Thread by @prof_mayer

#Ukraine Mitglied in der EU?
Warum das schwierig ist & immer schwieriger werden wird. Oder: „Le nationalisme, c’est la guerre“. —

Die EU ist kein Buchclub. Möglichst schnell beitreten, womöglich im Eilverfahren, verkennt Natur & Funktionsweise der EU. —

Der Reihe nach: 1/17

Grundsätzlich kann nach Art. 49 EUV jeder europäische Staat Mitgliedschaft beantragen.

Alle bestehenden EU-Mitglieder müssen zustimmen.

2/17

Man muss als Kandidat die Art. 2 EUV-Werte achten und sich für ihre Förderung einsetzen.

Das ist schon ein ziemliches Programm: Rechtsstaat, Demokratie, Toleranz, Gleichheit zwischen Männern und Frauen und noch einiges mehr.

3/17

Das reicht aber nicht.

Seit 1993 nennen die „Kopenhagener Kriterien" weitere Beitrittsvoraussetzungen.

Insbesondere die funktionsfähige Marktwirtschaft. Wer das nicht real vorweisen kann kommt im gemeins. Binnenmarkt unter die Räder. 4/17

Beitrittsverhandlungen sind deswegen letztlich Verhandlungen darüber wieviel Übergangszeit Neu-Mitglied kriegt bevor alle Umweltstandards gelten, volle Freizügigkeit gilt usf. Das dauert, weil der gesamte EU Rechtsbestand durchgesehen & mit dem Kandidaten besprochen wird. 5/17

Verhandlungen sind das nicht wirklich. Die EU Kommission diktiert im Namen der Alt-Mitglieder die Bedingungen. Übergangsfristen können Jahrzehnte betragen. Warum das auf sich nehmen? Jenseits von „Wir sind auch Europäer“: für die UKR wäre das - wenn NATO versperrt bleibt - 6/17

...auch was mit Beistandspflichten: Art. 42 VII wird gerne übersehen. Gleichwohl: Es ist letztlich ein langwieriger, gelegentlich schmerzvoller, gleich wohl aber freiwllliger -Anspruch auf Beitritt gibt es nicht- Transformationsprozess. Den abzukürzen beschädigt beide Seiten 7/17

Wenn geopolitische Erwägungen Vorrang haben, konkret die Außenpolitiker sich durchsetzen (die oft von der Wirkweise der EU nicht alles verstanden haben, EU irgendwie für schlicht eine weitere Internationale Organisation halten) dann gehts schief. Beispiele der Vergangenheit: 8/17

Türkei, manche der Mittel/Osteuropastaaten ab 2004.

Und UKR? Bietet an div. Stellen Anlass zur Nachfrage. Rechtsstaat? Korruptionsindex... Funktionsfähige Marktwirtschaft? Jedenfalls nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins wird Wirtschaftsaufbau brauchen. Und: 9/17

Gibt noch einen anderen Aspekt unter dem Putin sich als derjenige erweist, der tragischerweise für die UKR den Abstand zur EU weiter vergrössert.
EU war & ist Friedensprojekt. Gegründet, die Exzesse des Nationalstaats, die übersteigerten Nationalismen in Europa, die ... 10/17

...nach 3 verheerenden Kriegen zwischen DE & FR & 2 Weltkriegen den Kontinent ins Verderben geführt haben, ein für allemal zu überwinden. Nicht den Nationalstaat selbst überwinden - seine Exzesse.
An den Bindungskräften des Nationalstaats kommt man noch lange nicht vorbei. 11/17

Aber übersteigerter Nationalismus geht in der EU nicht.

In diesen Tagen wird aber die UKR durch Putin in einen Hypernationalismus gedrängt. Mehr als für sein Land zu sterben geht nicht. Beim Kräfteverhältnis RUS-UKR kann man das nicht mehr nur mit Patriotismus ausdeuten. 12/17

Sollte am Ende UKR überleben, mit enormem Blutzoll für seine Souveränität, dann befürchte ich, dass es dauern wird bis man sich nach dieser nationalen Nahtoderfahrung in ein supranationales Gefüge unterordnen kann, in dem Unionsrecht Vorrang beansprucht, KOM & EP & EuGH ... 13/17

einem sagen können wo es lang geht. Vielleicht -hoffentlich- irrre ich mich. Aber ich erinnere mich gut an die Neumitglieder aus dem vormals russischen Machtbereich, schnell enttäuscht in der konkreten EU: man habe ja nur eine Union, UdSSR, durch die andere ersetzt, die EU. 14/17

Kann man ja so wahrnehmen. Dann bleibt man der EU aber besser fern oder tritt wie GB wieder aus. EU ist Freiwilligkeitsgemeinschaft. Das Friedensmotiv der europ. Integration nach dem 2, WK auf die UKR übertragen, würde im Übrigen bedeuten dass die UKR UND RUS sich in der EU 15/17

...wiederfinden, dort in zivilisierter Form Interessengegensätze austragen & statt junge Menschen auf Schlachtfeldern zu verheizen sich die Politiker in fensterlosen Räumen Verhandlungsnächte um die Ohren schlagen & man sich vor einem Europ. Gerichtshof rechtfertigen muss. 16/17

So ist es zwischen den vormaligen Erbfeinden DE und FR gelungen. Einen EU-Beitritt RUS halte ich für ausgeschlossen. Zu gross, zu anders.

Das gilt für UKR nicht. Irgendwann also: Vielleicht. Gleich, bald: Nein. Die Assoziierung ist zunächst das realistischere Thema.

END 17/17