Ein paar Gedanken zum Thema "Wohnungskonzerne" enteignen: Die öffentliche Hand kann sich das Geld problemlos zu niedrigen Zinssätzen leihen, und die Mieten dürften höher sein als die Zinsen.
Dazu kommt dann die Tilgung, wobei das letztlich genau dasselbe ist wie Geld auf die hohe Kante zu legen, und dann kommen die Kosten für Instandhaltung, Bewirtschaftung und Abschreibung, die von außen schwer zu kalkulieren sind.
Ich sehe zwei Hauptrisiken: Zum einen, dass sich die Zinssituation ändert, zum anderen, dass die Wohnungen leerstehen oder die Mieten gesenkt werden müssen, weil Leute abwandern oder so viele bessere Wohnungen neu gebaut werden, dass die Bestände für Mieter unattraktiv werden.
Letzteres halte ich für sehr unwahrscheinlich bis ausgeschlossen. Berlin ist die deutsche Hauptstadt, und dass in Berlin die Preise oder Mieten fallen werden, ist doch sehr unwahrscheinlich.
Dass die Zinsen steigen, wäre eher möglich, vor allem, wenn die Inflation steigt, aber durch Inflation verlieren auch die Schulden an Wert, insofern spielt das keine Rolle bzw. kann sogar vorteilhaft sein, wenn die Kredite mit Swaps vorteilhaft abgesichert sind.
Mit Swaps zur Zinssicherung hatte Berlin aber in der Vergangenheit beim Flughafen keine so glückliche Hand, weil die Zinsen weiter gefallen sind und die Swaps damit einen negativen Barwert hatten, also man ohne die Rollercoaster-Swaps besser gefahren wäre, aber dafür hätte man...
...Geld gespart, wenn die Zinsen gestiegen wären. Die anderen Risiken, die ich sehe wären, dass der Senat irgendwas dabei komplett verkackt, aber im Finanzsenat sitzen so ziemlich die größten Brains, die der Senat hat; im Vergleich dazu schienen mir die meisten anderen...
...Senate vergleichsweise amateurhaft. Bewirtschaftet würden die neuen Bestände ohnehin von Wohnungsbaugesellschaften, und ich würde die Bestände am ehesten auf die bestehen Gesellschaften verteilen, so dass Synergien mit existierenden Beständen geschaffen werden ...
...indem die Wohnungsbaugesellschaften jeweils räumlich möglichst zusammenhängende Bestände erhalten, so wie man das bisher auch gehandhabt hat. Eventuell könnte es auch Sinn machen, ein bis zwei neue Wohnungsbaugesellschaften ins Leben zu rufen.
Ich habe seinerzeit im Beteiligungsausschuss die Geschäftsführer bzw. Vorstände aller sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften kennengelernt und bin über Jahre alle Bilanzen und Geschäftsberichte durchgegangen, ...
...und hatte das Vergnügen, die Chefs grillen zu dürfen, und sowohl das Personal wie auch die Bilanzen waren ok, Sorgenkinder gab es nicht, wobei es schon Unterschiede bei der "Spritzigkeit" der Führung gab, und einige Gesellschaften finanziell besser dastanden als andere, ...
...aber ich würde nicht in Frage stellen, dass diese Leute das gewuppt kriegen würden. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass nicht nur die Wohnungsbestände, sondern vielleicht auch Personal übernommen wird.
Mein Fazit: Wenn ihr der Meinung seid, dass es gut wäre für Berlin, wenn die Mieten langsamer steigen, könnt ihr ohne allzuviel Angst mit ja stimmen. Ja, es gibt Risiken, aber Wohnungen in Berlin zu kaufen gehört eher zu den weniger riskanten Vorhaben, und letztlich ...
...wären diese "Enteignungen" Immobilienkäufe, wobei der Verkäufer zum Verkauf gezwungen und ein fairer Preis festgesetzt wird, der vermutlich in vielen Instanzen gerichtlich überprüft werden wird, falls man sich nicht einigt, ...
