So sieht Berichterstattung auf Corona-Märschen aus. Unter dem Hashtag #AusgebranntePresse erzählen Kolleg*innen über ihre Situation. Was ich allein 2021 erlebt habe - von Angriffen mit Pfefferspray bis zu Morddrohungen. Ein Thread!
Auf den Aufmärschen sind Angriffe mittlerweile die absolute Regel. Versuche, mich physisch zu attackieren, Pfefferspray, Wurfgeschosse, etwa volle Bierdosen und Flaschen. Ich kann seit Monaten nur mehr mit Sicherheitsteam und Schutzausrüstung berichten.
Im September wirft ein Mann gezielt eine volle Bierdose in meine Richtung. Bei der Einvernahme sagt er, er wollte mich am Dokumentieren hindern. Dennoch wird das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
In sozialen Medien kursieren immer wieder Morddrohungen gegen mich. Im September wird deshalb in Innsbruck eine Frau rechtskräftig verurteilt. Der Urheber ist bisher nicht gefunden.
Im Mai decke ich Terror-Chats von Corona-Leugner*innen auf, die bereits Anleitungen zum Bau von Bomben tauschen und überlegen, wie sie Waffen aus Kasernen stehlen können. In den geheimen Gruppen finde ich dutzende Male meinen Namen oder Bilder von mir. bonvalot.net/das-sind-die-t…
Meine Seiten in sozialen Medien werden gezielt unter Beschuss genommen. Hier ist zu sehen, wie buchstäblich im Minutentakt neue Beschimpfungen hinzukommen. Die meisten Drohungen - auch Morddrohungen - verfolge ich inzwischen aus Zeitgründen nicht mehr.
Das ist nur eine kleine Auswahl. Doch so sieht derzeit die Berichterstattung von Corona-Aufmärschen aus. Was wir brauchen, ist vor allem Unterstützung für freie Journalist*innen, etwa aus einem Pool, der von Medienhäusern finanziert wird.
Was für viele freie Journalist*innen besonders dringend notwendig wäre: Mittel für ihre Arbeit, für rechtliche Unterstützung (auch für personelle Ressourcen zur Dokumentation von Drohungen), für Schutzausrüstung, für Training und auch für die psychische (Nach)Bearbeitung.
Die Polizei braucht offensichtlich dringend Training im Umgang mit Journalist*innen. Teil des Problems ist, dass die Polizei selbst regelmäßig die Berichterstattung behindert. Ich führe deshalb laufend Maßnahmenbeschwerden, allein derzeit sind es drei.
Viele Medien nützen die Arbeit von freien Journalist*innen. Das ist okay und gut. Danke! Im Gegenzug bitte ich um die Solidarität der Kolleg*innen. Manche Medien aber stehlen Bilder und Videos. Das geht so nicht. Künftig wird nicht nur per Brief eingefordert, sondern geklagt.
Für alle, die meine Arbeit unterstützen wollen - vielen Dank schon jetzt dafür! ❤️ Bitte macht das nur, wenn ihr es euch selbst leisten könnt!
Die Arbeit auf den Aufmärschen ist inzwischen brandgefährlich. Ich verdanke meinem Team, dass ich noch nicht verletzt wurde. Aufhören ist dennoch keine Option.
Wir können und dürfen niemals zulassen, dass extreme Rechte entscheiden, wann, wo und wie über sie berichtet wird. //
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Wie ist das jetzt wirklich mit der Kriminalitätsstatistik und den Menschen aus Afghanistan? Ich bin nicht nur Journalist, sondern auch ehrenamtlicher Bewährungshelfer. Sehen wir uns das also konkret an. Vorweg: Viele Medienberichte sind leider wenig zu gebrauchen. Thread! 1/
Was wir zu Beginn wissen müssen: Junge Männer sind generell jene Bevölkerungsgruppe, wo es die größte Deliktanfälligkeit gibt. Egal, ob muttersprachlich Deutsch, Englisch oder Dari. Das zeigen alle Statistiken, es hat viel mit problematischen männlichen Rollenbildern zu tun. 2/
Unter den geflüchteten Menschen aus Afghanistan sind viele, die als unbegleitete männliche minderjährige Flüchtlinge gekommen sind. Das ist bei anderen Fluchtgruppen etwas anders, etwa Familien aus Syrien - eventuell, weil es geographisch näher liegt, aber das nur nebenbei. 3/
Warum nicht alle Corona-SchwurblerInnen und Querdenker Nazis sind. Warum die Unterscheidung wichtig ist. Und warum die Bewegung gerade deshalb für die extreme Rechte zentral – und für die Zukunft so gefährlich ist. Das wird jetzt ein wenig länger, aber es ist wichtig. Thread. 1/
Wir dürfen uns nicht täuschen: Extreme Rechte stellen den Kern der Corona-Mobilisierungen. Sie organisieren Märsche, stellen RednerInnen, geben Parolen vor, ihre Kader sind mit Bannern Teil der Aufmärsche. In einschlägigen Social-Media-Kanälen sind ihre Plattformen dominant. 2/
Die gesamte extreme Rechte von FPÖ und Strache über die neofaschistische Gruppe "Identitäre" und die Küssel-Neonazis bis zu rechten Fußball-Hooligans und Qanon-VerschwörerInnen ist Teil der Corona-Mobilisierungen. Das sind nicht nur vereinzelte Figuren, sie sind alle dabei.
