Erscheint nur mir die Geschichte um #Reichelt etwas nebulös? Ist da mehr, oder ist es einfach genau das, was wir gerade in der Presse lesen können? Egal, wo man politisch steht: Er hat offenbar in einem Konzern, der ihm nicht gehört, Sexualpartnern Karrierevorteile verschafft,...
...und das ist mindestens Korruption zum Schaden des Konzerns. Völlig unabhängig davon, für wie verwerflich man es hält, wenn ein Chef Sex mit Mitarbeiterinnen hat. Der Chef und die Sekretärin, der Arzt und die Krankenschwester, das sind alles nicht nur Filmtrope,...
...sondern akzeptierte Normalität. Vor dem Internet wurden 2/3 aller Ehen in der Firma angebahnt, und aktuell dürfte es noch immer ein erheblicher Teil sein, und Affären in der Firma sind jetzt auch nicht Unerhörtes.
Insofern halte ich eine gewisse Vorsicht für geboten, wenn man Dinge beurteilt, die einvernehmlich zwischen Erwachsenen stattfinden. Ich kenne #Reichelt nicht, aber nach dem, was ich von und über ihn lesen konnte, scheint er mir kein guter Mensch zu sein, ...
...und es gibt gute Gründe, ihn für ein Arschloch zu halten, wobei er in meinem Weltbild nichts dafür kann, dass er ein Arschloch ist. Niemand kann etwas für seine mangelhafte Erziehung, aber das schützt ihn nicht vor den Folgen.
Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass hier auf der einen Seite ein Konzern steht und auf der anderen Seite ein Individuum, und das Individuum hat jetzt ausgedient, weil es nicht so funktioniert, wie der Konzern es braucht.
Dass das Individuum #Reichelt Karrieren und Sex verknüpft hat, dürfte im Rahmen einer Schaden/Nutzen-Abwägung aus Sicht des Konzerns verkraftbar gewesen sein, so lange es nicht öffentlich bekannt war - das legt jedenfalls die Historie der Ereignisse nahe.
Mit anderen Worten: So lange es nicht in der Öffentlichkeit war, hat der Konzern seine sexuelle Korruption einfach toleriert, denn er hat wohl einen akzeptablen Job gemacht, wie man hört, und wenn es nicht öffentlich geworden wäre, hätte er noch seinen Job.
Dass die Geschichte, die zur Entlassung führte, von der amerikanischen Konkurrenz gebracht wurde, in deren Markt sich Springer gerade breit macht, nachdem sie in Deutschland unterdrückt wurde, macht das Ganze alles spektakulärer...
..., aber der Fakt an sich ist nicht ungewöhnlich und zeigt zugleich Probleme mit Medienkonzentration in Deutschland.
Unter dem Strich hält sich mein Mitleid für #Reichelt in Grenzen, aber ihn zu verteufeln lenkt eher von seiner Rolle als Funktionär eines Konzerns ab, der ja all das überhaupt erst ermöglicht und ihm sein Spielfeld geboten hat.
In meinem Weltbild, das auf Kausalität, Zufall und Bedürfnissen basiert, sind Agenten nicht frei in ihrem Handeln; es ist bestimmt von internen und externen Faktoren und vom Zufall, und jeder Einzelne von uns, auch #Reichelt, ist unbedeutend und nicht frei in seinem Wollen ...
...Denken und Handeln. Das schützt ihn allerdings nicht vor den Folgen seines Handelns, und weil er sich nicht ausreichend selbst kontrollieren konnte, hat jetzt äußere Kontrolle stattgefunden. Das alles läuft automatisch ab, angetrieben durch Entropie bzw. Geldbedarf.
Mit anderen Worten: #Reichelt ist weg, weil der Konzern ausgerechnet hat, dass er zukünftig dem Geldverdienen mehr im Weg stehen als nützen wird. Ein Konzern ist ein funktionärs-gehosteter Algorithmus mit Kapital, und der Algorithmus hat einen defekten Funktionär ausgewechselt.
Hat #Reichelt jetzt die Welt bereichert mit originären Ideen, guten Geschichten oder einsichtsvollen Analysen? Oder war er hauptsächlich Organisator eines Konzerns und Vertreter seiner Interessen, so dass seinen Äußerungen grundsätzlich zu misstrauen ist?