...aber wofür die Verkäufer nicht entschädigt werden, sind eventuelle zukünftige Wertsteigerungen und Spekulationsgewinne, die ihnen entgehen, weshalb die Wohnungskonzerne nicht so begeistert sein dürften.
Kurzum: Es wird Berlin nicht ruinieren und auch die finanziellen Spielräume nicht Stadt nicht wesentlich einschränken, wenn die neuen Bestände genauso vernünftig verwaltet werden wie die bisherigen Bestände.
Ich habe noch den Rat eines Freundes meiner Eltern im Sinn, der auch 1968 mit einem Koffer Habseligkeiten aus Prag geflohen ist und sich seitdem ein riesiges Vermögen aufgebaut hat: "Immobilien verkauft man nicht. Man lässt die Kredite von Mietern abbezahlen und kauft dann dazu."
Ich selbst bin mit dem Rat ganz gut gefahren. Keine Ahnung, warum der Senat dagegen ist, eigentlich sollte er sich über ein "Ja" freuen, aber ich wundere mich bei dem Senat aus überwiegend unfähigen Politikdarstellern über nichts mehr. Stimmt einfach mit ja, ist gut für Berlin.

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12 Sep
Mir hat ein CDU-Ministerpräsident mal gesagt, vor Wahlen würde er sich rechtsradikal geben, um die Stimmen der Rechten mitzunehmen, und dann bis zur nächsten Wahl seine pragmatische Politik der Mitte durchziehen. Gerade die rechtsextremen Wähler seien nicht allzu helle, ...
...wären mit ein paar Sprüchen leicht abzuholen und würden sich nach der Wahl ohnehin nicht für echte Politik interessieren. Ich war mir nicht sicher, ob ihn das jetzt sympatischer und unsympathischer macht und ob das vielleicht eine "Doppellüge" war,..
...also er, wie er vorgab, wirklich ein Mann der Mitte war, der gelegentlich den Rechtradikalen mimte, oder tatsächlich ein Rechtsradikaler, der privat vorgab, keiner zu sein und so seine derben Äußerungen etwa zu Asylsuchenden zu verleugnen.
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11 Sep
Generell wird das Potential von motorisierten Zweirädern als Verkehrsträger in Deutschland von der Politik komplett unterschätzt. Sie sparen Verkehrsfläche, Energie und Rohstoffe, selbst mit Verbrennungsmotor, und wer vom Auto aufs Motorrad umsteigt, tut mehr für die Umwelt…
…als jemand, der auf ein Elektroauto umsteigt. Mit dem elektrifizierten Motorrad dagegen kommen nicht mal Busse und Bahnen mit, was Nachhaltigkeit und Energieverbrauch angeht, und innerhalb der Stadt ist es die beste und billigste Individualverkehrsoption, billiger als der ÖPNV.
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11 Sep
Das hier zeigt mal wieder, wie lebensfremd die Leute im Berliner Senat sind. Bezeichnend auch, dass hier ein nicht existierendes Problem gelöst werden soll, natürlich auch wieder, ohne Mittel dafür aufzuwenden. bz-berlin.de/berlin/aus-fue…
Gut, als Motorradfahrer bin ich hier alles andere als neutral, aber Motorräder und Motorroller sind auch Energie- und Verkehrsfläche sparende und günstige Mobilitätsoptionen für viele Menschen, die man eigentlich in einer Großstadt fördern sollte.
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6 Sep
Habe heute mit einem Bürgeramt in Prag interagiert. Spontan einen Termin bekommen, war dann zu früh da, bin trotzdem sofort drangekommen. Für einen Berliner immer wieder eine schockierende Erfahrung, dass Interaktion mit der Verwaltung anderswo funktioniert.
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Read 20 tweets
4 Sep
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3 Sep
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