In der gestrigen Ausgabe von #hartaberfair zeigte sich am Beispiel der Philosophin SF, dass selbst ansonsten intelligente Menschen nicht in der Lage zu sein scheinen, „Freiheit“ in einer Gesellschaft zu denken. Freiheit ist für sie der kindische Wille des Einzelnen. 1/
In diesem Sinne frei war Robinson Crusoe auf seiner Insel. Der konnte da tun, wie es ihm beliebte. Der brauchte auf niemanden Rücksicht zu nehmen und konnte aufbleiben, solange er wollte. Komischerweise fühlte er sich gerade auf der Insel wie ein Gefangener. 2/
Normalerweise leben Menschen aber in Gemeinschaften, „der Gesellschaft“. Obwohl einige Neoliberale selbst das leugnen („There is no such thing as Society“, Margaret Thatcher). In einer Gesellschaft lässt sich Freiheit aber nur auf zwei Arten denken: 3/
Die Freiheit der Neoliberalen ist in der Gesellschaft nur elitär denkbar, d.h. Es haben nur einige darauf Zugriff, weil auf der linken Spur eben nicht für alle Platz ist. Dieser elitaristische Freiheitsbegriff wird häufig mit angeblicher „Leistung“ als Gerechtigkeit verbrämt. 4/
Konsistent lässt sich Freiheit aber nur denken, wenn alle sie gleichermaßen haben. Und dann braucht man Regeln, um zwischen vielen Mitgliedern der Gesellschaft ein Miteinander auszuhandeln. In der Gesellschaft wird Freiheit durch Regeln überhaupt erst denkbar. 5/
Alles andere ist Barbarei, „Urzustand“, wie es bei Thomas Hobbes heißt. Wenn man diese, durch Vernunft ermittelten und demokratisch legitimierten Regeln mit der Begründung ablehnt, sie würden die persönliche Freiheit beschneiden, hat man noch sehr viel Denkarbeit vor sich. 6/
Es nervt zunehmend, dass ein Teil der Gesellschaft offenbar nicht bereit ist, diese Denkarbeit zu leisten und sie auch von anderen nicht akzeptiert. 7/7
Einen ähnlichen Denkfehler machen Neoliberale übrigens beim so genannten Wettbewerb: Der kommt durch Regulierung überhaupt erst zustande, vorher ist es das Recht des Stärkeren. Wer meint, jegliche Regulierung würde den Wettbewerb einschränken, hat das Prinzip nicht verstanden.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Anlässlich des bezeichnenden Falles von Armin Laschet hier einige Gedanken zum Stand der Demokratie in Deutschland: Denn das Politikverständnis des Armin Laschet hat mit Demokratie im eigentlichen Sinne nicht viel gemein. Das erklärt auch sein aktuelles Verhalten recht gut. 1/
Demokratie ist gedacht als Wettkampf der unterschiedlichen Ideen, wie man die Gesellschaft gestalten sollte. Verschiedene Bewerber präsentieren ihre jeweiligen Ideen, von denen sie meinen, sie könnten der Gesellschaft nutzen, und die Gesellschaft entscheidet dann. 2/
Das ist nicht die Vorstellung des Armin Laschet. Die einzige Idee, die Armin Laschet präsentiert, ist er selbst. Er wirkt dabei eher wie ein Feudalherr, der an seinem Fürstenhof herrscht und seine Untertanen gut behandelt, solange niemand (m/w/d) ihn in Frage stellt. 3/
CN: Rant.