Ich habe ihm zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und kenne ihn nicht gut genug, um ein qualifiziertes Urteil über ihn abzugeben, aber ich wusste lange Zeit gar nicht, dass er Bild-Chef ist, denn seine Äußerungen auf Twitter kamen mir oft so kindisch bemüht und eindimensional vor,..
...dass ich ihn lange für einen belanglosen Internettroll gehalten habe und eher unterschätzt haben dürfte. Keine Ahnung, wie weit seine öffentlichen Handlungen von Konzerninteressen oder vom eigenem Charakter und eigenen Prinzipien geprägt waren, aber ...
...Reichelt scheint versucht zu haben, sich und die Bild mit vielen fragwürdigen Kampagnen zu profilieren, darunter die unwürdige gegen @c_drosten, und hat nach meinem oberflächlichen Eindruck die Seriösität von Bild eher gesenkt - wie auch die Auflage.
Er war halt jung, für einen Bild-Chef, 16 Jahre jünger als Diekmann, und damit wohl eher der Mann für Online-Zukunft, aber da fehlt mir ein seriöser Einblick. Wie auch immer, manchmal hilft es mir, meine Gedanken hier auszubreiten,...
...um etwas selbst besser zu verstehen. Dass das hier so viele lesen können, hilft mir, meine Gedanken kritisch zu reflektieren und eine qualifiziertere Meinung zu bilden, und das Feedback hier finde ich auch überwiegend bereichernd. Vielen Dank dafür!
Die völlig andere Dimension, nämlich, ob sein Verhalten Opfer produziert hat oder es sich einfach um ein einvernehmliches Geschäft zwischen erwachsenen Leuten handelt, lässt sich aber einfach beantworten: Opfer sind mindestens diejenigen, die bei Beförderungen übergangen oder ...
...gar gefeuert wurden, weil sie keinen Sex mit dem Chef wollten. Das kann man nicht wegdiskutieren. Da, wo es zum einvernehmlichen Sex gekommen ist und sich Karrierevorteile manifestiert haben, finde ich es komplizierter.
Auf der einen Seite kann man nicht ausschließen, dass einfach gegenseitige Attraktivität ein wichtige Rolle spielte, und seine "Dates" alle pauschal zu bezichtigen, dass sie durch Sex ihre Karriere zu fördern oder einen Karriereknick vermeiden wollten, ist zu pauschal.
Da es in dem Fall aber eine Reihe von "Dates" zu geben scheint, die schlecht über ihn reden, wird er wahrscheinlich zu viele zu schlecht behandelt haben, und das aus einer Machtposition heraus, die er jetzt los ist. Das eine, oft genug wiederholt, führte zum anderen.
Julian #Reichelt ist für mich kein Opfer von wokeness, sondern ein reicher Angeber, dessen unzureichende Selbstkontrolle und sozialen Defizite ihn bei Bekanntwerden untauglich für einen wichtigen, öffentlichkeitswirksamen Job in einem Konzern gemacht haben. Kann jedem passieren.
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Finde, @Apple-Produktvorstellungen werden immer peinlicher. Die neuen Macbooks jetzt mit echten Funktionstasten, HDMI-Port und Magsafe. Wie vor 2017. Hurra! Für wie blöd haltet ihr eure Kunden eigentlich?
Und was wird jetzt aus der Touchbar? Wo sie allmählich anfängt, Nutzen zu entfalten, obwohl die Umsetzung so schlecht ist? Mit miesem Ansprechverhalten und -verzögerung, schlechtem Kontrast und fehlendem Feedback? Statt einer besseren Touchbar also wieder Tasten?
Das ist für mich Kapitulation und Rückschritt, denn die Touchbar hatte Potential. Und wieso schlägt sich das nicht im Preis nieder? Und dass es nicht mehr Hauptspeicher oder Plattenplatz als beim Intel-MBP gibt, ist kein Problem, aber auch kein Anreiz, umzusteigen.
@pia_lamberty@JRehborn Geistes- und Kulturwissenschaften sind oft politisch, werden gern von der Politik instrumentalisiert oder dienen zur Legitimation politischer Entscheidungen und haben historisch auch viel Unheil angerichtet, etwa bei Rassentheorien, Eugenik und Euthanasie, und die ...
