im Blick: Die Schüler.
Obwohl die Ansteckungen vor allem unter Ungeimpften zirkulieren wird, werden Schulschließungen oder auch nur irgendwelche Maßnahmen an Schulen ausgeschlossen.
Dabei ist das nach den Kontaktpersonen von Infizierten die Gruppe mit dem meisten Hebel. Nicht schlau.
Das Gegenteil wäre gut: Massive Investitionen in Ansteckungsreduktion bei nicht Geimpften.
Luftfilter fertig installiert und in Betrieb statt nur heiße Luft.
Klare Quarantäneregeln mit dem Ziel der Eindämmung bei Ausbrüchen.
Kleingruppen. Bereitschaft, Präsenz aufzugeben.
Aber auch außerhalb der Schule. Wie wäre es mit einer Home-Office-Pflicht für Ungeimpfte? Denkt Euch ein paar Szenarien aus.
Tatsache ist: Maßnahmen in der ungeimpften Bevölkerung sind viel effektiver als in der geimpften Bevölkerung.
Effiziente Maßnahmen sind hier.
Das wirkliche Dilemma: Wir werden alle diese Möglichkeiten nicht ziehen, weil es politisch nicht gewollt ist. Lieber akzeptieren die Politiker eine vierte Welle, als nochmal an Schule oder Home-Office zu gehen.
Schade, da wäre so viel Potential.
Und zuletzt die Maßnahmen für alle. Oder Maßnahmen in der geimpften Bevölkerung.
Hier würde ich zuletzt ansetzen nicht als Belohnung für die Geimpften sondern weil hier gerade wegen der Impfung der geringste Effekt zu holen ist.
Das Dumme ist: Unsere Politik kennt nur Impfung und Lockdown. Und während die Impfung sicher erste Wahl ist, ist der Lockdown doch die allerdümmste Optione. Gerade weil er so unspezifisch über alle hinweggeht und alle einschränkt.
Die ganzen feineren Maßnahmen ob TTI auf Eindämmung oder effiziente (also wirksam aber wenig eingreifend) Maßnahmen bei Ungeimpften, die feineren Maßnahmen sind nicht im politischen Menu zu finden. Schade eigentlich.
Schade eigentlich, weil das in der Praxis eins heißt:
Die Politik hat sich an vielen Stellen gegen weitere Schulschließungen und gegen Lockdowns ausgesprochen.
Also werden wir den R-Wert nicht unter 1 halten.
Das Ergebnis sind sich ausweitende Ansteckungen. Vulgo: Die Vierte Welle.
Immerhin wissen wir dann: Vier Wellen und es gibt in D immer noch keinen Aufstand. Auch das mag, isoliert betrachtet, beruhigend sein.
Ich wünsche mir eine Politik, die nicht in Ungeimpfte bestrafen denkt, sondern die Frage stellt und beantwortet: Wie können wir mit den wenigsten Nebenwirkungen die Pandemie beenden. Ideen sind da.
Wir müssen sie umsetzen.
Ach schau, die Idee hatte schon jemand. Das freut mich sehr. 100 weitere Impfungen erledigt.
Nochmal eine blöde Frage:
HH impft im Impfzentrum Personen ab 16 aber nicht drunter. Beruft sich auf die einschränkende Impfempfehlung der Stiko. Warum genau? Lass mich meine Frage erklären.
Also HH will Kinder, die unter die eingeschränkte Impfempfehlung für Kinder fallen nicht impfen, aber minderjährige über 16 schon (mit Risikoakzeptanz und Erlaubnis der Eltern vor Ort).
Die Biontech Zulassung war erstmal bis 16 runter und dann kam die Erweiterung der EMA- Zulassung um 15-12 Jahre. Ok, verstanden.
Ich brauche mal eine Aufklärung:
Der Impfstoff ist zugelassen ab 12 Jahre.
Die Priorisierung nach CoronaImpfV aufgehoben.
