Großbritannien kriegt seine Autos nicht betankt. Das kannten wir in diesem Jahr nur von den USA, als das Abrechnungssystem der Colonial-Pipeline gehackt wurde und die Ölversorger daher den Tankstellen den Hahn abgedreht haben.
Als Argumente für Kapitalismuskritik oder Heraufbeschwören von „Peak Kapitalismus“ eignet sich das nur bedingt, denn generell sind Märkte resilienter und effizienter als Pläne, aber ohne Plan geht es halt auch nicht, …
…und der Brexit ist genau genommen auch kein „kapitalistisches“ Vorhaben, sondern ein protektionistisches, und wenn ein Staat in kurzer Zeit 1 Mio. Arbeitskräfte vertreibt, braucht er einen Plan, das zu kompensieren, und offensichtlich gab und gibt es keinen Plan dafür.
1 Mio. Arbeitskräfte ist mehr doppelt so viel, wie die UK im zweiten Weltkrieg an Menschen verloren hat, inklusive der Kronkolonien, und höchstens 1/3 der Jobs der vergraulten konnten bisher besetzt werden.
Der Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt ist aber schwierig messbar, weil es kaum möglich ist, die Folgen von Brexit und Covid auseinander zu halten. Unter dem Strich ist die britische Wirtschaft seit Covid etwas weniger geschrumpft (~2%) als in Deutschland (~3%), aber…
…beide sind aktuell auf ihre BIP-Werte von 2017 zurückgefallen. Die deutsche Wirtschaft war aber seit 2015 bis 2019 über 7% gewachen, die britische „nur“ 5-6%, so dass wahrscheinlich ein negativer Brexit-Einfluss da ist.
Rund 1 Mio. offene Stellen sind doppelt so viel wie 2010-2012, und rund 250.000 mehr als vor der Pandemie, trotz 2% niedrigerem BIP.
Zusammengefasst: Der britischen Wirtschaft geht es nicht so schlecht, wie die Bilder von leeren Regalen und Tankstellen gerade suggerieren, aber ein negativer Einfluss des Brexit ist klar messbar, und speziell nach Covid ist es wichtig, …
…so schnell wie möglich, auf Vor-Covid Wachstum und BIP zurückzukehren, und das könnte in Großbrittanien im weiteren Verlauf auch durch fehlende Arbeitskräfte deutlich erschwert werden, wenn auch nicht dramatisch.
Bei all den Zahlen ist auch zu beachten, dass Covid-Tests und Impfungen und Behandlungen auch zu einer Steigerung des BIP geführt haben, vermutlich irgendwo bei 0,5-1%. Das ist halt das Problem mit dem BIP als Kennzahl: Die Beseitigung von Gesundheits- und Umweltschäden ….
…lässt das BIP steigen, ihre Vermeidung nicht, so dass wir eigentlich andere, bessere Kennzahlen bräuchten, um die Güte der Wirtschaft zu vergleichen, die es im Prinzip auch gibt, aber das BIP ist im Bewusstsein der Politik nach wie vor die dominierende Zahl, zusammen…
…mit der Arbeitslosenquote, die aber seit Jahren bei uns nicht mehr so im Fokus der Politik steht wie früher, weil sie seit 20 Jahren rückläufig ist, unterbrochen nur vom Anstieg in 2009 als Folge der Finanzkrise und jetzt durch Corona vom 5% in 2019 auf nun 6% gestiegen ist.
Alles in allem sehen die fundamentalen Wirtschaftsdaten nicht so dramatisch aus, wie man angesichts einer globalen Pandemie vermuten würde, wobei unklar ist, wie sich alles langfristig auswirken wird, insbesondere, inwieweit die Lieferengpässe bei Gütern und Vorstoffen und …
…auf dem Arbeitsmarkt sich niederschlagen werden. Nach der Finanzkrise hatte sich die globale Wirtschaft unerwartet schnell erholt, aber es gibt Zweifel, ob das nach Corona auch der Fall sein wird, wobei es durchaus Anzeichen dafür gibt.
Zudem droht China gerade, in eine Krise zu fallen, die die Weltwirtschaft massiv durcheinander wirbeln könnte, wobei ich die Verlagerung von mehr Produktion in Länder, die weniger Umwelt- und Sozialdumping betreiben, nicht schlecht fände.
