Ich wollte Euch mal einladen, die Pandemie unter einem anderen Blickwinkel zu sehen. Nicht so sehr als wir gegen das Virus. Folgt mal den Gedanken, wenn Ihr Lust habt.
Ein Virus hat keinen eigenen Stoffwechsel, es kann nicht denken. Biologisch gilt es nicht wirklich als lebendig. Es verhält sich nach klaren Regeln (auch wenn wir die Regeln anfänglich erstmal erkennen mussten), es verhält sich vorhersehbar, wie unzählige Vorhersagen zeigen.
Ein Kampf, wir gegen das Virus, ist völlig unfair. Das ist kein strategischer Gegener. Kein taktischer Gegner. Überhaupt kein ernst zu nehmender Gegner.
Wenn wir wollen ist das Ding platt. Die Regeln sind klar, wie es geht ist klar, wehren kann es sich nicht.
Und dennoch tun wir uns schwer. Sind "überrascht", "plötzlich", "richtig expontentiell". Die Sprache zeigt, dass manche von uns sich überrumpeln lassen von diesem Gegner.
Unsere Politik ist überrascht von einem Gegner, der so berechenbar ist wie die Wurm in ihrem Flussbett. Immer in die gleiche Richtung. Immer an der gleichen Stelle. Gestern, heute, ja auch morgen ist die noch da.
Wenn wir sagen "hört auf die Wissenschaft", dann meinen wir genau das: Lasst Euch sagen, was das Virus wann machen wird und dann entscheidet mit dem Wissen im Hinterkopf.
Der wahre Gegner sitzt woanders. Andere Menschen.
Durchseucher gegen Eindämmer. Wirtschaft gegen Gesundheit. Lockern gegen Lockdown.
Nicht alles echte Gegensätze, aber alles verhärtete Positionen.
Und das möchte ich Euch als Perspektivenwechsel mitgeben:
Die Politik versagt nicht gegen das Virus. Sie versagt auf ureigenstem Gebiet. Sie schafft es nicht, die unterschiedlichen Meinungen und Ziele in ein Vorgehen zu bringen. Wir scheitern an der Demokratie.
Wir scheitern uns ein Ziel zu geben und das anzusteuern. Wir labern davon, dass Kinder Priorität haben und werden sie jetzt mit Schwung durchseuchen.
Wir reden davon, dass die Wirtschaft geschützt werden muss und schicken ganze Branchen in den Bankrott.
Wir reden davon, dass das Personal im Gesundheitswesen Helden sind und behandeln sie wie Dreck.
Die Politik versagt nicht gegen das Virus. Die Politik versagt auf eigenem Gebiet, sie schaffen es nicht, ein Ziel, eine Richtung zu formulieren.
Noch nicht mal ein Ziel. Von den Maßnahmen und Umsetzung rede ich noch gar nicht.
Das Virus tut nichts überraschendes. Es gibt viele tolle Leute, die uns sagen können, was es als nächstes tut und das auch jeden Tag und jede Woche tun.
Die Politik versagt bei ihrer ureigensten Aufgabe: In einer Demokratie aus vielen Stimmen eine Richtung zu ermitteln.
Denkt da mal dran, wenn jemand wieder vom Virus überrascht wurde. Das war nicht das Virus.
Dieser Mensch ist in seinem gewählten Beruf überfordert.
Was mir nicht aus dem Kopf will ist, dass die Politik glaubt, zur Bundestagswahl ist die Pandemie vorbei. Das wird sie nicht sein.
Keine der im BT vertretenen Parteien hat eine Position zu Corona im Wahlprogramm. Das ist kurzsichtig.
Und ja, natürlich soll uns die Pandemie nicht die ganze Legislaturperiode beschäftigen, aber diese Strategie, den Kopf bei Corona in den Sand zu stecken wird nicht aufgehen.
1) Die #Bundesnotbremse mit ihrem Bezug auf Inzidenzen in der Gesamtbevölkerung wird wie ein Thermostat die Inzidenzen bei 100 oder 165 halten.
Je mehr Erwachsene geimpft sind, desto mehr verlagert sich das Geschehen in die Kinder. Spitze der Welle kurz vor der Wahl.
Noch mal was versöhnliches zum Abend. Wir sind uns an ganz vielen Stellen einig liebe #Allesdichtmachen . Nicht im Ton, aber in der Sache.
Die Einschränkungen nerven, die Masken nerven, die Kontakte fehlen, wirtschaftlich nervt es ganz viele.
Und: ich will auch keine Angst.
Und die Gemeinsamkeiten gehen weiter: Die Regierungen könnten besser kommunizieren. Wir könnten mal einen Plan haben, ein Ziel, ein Ende. Nicht nur impfen irgendwann. Nein, HIER, JETZT, ICH.
Und noch mehr: Ich will nicht Nachrichten und Podcasts hören und denken: Oh, mein Gott. Noch eine Variante, noch eine Hiobsbotschaft, noch mehr Angst. Ich will nicht mehr.
Die Pandemiebekämpfung hat etwas offenbart, was ich bisher so nur in anderen Ländern verortet hatte:
"Mir doch egal, wer unter mir Kanzler ist und regiert" sagte der Lobbyist.
Ich komme an den Punkt, dass die Demokratie in ihrer bisherigen Form dem Bürger nicht mehr dient und der Bürger auch weit weniger Einfluss hat, als das sein Stimmengewicht von 1:84 Mio denken ließe.
Die #Bundesnotbremse ist an Zynismus nicht zu überbieten. Sie erreicht das Gegenteil von dem, was sie erreichen soll.
Der Reihe nach.
Die #Bundesnotbremse soll die Zahlen senken. Das wird sie nicht, weil die beschlossenen Maßnahmen für eine Inzidenz über 100 nicht ausreichen, #B117 einzudämmen. Warum man das mit Sicherheit sagen kann? Weil das im Januar und Februar ausprobiert wurde.
Aber Jan-Feb sind doch die Zahlen gefallen!
Ja, die vom damaligen Wildtyp. #B117 ist unter den Bedingungen auf das Problem gewachsen, das wir jetzt haben. Das wird es auch weiter tun.
Wir haben einen ganz guten Impffortschritt und Ende Juli haben alle Erwachsenen, die wollen eine erste Impfung. Vielleicht 80%.
Bezogen auf Erwachsene und Kinder sind das dann zwei Drittel der Bevölkerung.
Die Bundesnotbremse hält bestenfalls die Inzidenz bei 100, darunter gibt es keine Maßnahmen. Die Länder werden nicht weiter senken, das haben sie monatelang bewiesen.
Nur weil alle Parteien die Pandemie in ihrem Bundestags-Wahlkampf ignorieren: Wir sind im September nicht fertig.
- Es sind noch nicht alle, die wollen, vollständig geimpft.
- Noch gibt es keine Kinderimpfstoffe. Die für die ganz kleinen sind auch eher noch weiter weg.
- Um die Nichtgeimpften (Kleinkinder) zu schützen, brauchen wir weiterhin eine Niedriginzidenzstrategie.
- International sind die meisten Länder dann noch nicht durch.
- Es können immer noch Immunescape-Varianten auftreten.
- Wir müssen über Wiederaufbau mancher Branchen reden.
- Wir haben dann immer noch kein IfSG, dass ein gleichartiges Debakel verhindern würde.
- Wir haben dann immer noch keine Reservehaltung für Schutzausrüstung aller Art.