Ja, die AfD ist ca. seit 2018 ausmobilisiert. Aber die Ausmobilisierung geht einher mit Normalisierung & Verfestigung. Hinzu: Die AfD steht 2021 ggü. 2017 deutlich stärker markiert in der extrem rechten Ecke & bleibt im Osten dennoch auf hohem Niveau stabil. /1
Dabei zeigen sich klare Unterschiede. Rostock bestätigt schwache AfD-Zustimmung, im WK Potsdam bleibt AfD einstellig, in Thüringen gewinnt sie trotz (eher: wegen) Höcke, in Sachsen bleibt der Graben zwischen Stadt & Land tief, in MV auch, hinzu dort schon immer Diff zw. M & V. /2
Es bleibt am Ende ein Befund, der in der Ostdeutschlanddebatte oft zu kurz kommt, das Nord-Süd-Gefälle innerhalb des Ostens, die politische Kultur "Miteldeutschlands" mit ihren spezifischen, oft CDU-geprägten Regionalkulturen. /3
Und es sind die drei CDU-Verbände, die über Jahre die Tür nach rechts weit offen hielten und halten. Besonders bitter ist dabei das Aufholen von Thüringen ggü. Sachsen, der Feind der Thüringer CDU steht links und lässt rechts, siehe Maaßen, alle Maßstäbe verrutschen. /4
Kurzum, die Stärke der Afd im Osten lässt sich im Hier & Jetzt u.a. mit dem Handeln bzw. mangelnder Abgrenzung der CDU vor Ort begründen. Aber eben auch aus der sehr langen Geschichte. Die Hochburgen der "rechtskonservativen" DSU 1990 sind vielfach die Hochburgen der AfD 2021. /5
Was heißt das? Die Erfolge der AfD im Süden! des Ostens sind auch ein Kind der letzten Jahre der DDR, die nicht in der Lage war, rechte Einstellungen zu bekämpfen & der CDU nach 1990, die nicht willens war dies zu tun, weil der Feind links stehen muss. /6 gegenblende.dgb.de/++co++68c9b324…
Was es jetzt braucht? Eine schonungslose Debatte, über die Rolle der CDU, über den ostdeutschen Diskurs, über die tiefen Wurzeln des rechten Denkens im Osten, über die politische Kultur vor Ort. Ohne Abwehrhaltungen und dem ewigen mitgemeint fühlen. /7
Was es hingegen definitiv nicht mehr braucht, ist ein kollektives ostdeutsches "Wir", dass sich wieder beleidigt und mitgemeint in die Debatte wirft, das hilft niemandem, als letztes demokratischen Kräften im Osten selbst. Dafür ist der ostdeutsche Erfahrungsraum zu disparat. /8
Weil nur meckern nicht hilft: 100 Seiten Analyse & Diskussion von Auswegen aus dem ostdeutschen Dilemma von mir. Wäre schön, wenn manch' Debattenteilnehmende mal zur Kenntnis nähme, was in der Regierungskommission zu vielen Debatten führte. Open Access. /9 campus.de/e-books/wissen…
Der #Osten ist erst verloren, wenn wir aufhören für diesen zu kämpfen. Aber kämpfen heißt schonungslose Analyse, nicht gefühliges Ost-Verständnis. Und es heißt Differenz, um zu sehen, wo und was besser läuft im Osten. Weil wir den Osten nur im Osten demokratisch gewinnen. /Ende
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Historisch-politisches Halbwissen mit Indizienketten am Limit von @philwitt zu den #Grünen, #Esoterik und #b2908. [Manche Themen sind womöglich doch besser bei Historiker:innen aufgehoben.] Warum? Ein Thread. spiegel.de/politik/deutsc…
Ja, #Anthroposophie, #Esoterik usw. hat auch Anknüpfungspunkte nach rechts – aber eben auch nach links. An ihren Ursprüngen, insbes. der Lebensreform, gab es völkisches Denken. Und ebenso Anarchisten, friedensbewegte Jugend, Emanzipation, Kommunard:innen, den Wandervogel usw. /1
Ja, auch am Anfang der #Grünen standen auch später völkisch abdriftende #demeter-Bauern wie Baldur #Springmann (gern interviewt von Stern, konkret (!), etc.). Es waren die Grünen selbst, die dieses Milieu im Gründungsprozess aus der Partei drängten.
Begreifen wir die Bilder an der #B96 in Sachsen als Produkt politischer Kultur (und deren langer Beharrungskraft), dann kommen wir nicht umhin, über #Sachsen als spezifischen Resonanzraum zu reden, über rechte Hegemonien, politische Ignoranz + wichtige Versuche der Gegenwehr. /1
Dass heißt, alles muss auf den Tisch, das Wegsehen von Politik, die Geringschätzung politischer Bildung, Sachsenstolz, Chauvinismus, Einstellungsmuster, Verantwortlichkeiten. Und ein Scheinwerfer, auf jene, die sich trotz dessen wehren. /2
Dass das wenig kuschlig wird, hart in der Sprache + Analyse, muss dann auch sein. Das aber hat nichts mit #Sachsenbashing zu tun, sondern mit der Notwendigkeit, Tacheles zu reden. Mir jedenfalls ist es in Sachsen außerhalb der üblichen Kreise die #B96 betreffend viel zu ruhig. /3
Einige Anmerkungen für die #Wahlanalyse heute Abend zur #LTW19, aus Erfahrungen vergangener (missglückter) Versuche. #LTWThüringen (Thread).
/1 Die Wähler von Björn Höcke sind keine „Protestwähler“, sie wissen, wen Sie wählen und sie tun es zum größten Teil aus Überzeugung! Siehe etwa Interview mit Matthias Quent: neues-deutschland.de/artikel/112537…
/2 Björn Höcke ist kein „Rechstpopulist“, Björn Höcke ist ein Faschist, der von politischen Säuberungen träumt. zeit.de/politik/deutsc…