Die sog. Konservativen gehen mir nur noch auf den Geist. Ich bin Anwalt, ich bin von Natur aus konservativ: Ich bin für die Einhaltung der Gesetze, für die Erhaltung der Natur, für Recht und Ordnung. Die, die sich heute „konservativ“ nennen, sind das Gegenteil. 1/11
Diese „Konservativen“ rufen nach immer höheren Strafen, aber nur, wenn es mutmaßlich um andere geht. Wenn sie selbst auch nur einen Bußgeldbescheid wegen zu schnellen Fahrens bekommen, schreien sie nach dem Europäischen Gerichtshof. 2/11
Diese „Konservativen“ wettern ständig gegen zu viel Staat, sind aber die ersten, die den Staat in Anspruch nehmen wollen, wenn ihr Laden nicht mehr läuft. In Wahrheit schieben sie sich dabei das Geld nur gegenseitig zu. Gesellschaftliche Solidarität halten sie für Schwäche. 3/11
Aus gegebenem Anlass einige Worte zum "gesunden Menschenverstand": Dieser Begriff suggeriert, dass es sozusagen axiomatische Auffassungen gibt, die als letzter Grund keiner weiteren Begründung bedürfen, sondern von jedem eingesehen werden müssen. 1/8
Diese Idee ist uralt und zieht sich seit der Antike durch die Denkgeschichte. Sie wird von eigentlich allen totalitären Herrschaftsformen bemüht - aber nicht nur von diesen - um Vorrechte zu begründen, die sich aus dem Gesetz oder der Denklogik heraus nicht begründen lassen. 2/8
Der Begriff "gesunder Menschenverstand" wurde in Deutschland insbesondere von Immanuel Kant geprägt, der damit aber etwas völlig anderes gemeint hat. Kant meinte, dass es Anschauungen gebe, zu denen jeder Mensch gelangen müsse, wenn er nur seine Vernunft benutze. 3/8
Über diese Pressemitteilung der Polizei Hamburg wurde sich aus meiner Sicht noch lange nicht genug aufgeregt. Der Eindruck, der hier erweckt werden soll, ist rechtlich schlicht falsch, und das finde ich bei einer Pressemitteilung der Polizei schon bemerkenswert. 1/
Im Text heißt es unter anderem: "Klar ist, dass die Polizei ihrem gesetzlichen Auftrag Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen nachkommen muss." Liebe Leute, das ist nicht nur nicht "klar", es ist schlicht falsch. 2/
Jeder polizeiliche Eingriff muss eine Rechtsgrundlage haben und verhältnismäßig sein. Dies muss erkennbar geprüft werden und es gehört zur Aufgabe der Polizei, auch einmal gerade nicht einzugreifen - z. B. dann, wenn der Eingriff zwar unverhältnismäßig wäre. 3/
Aus gegebenem Anlass, roter Sauce und überhaupt, erkläre ich Euch heute mal, was eine Beleidigung ist. Spoiler: Es genügt nicht, dass sich jemand beleidigt fühlt. Dies ist zwar notwendige Voraussetzung, nicht aber hinreichend für den Tatbestand der Beleidigung. 1/
Inhalt jeder Beleidigung ist der Ausdruck der Missachtung gegen einen anderen. Zutreffende Tatsachenbehauptungen und wertneutrale Bezeichungen sind jedenfalls keine Beleidigung. Begriffe wie "Schwuler" oder "Jude" sollen danach keine Beleidigungen sein. 2/
Davon soll es Ausnahmen geben, und jetzt wird es schon arg schwierig. So sollen solche Äußerungen doch Beleidigungen sein können, wenn sie "in rassistischem Zusammenhang und diskriminierender Absicht" gesprochen werden oder der Bezeichnung eine abwertende Konnotation zukommt. 3/
Wo ich gerade dabei bin, hier noch einige Worte zu der derzeit unvermeidlichen Lisa Eckhart:
Ich habe als Jugendlicher immer Dieter Hildebrandt geguckt. Der hat meistens großartige Sachen gesagt, aber ich habe nie darüber gelacht, und er hat sie wohl auch nie witzig gemeint.
1/
Genervt haben mich damals schon die Zuschauer, die bei bestimmten Themen (heute würde man "Buzzwords" sagen) wie auf Kommando gelacht haben. Das war wohl eher aus tief empfundener Erleichterung, dass jemand offenbar ihrer Meinung war und die auch noch geäußert hat.
2/
Ich kann mir vorstellen, dass es bei Lisa Eckhart auch viele Zuschauer gibt, die deshalb lachen. Denn witzig ist auch Lisa Eckhart nicht. Es gibt aber einen anderen, wesentlichen Unterschied zu Dieter Hildebrandt: Dessen Stilmittel waren die verschiedenen Formen der Ironie.
3/