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Thread! Nach dem Mini-Aufmarsch der neofaschistischen Gruppe Identitäre am Sonntag in Wien ist mir ein extremer Rechter gefolgt. Insgesamt ist er knapp 1,5 Stunden hinter mir her. Offenbar wollte er herausfinden, was ich tue und wo ich wohne. Warum und wie gefährlich das ist. 1/x
Ich habe am Sonntag live über die Situation berichtet und vor allem den absurden Aspekt betont. Ich lasse mich nicht einschüchtern und werde mich nicht einschüchtern lassen. Gleichzeitig ändert mein persönlicher Zugang nichts an der potentiellen Bedrohung für JournalistInnen. 2/x
KollegInnen berichten mir, dass der Typ auch sie nach rechten Aufmärsche bereits verfolgt hätte. Eine solche Verfolgung durch extreme Rechte kann mehrere Funktionen haben: Einschüchterung, Bedrohung und Informationsgewinn, etwa Verhaltensmuster und vor allem die Wohnadresse. 3/x
1) Donald Trump hat die Wahlen in den USA wohl verloren, aber dennoch einen gewaltigen relativen Sieg eingefahren. Das betrifft nicht nur den Ausgang von Kongress- und Senatswahlen, sondern vor allem die enorme Zahl von Popular Votes. Ordnen wir das ein!
2) Bereits jetzt steht Trump bei 72,367,357 Millionen Stimmen (CNN, 12.11., 15.48h), Biden bei 77,572,972. Die Auszählung ist nicht beendet. Das ist ein substantieller republikanischer Zugewinn im Verhältnis zu vergangenen Wahlen.
3) Sehen wir uns den Vergleich an: 2016 gewann Trump mit 62,985,106 Stimmen. Das bedeutet, dass Trump heute um rund 15 Prozent mehr Stimmen bekommen hat als bei seiner erfolgreichen Wahl 2016.
Am Freitag gehe ich gegen die Polizei vor Gericht. Ich wollte die Verhaftung eines Antifaschisten bei einem rechten Aufmarsch dokumentieren. Polizisten haben mich gewaltsam gehindert. Ab Freitag beginnt das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien.
Der Polizist wird nun vor Gericht erklären müssen, warum er mich während der Verhaftung mehrmals wegstößt und abdrängt. All das ist auf einem Video dokumentiert. Es ist ist nicht das erste Verfahren, das ich gegen die Polizei führen muss - es wird nicht das letzte bleiben. 2/
Einer meiner Fälle liegt etwa aktuell beim Verwaltungsgerichtshof, dem obersten Gericht. Und gerade bereiten wir bereits die nächste Maßnahmenbeschwerde vor, die in den nächsten Tagen vor Gericht eingebracht werden wird.
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Thread! Sellner droht mir mit Klage! Was ist passiert, warum macht er das, wie könnt ihr helfen?
Seit Jahren sind meine Recherchen der neofaschistischen Gruppe Identitäre ein Dorn im Auge. Nun glaubt IB-Gesicht Sellner, endlich einen Grund für eine Klage gefunden zu haben. ...
.. Sellners Anwalt hat mir eine Aufforderung geschickt, es geht um Medienrecht, üble Nachrede, Kreditschädigung. Ich solle eine Unterlassungserklärung unterschreiben, seine Anwaltskosten übernehmen und 2000 Euro an einen IB-nahen Verein überweisen. ..
.. Anlass ist eine Kundgebung der @sjwien am 7.3.2020. Dort hatte es eine Auseinandersetzung zwischen AntifaschistInnen und Identitären gegeben. Sellner meint nun, dass meine Berichterstattung nicht korrekt sei - das ist allerdings umstritten, sagt meine eigene Medienanwältin. ..