@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Hallo,

seit 18 Jahren arbeite ich nun als Heilerziehungspflegerin in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung.
Gerne möchte ich Ihnen die momentane Situation in unserem Wohnheim schildern, und die Maßnahmen, die seit einiger Zeit vorgeschrieben werden.
Ich betreue zurzeit 22 Menschen mit den unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Behinderungen. Ich liebe meine Arbeit sehr. Wir waren immer sehr darauf bedacht, dass unsere Bewohner so viel, wie möglich ein eigenständiges Leben führen.
Hierzu gehörte auch die Teilnahme am öffentlichen Leben (Schlagwort: Inklusion).

Seit dem 13. März 2020 ist dies nicht mehr der Fall.

Seit dieser Zeit sind diese Menschen im Wohnheim eingesperrt, möglichst in ihren Einzelzimmern.
Seit dieser Zeit fühle ich mich wie eine Gefängnisaufseherin und mir geht es mit dieser Art von Arbeit sehr schlecht. Meine Hauptaufgabe besteht im Moment darin, zu verhindern, dass unsere Bewohner menschliche Kontakte jedweder Art haben.
Sie dürfen sich nicht mehr gegenseitig in den Zimmern oder Wohngruppen besuchen, nicht mehr gemeinsam nebeneinander auf dem Sofa sitzen (Es wurde Klebeband angebracht, damit der Abstand eingehalten wird) und schon gar nicht mehr in den Arm nehmen!!
Und das, obwohl sie seit Wochen praktisch keinen Kontakt mehr zu Außenstehenden haben und hatten! Die beliebten kleinen Ausflüge zum Einkaufen oder Kaffee trinken sind tabu. Spaziergänge sind nur unter Aufsicht möglich.
Sollte ein/e Bewohner/in es doch schaffen einmal alleine einen kleinen Spaziergang zu machen, bin ich gezwungen diese/n zur Rede zu stellen und es ihm/ihr zu untersagen.
Seit dieser Zeit finden Kontakte zu den Angehörigen nur noch über Videotelefonie oder kurze Besuche an der Haustür mit genügend Abstand statt. Keine Umarmungen, keine Küsse, kein Knuddeln, keinerlei körperlichen Kontakt und schon gar keine Besuche zu Hause bei der Familie!
Seit dem 11.05 wurden „Lockerungen“ erlassen, die besagen, dass sie sich mit anderen Personen treffen dürfen, wenn sie anschließend 14 Tage Mund- u. Nasenschutz in den Gemeinschaftsräumen tragen.
Ich frage mich, wie ich das geistig behinderten Menschen erklären soll?

Seit dieser Zeit sehen unsere Bewohner/innen nur noch gesichtslose „Roboter“. Dank der Masken können sie meine Stimmungen nicht mehr am Gesicht erkennen. Da helfen auch keine bunten Muster auf den Masken.
Seit dieser Zeit darf ich sie nicht mehr in den Arm nehmen, obwohl sie gerade dies so sehr brauchen!

Mir wurde gesagt, dies geschehe doch alles zum Wohl unserer Bewohner. Wirklich?!?
Früher,vor Corona,war es nicht einmal möglich ohne richterlichen Beschluss ein Bettgitter anzubringen!Denn dies wäre ja, zu Recht, ein Fall von Freiheitsberaubung!

Und jetzt werden tausende von Menschen,die in einem Wohn- oder Pflegeheim leben,einfach so über Wochen eingesperrt?
Ja, dieser Virus ist ansteckend. Ja, diese Krankheit kann einen schlimmen Verlauf nehmen. Ja, für manche Menschen kann sie auch zum Tod führen. Aber das ist bei anderen Viren und Bakterien auch der Fall (so z.Bsp. der Noro Virus) Dieses Risiko gehört zum Leben dazu.
Aber ein erfülltes Leben bedeutet mehr als nur zu überleben: Gemeinsam lachen und weinen, sich in den Arm nehmen, füreinander da zu sein, sich liebhaben, eigene Entscheidungen zu treffen, aufeinander zu achten,seine Familie erleben und vieles mehr ….
Ja, gefährdete Personen gehören geschützt, aber alles mit rechtem Maß und Ziel! Und mir scheint, dass dieses Maß schon längst überschritten worden ist!
Ich erhebe meine Stimme für Menschen, die dies nicht tun können! Bitte denkt an die schwachen und kranken Menschen, aber so, dass das Leben lebenswert ist. Mit Herz und Verstand.
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16 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