Es ist auch an der Zeit, dass die Inanspruchnahme von Biosphärenkapazität und Entnahme von Rohstoffen angemessen bepreist und in der Wirtschaftsbilanz berücksichtigt wird. Ein Land, dass etwa primär Rohstoffe durch Entnahme aus nicht regenerativen Quellen „produziert“ …
…und diese unter dem „wahren“ Preis verkauft, hat effektiv eine negative Wirtschaftsbilanz und lebt von unwiederbringlicher Substanz. Schlimmer noch, durch Treibhausgasemissionen werden Kosten einfach der ganzen Welt aufgebürdet.
Womit wir bei dem Problem wären, dass wir rund vier mal so viel Treibhausgase ausstoßen, wie uns zusteht, und Deutschland auch noch CO2-Schulden in Höhe von 92 Mrd. t hat, und jedes Jahr 650 Mio. t dazukommen.
Wir müssen also nicht nur von 650 auf 80-160 Mio. t runter, sondern unsere bereits emittierten 92 Mrd. t aus der Atmosphäre rausholen, um unsere CO2-Schulden zu begleichen. Bei hundert € pro Tonne wären das 9.200 Mrd, das dreifache unseres Bruttoinlandsprodukts.
Es ist erstaunlich schwierig, auf eine Zahl zu kommen, wie viel CO2-Emissionen unsere Erde so verkraftet, denn je mehr wir emittieren, umso mehr nehmen die Meere und das Land auf, und der Rest bleibt in der Atmosphäre. Derzeit emitieren wir rund 12GtC/Jahr, entsprechend 32Gt CO2.
Ein CO2-Budget von 1t CO2/Jahr/Kopf wären 8 Mrd. t/Jahr, bei 2 t pro Kopf 16 Mrd. t/Jahr, was nicht einmal ausreicht, um die aktuellen Emissionen aus Landwirtschaft und Landnutzungsänderugen abzudecken.
1 t CO2 reicht zudem bei Leistungsportlern gerade mal zum atmen. Der deutsche Wald absorbiert pro Jahr 120 Mio. t CO2, aber wir dürften das Holz zu 1/3 nicht verbrennen und möglichst nicht oder so verrotten lassen, dass der Kohlenstoff gebunden bleibt, um atmen zu können.
Um also unsere CO2-Schuld abzubauen, müssten wir 700 Jahre alles Holz aus deutschen Wäldern ernten und einlagern, und 1000 Jahre lang, wenn wir dabei allein atmen wollen. Essen ist da noch nicht drin.
Wir müssen uns also echt was einfallen lassen, denn für 83 Mio. Menschen hat die deutsche Biosphäre nicht die Kapazität, selbst wenn wir auf 1t CO2/Kopf/Jahr reduzieren würden, was ich nicht für machbar halte.
Wir kommen aus meiner Sicht nicht umher, aktiv CO2 aus der Atmosphäre zu holen, wenn in Deutschland mehr als 10-20 Mio. leben sollen. Das wäre das Limit, wenn Deutschland unter einer Kuppel wäre, wir fleißig Bäume verbuddeln und alle als Bauern ohne Maschinen und Dünger leben.
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Ich hätte gerne von der Politik eine Zielbeschreibung, wo wir eigentlich am Ende hinwollen, 2050 und danach, und ich finde den Begriff der CO2-Neutralität sehr problematisch. Menschenliches und tierisches Leben ist nicht CO2-neutral.
Die Zahl der Menschen in Deutschland lässt sich kaum steuern, die Zahl von Haus- und Nutztieren schon eher, aber beides ist politisch schwierig. Man kann halt mit Steuern und Abgaben die Haltung verteuern und Subventionen streichen, aber das entscheidet die EU.
Auf jeden Deutschen kommen also 2,1 Hühner, 1/3 Haustier, 1/3 Schwein und 1/7 eines Rindes, die hier gehalten werden. Wenn wir jetzt alle in kleinen Bauernhöfen leben würden, fände ich ein Rind, zwei Schweine und zwölf Hühner für eine sechsköpfige Familie jetzt nicht übertrieben.