Auf welcher Rechtsgrundlage verweist z.B. das Impfzentrum HH darauf, dass ein Attest über Vorerkrankung zur COVID-Impfung von Kindern notwendig sei?
Das Attest auf Vorerkrankung war doch notwendig, um in der Prio nach CoronaImpfV eingestuft zu werden und berechtigt zu sein. NICHT, weil die Zulassung des Impfstoffes eingeschränkt ist oder eine einschränkende Stiko-Empfehlung vorliegt.
Die notwendige Aufklärung hat doch schon immer beim Impfen selber stattgefunden unabhängig der haus- oder kinderärztlichen Versorgung.
Ein Mensch steckt mehrere andere an, das Virus breitet sich aus.
Das Gute: Das Virus hat keinen Stoffwechsel, kann nicht denken, doofe Taktik, nicht existente Strategie.
Das Schlechte: Der Mensch scheinbar auch nicht.
Wenn ein Infizierter mehr als einen anderen ansteckt, dann breitet sich die Pandemie aus. Nicht schwierig.
Dann werden immer mehr Leute krank und sterben. Die Gesellschaft wird unruhig und shoppen will dann auch keiner mehr.
Also sollte jeder Infizierte vielleicht weniger als einen Menschen anstecken, dann werden es immer weniger, die Pandemie läuft sich aus und die Menschen fühlen sich wieder sicher und shoppen wieder.
Flappsig formuliert, aber Gesundheit und Wirtschaft gehen hier Hand-in-Hand.
Die Hospitalisierungsrate ist als Größe für das Pandemiemanagement kriminell dumm.
Dabei meine ich noch nicht mal den Effekt, dass es doof ist, so viele Kranke zu produzieren, wie nur in die Krankenhäuser passen. Das auch.
Ich meine ein viel wichtigeres Problem:
Wer ein dynamisches Geschehen unter Kontrolle haben will, braucht einen frühen Blick auf das Geschehen. Die Daten dürfen gerne unperfekt sein, wenn man nur gefährliche Dynamiken rechtzeitig mitbekommt.
Autofahrer kennen das: Je schneller, desto weiter schaue ich nach vorne. Damit ich noch innerhalb des beobachteten Bereichs bremsen kann.
Ich wollte Euch mal einladen, die Pandemie unter einem anderen Blickwinkel zu sehen. Nicht so sehr als wir gegen das Virus. Folgt mal den Gedanken, wenn Ihr Lust habt.
Ein Virus hat keinen eigenen Stoffwechsel, es kann nicht denken. Biologisch gilt es nicht wirklich als lebendig. Es verhält sich nach klaren Regeln (auch wenn wir die Regeln anfänglich erstmal erkennen mussten), es verhält sich vorhersehbar, wie unzählige Vorhersagen zeigen.
Ein Kampf, wir gegen das Virus, ist völlig unfair. Das ist kein strategischer Gegener. Kein taktischer Gegner. Überhaupt kein ernst zu nehmender Gegner.
Wenn wir wollen ist das Ding platt. Die Regeln sind klar, wie es geht ist klar, wehren kann es sich nicht.
Was mir nicht aus dem Kopf will ist, dass die Politik glaubt, zur Bundestagswahl ist die Pandemie vorbei. Das wird sie nicht sein.
Keine der im BT vertretenen Parteien hat eine Position zu Corona im Wahlprogramm. Das ist kurzsichtig.
Und ja, natürlich soll uns die Pandemie nicht die ganze Legislaturperiode beschäftigen, aber diese Strategie, den Kopf bei Corona in den Sand zu stecken wird nicht aufgehen.
1) Die #Bundesnotbremse mit ihrem Bezug auf Inzidenzen in der Gesamtbevölkerung wird wie ein Thermostat die Inzidenzen bei 100 oder 165 halten.
Je mehr Erwachsene geimpft sind, desto mehr verlagert sich das Geschehen in die Kinder. Spitze der Welle kurz vor der Wahl.