NotSan 🚑 Bayern

Also mein fast Ausraster heute war: KH XXX, wir kommen grad mit Pat. an, da bringt die Aufnahmeschwester erbost ein junges Pärchen raus und schimpft sie aufs Übelste, dass das eine ansteckende Krankheit sei usw. und
wie sie überhaupt auf die Idee kommt, hier einfach in die Notaufnahme reinzuspazieren (O-Ton), daraufhin ist die Frau in Tränen ausgebrochen und hat gesagt, dass sie einen Abgang hat und es seit gestern nicht zu bluten aufhört und sie nun starke Schmerzen hat.
Sie „durfte“ dann ausnahmsweise rein, aber innen gings weiter - die Aufnahmeschwester hat sie fast angeschrieen, ob sie weiß, ob sie Delta oder Omikron hat (also muss sie wohl pos. gewesen sein) und noch einmal die Frage, wie sie überhaupt auf die Idee kommt,
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16 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitleserinnen und Leser,
Ich melde mich mit einem zweiten Beitrag.
Die Uhr tickt und nach über 35 Jahren Krankenpflege sind die Tage, die ich in meinem Beruf noch arbeiten darf absehbar.
Mit den ungeimpften Mitarbeitern wurde klar kommuniziert, daß im März entlassen wird. Die Situation im Krankenhaus, ein Maximalversorger, ist dazu geradezu surreal. Auf Intensiv liegen weniger Corona Patienten als im Sommer.
Krank mit Corona melden sich KollegInnen, die geimpft und geboostert sind. Kaum jemand hinterfragt die Bedeutung dessen, es heisst immer, glücklicherweise waren sie geimpft, sonst wäre es viel schlimmer gekommen.
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15 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Hi
Ich bin Gesundheits- und Krankenpflegerin; arbeite in der Intensivstation in Bayern.
Ich bin nicht gegen COVID-19 geimpft. Vor einem Jahr hatte ich einen symptomlosen Verlauf, lediglich der PCR Test war positiv.
Die Kontakte waren nicht infiziert und ich habe keinen Rückfall, bzw. ich wurde bis dato nicht erneut infiziert. Im Gegenteil, meine Antikörper erhöhten sich nach einem Jahr bis dato noch viel mehr und die Antikörper der Genesenen können sich bewiesen bis zu 20000- 30000 erhöhen!
Mir geht es genauso! Und damit die Immunität! Dagegen tut die Regierung so, als wenn die”Ungeimpften”( das Unwort des Jahrhunderts) ständig infiziert seien!
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15 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Hallo,
Ich bin 24 Jahre alt und seit über 3 Jahren Exam. GKP.
Ich arbeite hauptsächlich pädiatrisch.
Ich bin einmal geimpft und sogar genesen. Vermutlich habe ich eine sehr gute Immunabwehr. Dennoch soll ich mir diese Impfung geben lassen. Das möchte ich einfach nicht mehr. Es gibt genügend fachliche Gründe dagegen.
Wieso erlaubt die Politik keine Lymphozyten Transformations Tests um eine Immunität nachzuweisen ?
Wieso nur PCR und Impfung ?
Ich verstehe es zumindest nicht.
Es ist traurig wie selbst unter den Kollegen nur noch diffamiert wird.
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12 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Hallo Ihr Lieben,
ich melde mich bezüglich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fürs Gesundheitswesen.
Das diese kommt, war uns wohl allen klar.
Jedoch der Umgang damit, allem voran meine ich jetzt das Haus in dem ich NOCH arbeite, ist unter aller Sau.
Bis heute liegt kein offizielles Schreiben vor, noch wurden wir irgendwann zu einem Gespräch gebeten.
Stattdessen hat man betont, daß eine Nichtimpfung keinerlei Konsequenzen nach sich zieht und die individuelle Entscheidung respektiert wird.
Nun gut, die Gesetzeslage hat sich verändert, aber wie es in unserem Haus gehandhabt wird setzt jegliche Menschlichkeit außer Kraft.
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12 Jan
@Gesundheitswesen_in_der_Krise

Hallo zusammen, ich bin Ergotherapeut.

Bis Ende 2020 war ich als Leiter einer Tagesstätte für psychisch erkrankte Menschen in einem SPZ tätig.
Wir wurden täglich von 15 bis 25 erwachsenen Personen mit einer psychiatrischen Diagnose in unserer tagesstrukturieren Einrichtung besucht.
Täglich gab es zwischen 8 und 16:30 Uhr Beschäftigungs- und Therapieangebote (Ergotherapie, Kultur, Bewegung, Ausflüge, Spiel, Musik, Sport, Kino...), tägliche Kochgruppen mit Teilnehmern zur eigenen Versorgung, Frühstücksbuffet etc..
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