"Die [] Regierung [] indes teilte mit, es gebe keinen Mangel an Kraftstoff. Die Bürger müssten nur damit aufhören, Panikkäufe zu tätigen und wieder nur so viel tanken, wie sie benötigten. Dann werde sich die Lage wieder beruhigen." Mal nachrechnen. spiegel.de/wirtschaft/soz…
Rund 30 Mio. britische Autos verbrauchen im Jahr 40 Mrd. Liter Diesel und Benzin, rund 22 Tankfüllungen a 60 Liter, alle 17 Tage eine. Tanken alle Briten an einem Tag voll, braucht es an dem Tag so viele Tankwagen wie sonst in 17 Tagen.
Die Tankstellen lagern wohl typischerweise Vorräte für 2-3 Tage, die wahrscheinlich 10-20% der 30 Mio. Autos volltanken können. Mit anderen Worten: Wenn 20% der Leute an einem Tag tanken gehen, sind alle Tankstellen leer. Am nächsten Tag können aber nur ...
Dieser Thread bestätigt meine Vermutung, dass ein Grund für den Erfolg der FDP bei jungen Leuten ist, dass alle anderen Parteien von vielen jungen Leuten als Verbots-, Gängelungs-, Stillstands- und Hochsicherheitsrentnerparteien wahrgenommen werden.
Des weiteren war die FDP länger nicht dabei in einer Bundesregierung, und als junger Mensch habe ich immer Oppositionsparteien gewählt.
Tatsächlich halte ich in Deutschland auch den liberalen Gedanken für stärkenswert, und von der FDP kann man zumindest erwarten, dass sie sich gegen mehr staatliche Überwachung und Gängelung einsetzt.
Keine Ahnung, was sich UK von diesen Visa für Lkw-Fahrer verspricht, aber LKW-Fahrer sind gerade überall auf der Welt gefragt, und ich würde den Teufel tun und da hin zurück gehen, wenn ich wg. Brexit rausgeworfen worden wäre. Oder Corona. abcnews.go.com/International/…
Mir tun die intelligenten und weltoffenen 48% der Briten leid, die sich das von 52% Dummköpfen und Chauvinisten haben einbrocken lassen. Mit Autarkie als Wirtschaftskonzept ist Hitler schon gescheitert, und es gibt seit Jahrzehnten in allen Ländern Jobs, für die sich …
…nicht genug Einheimische finden, weil sie zu unattraktiv sind. Im Grunde genommen begrüßenswert, wenn jetzt Fahrer besser bezahlt werden, aber man hätte halt vor Jahren Leute ausbilden müssen, undes konnte ja keiner ahnen, dass wenn man “Ausländer” rauswirft, sich…
Habe jetzt das Ergebnis gesehen, und ich bin mehr als positiv überrascht. Die vierteilige Mini-Serie wird ab 7. Oktober weltweit als "The Billion Dollar Code" auf Netflix anlaufen. imdb.com/title/tt153921… Der Trailer wird dem Ergebnis nicht wirklich gerecht.
Nach meiner Meinung haben Oliver Ziegenbalg und Robert Thalheim und letztlich die ganze Truppe da einen wirklich guten Job gemacht. Aus einer superkomplizierten Geschichte, die ich ehrlich gesagt nicht wirklich für verfilmbar gehalten hatte, ist echt gute Unterhaltung geworden.
Es ist eine Dramatisierung, und die Charaktere sind kondensiert, aber die Geschichte an sich und viele Fakten kommen ziemlich gut rüber, und an vielen Stellen ist wahre Liebe zum Detail sichtbar, die sich auszahlt.
In der Debatte um Geschwindigkeitsbegrenzung wurde mir öfter die Legitimität meiner persönlichen Präferenz abgesprochen, und dass jede noch so kleine Einsparung jetzt wichtig sei. Hier daher ein paar weitere Potentiale, mindestens 1 Mio t. CO2 einsparen könnten:
- Joggen verbieten: 2 Mio t
- Fussballspielen verbieten: 2-3 Mio. t
- Pferde verbieten: 2 Mio. t
- Rinder verbieten: 20 Mio. t
- Fleisch verbieten: 25 Mio. t
- Hunde verbieten: 30 Mio. t
- Ein Braunkohlekraftwerk neutralisieren: 30 Mio t.
- Autos verbieten: 50 Mio. t
Das sind überwiegend grobe Schätzungen, aber die Größenordnungen sollten stimmen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob und wo Methanäquivalente mit drin sind. Und ja, es ist etwas anderes, nur „Beschränkungen“ einzuführen als etwas komplett zu verbieten, aber…