@pia_lamberty@JRehborn ...ganzen "Therapien" wie Elektoschocks und Lobotomie sind auch nicht vergessen. Dazu die Reproduzierbarkeitskrisen, und man braucht sich eigentlich nicht wundern, wenn Geistes- und Kulturwissenschaften oft wenig Vertrauen genießen und Ergebnisse politisch angegriffen werden.
@pia_lamberty@JRehborn Ich denke aber, es gibt Fortschritt, und wir verstehen zunehmend besser, wie Menschen allein und in Gruppen funktionieren und wie sich das Geschlecht auswirkt. Problem ist aber, dass viele dieser Erkenntnisse unser Weltbild so sehr in Frage stellen, dass es für ...
@interromm@avibarzeev@artcom@me_CRE The movie is a movie, so it had to follow movie logic and simplify and make things. Regarding @avibarzeev article, I also thought it was just a case of parallel discovery, until Michael came to Berlin and told me his story, and one of the things he told me is that he added ...
@interromm@avibarzeev@artcom@me_CRE ...hierarchical texture paging to Performer because Terravision had it, while we back then thought, what the heck, if we had known Performer was going to have texture paging, we could have saved ourselves a lot of work, but actually Michel said he did it because we'd done it ...
@interromm@avibarzeev@artcom@me_CRE ...and showed it to him. Also there has never been bad blood between me and Michael, and if you read the court transcripts or other sources, neither I have ever said anything bad about Michael nor did he about me. I talked to him after the trial, and he told me about ...
Nach meinen Kalkül haben Grüne und FDP #Legalisierung seit langem im Programm, und für die SPD dürfte eine Verhinderung jetzt kein Herzensanliegen sein, aber wer weiß. Ich fürchte nur, dass wir die Umsetzung mit deutscher Regulierungswut schlimmer verkacken könnten als Kanada.
Das Problem ist, dass in dem Moment, wo klar ist, dass es eine Legalisierung geben wird, das Chaos losbricht, weil damit die Verfolgung von Cannabisbesitz - und handel praktisch unmöglich wird, und zwar, bevor es ein Gesetz gibt.
Wer dennoch "erwischt" wird, kann davon ausgehen, dass bis er rechtskräftig verurteilt ist, eine neue Rechtlage existiert und er nach dem milderen Gesetz behandelt werden wird, auch wenn die Tat vor Inkrafttreten erfolgt ist.
Diese Befreiung von der Hundesteuer in Berlin ist doch sehr fragwürdig. Ein Hund produziert in 12 Jahren nicht nur 1 t Kot und 2 t Urin, sondern 8 t CO2 und verursacht damit über 1000€ Umweltschäden und Entsorgungskosten pro Jahr. swr.de/wissen/co2-fus…bz-berlin.de/berlin/befreiu…
Dass ich als Nicht-Hundebesitzer jetzt dieses wohl grundrechtswidrige Steuergeschenk für Rentner bezahlen darf, nervt mich weniger als die Vorstellung, dass ich Bürokraten finanzieren soll, die das bearbeiten, während Leute fehlen, um Auto oder Wohnsitz umzumelden.
Aber die Berliner haben diese Leute wiedergewählt, funktionierende Verwaltung scheint ihnen nicht so wichtig zu sein. Oder es ist der Mangel an Alternativen. CDU und FDP sind in Berlin nach meinem Eindruck nicht weniger schlimm und inkompetent als Rot-Rot-Grün - im Gegenteil.
Die Nazis waren gegenüber anderen so rücksichtslos, dass sie sich damit oft selbst geschadet haben. Insbesondere führte es dazu, dass sie die Wirtschaft der besetzten Länder so plünderten, dass diese nicht mal in der Lage waren, die eigene Bevölkerung nur annähernd zu ernähren.
Schlimmer noch, auch in Deutschland lief durch Preiskontrollen, zu niedrige Kraftstoff-, Dünger-, Zugtier-, Fahrzeug- und Personalzuteilungen und das Plündern der Saatgutreserven die Landwirtschaft im Krieg schlecht. Selbst in Deutschland wurde rationiert, aber die Rationen...
..reichten immerhin zum Überleben. In den besetzen Ländern dagegen sind nicht nur Millionen Menschen verhungert, sondern 90-95% der Bevölkerung waren so unterversorgt, dass sie faktisch kaum arbeitsfähig waren.