Das bedeutet die „Verdachtsfall“-Entscheidung übrigens ganz praktisch für die AfD 🕵🏻♂️👇
Der Verfassungsschutz darf künftig die Kommunikation von wichtigen Akteuren der AfD heimlich mithören und mitlesen. Ein richterlicher Beschluss ist dafür nicht nötig. Die einzige externe Instanz, die zustimmen muss, ist ein kleines, höchst verschwiegenes Gremium…
Diese sogenannte G-10-Kommission – benannt nach dem Artikel 10 des GG, der eigentlich die Vertraulichkeit der Kommunikation schützt – tagt nur einmal alle paar Wochen in einem abhörsicheren Raum des Bundestages.
Remarkable: Die Kommission besteht aus nur 4 Mitgliedern, die ehrenamtlich arbeiten. Die derzeitigen Amtsinhaber sind von CDU, Grünen, FDP und SPD nominiert. Den Vorsitz führt der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Schmidt.
Als nächstes: Jobs für V-Leute. Das Geschäft „Verrat gegen Geld“ darf der Verfassungsschutz AfD-Leuten antragen, so wie er es bisher den Angehörigen von Neonazi-Kameradschaften oder den Mitgliedern von Islamistenzirkeln anbietet, um sie als Informanten anzuwerben.
Weil die AfD aber eine legale Partei ist, gelten Einschränkungen. Erstens: Parlamente müssen eine spitzelfreie Zone bleiben. Abgeordnete der Landtage, des Bundestags und des Europaparlaments sowie deren Mitarbeiter dürfen nicht angeworben werden.
Zweitens: Auch Personen, die keine Parlamentarier sind, aber „steuernden Einfluss“ auf die Partei haben, dürfen nicht als V-Leute angeworben oder geführt werden. Das betrifft graue Eminenzen, Ehrenvorsitzende, Parteideologen oder -propagandisten.
Hintergrund ist die Erfahrung mit der NPD. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es 2003 ab, die Partei zu verbieten. Denn: Einige Funktionäre mit „steuerndem Einfluss“ seien insgeheim V-Leute gewesen; die Radikalisierung habe sich der Staat womöglich auch selbst zuzuschreiben.
Das könnte der AfD schon zusetzen. Die bloße Angst vor der Unterwanderung durch Verräter „kann eine Szene verunsichern“, räumen Verfassungsschützer ein. Dies sei zwar nicht ein Ziel, das man verfolge. Aber es sei ein Nebeneffekt.
Finally - Verfassungsschutzbericht. Wer als „Verdachtsfall“ auf Extremismus gilt, der taucht ganz offiziell im jährlichen Bericht auf. Das gilt nun für die gesamte Partei mit ihren 30. 000 Mitgliedern.
Das ist eine sehr große Zahl. Das bedeutet auch: Die offizielle Zahl für das „rechtsextremistische Personenpotenzial“ in Deutschland laut Verfassungsschutzbericht wird sich demnächst auf einen Schlag fast verdoppeln.
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Was ist von einer Partei zu halten, in deren Grundsatzprogramm es heißt: „Ein multikulturelles Neben- und Gegeneinander führt zu Intoleranz, Ghettobildung und Gewalt“? Einer Partei, deren Chef die Migration als „Mutter aller Probleme“ bezeichnete? 1/6
Was lässt sich über eine Partei sagen, deren führende Vertreter die Flüchtlingspolitik Angela Merkels als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet haben – oder die gar ankündigten, sich „bis zur letzten Patrone“ gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren zu wollen? 2/6
Das sind Äußerungen, die nicht von der AfD stammen. Sondern von Politikern der Union, die in den vergangenen 16 Jahren den Bundesinnenminister gestellt hat. Die letzten zwei stammen sogar vom langjährigen Vorsitzenden der CSU, der zuletzt 4 Jahre lang Minister war. 3/6
So sieht eine Zelle für Kriegsverbrecher im Haager Vorort Scheveningen aus. 10,4 Quadratmeter. Und dies müsste geschehen, damit Herr Putin dort einzieht.
Kleiner Thread.
Der Internationale Strafgerichtshof @icc_cpi müsste Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einleiten. Check ✅ Chefankläger Khan hat genau dies gestern bekanntgegeben. Ermittlungen wegen Ukraine 2014 laufen ohnehin bereits.
Für Kriegsverbrechen/Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist Den Haag zuständig, da die Ukraine eine entsprechende „Unterwerfungserklärung“ abgegeben hat. Eine Mitgliedschaft Russlands beim Gerichtshof braucht es da nicht – anders als leider beim Vorwurf des Angriffskriegs.
Länder, in denen jede/r Angeklagte unabhängig vom Geldbeutel eine/n Anwält/in bekommen kann:
Viele Menschen hierzulande glauben: Wer angeklagt ist, bekommt auf Wunsch immer eine Verteidigung. Notfalls halt auf Staatskosten (oder zumindest so, dass der Staat die Kosten vorstreckt). So ist es ja auch in den meisten Nachbarländern.
Aber so ist es nicht. In Deutschland gewährt der Staat nur bei besonders schweren oder kniffligen Delikten eine sogenannte „notwendige Verteidigung“. Das trifft nur auf etwa 10 Prozent der Fälle zu.
Gestatten: Ramona J., 57 Jahre alt. Die gebürtige Hamburgerin bietet sich Männern auf dem Elendsstrich rund um den Hansabrunnen im Stadtteil St. Georg an, weil sie keine andere Möglichkeit sieht, ihre Drogensucht zu befriedigen. Verkehr 15 Euro. Oral 8 Euro.
Weil sie damit gegen eine in Hamburg geltende Sperrgebietsverordnung verstößt, landet sie regelmäßig vor Gericht. Und bekommt regelmäßig eine Geldstrafe aufgebrummt, die sie nur stemmen kann, indem sie wieder auf den Strich geht.
Viele Menschen glauben, Diebstähle, die aus Not heraus begangen werden, würden bei Gericht eher milder bewertet.
Leider kennen viele Menschen nicht die deutsche Regel des „gewerbsmäßigen“ Diebstahls.
Kleiner 🧵👇
Gestatten: Herr C., 50 Jahre alt, Wohnhaft im „Pik As“, einer Übernachtungsstätte für obdachlose Männer in Hamburg. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen Diebstahls dreier Rasierer (Gesamtwert 59,97 Euro) bei Rossmann.
Die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Deutschland war von 2 großen Lebenslügen geprägt. 1.: Im KZ habe es auch unschuldige Tätigkeiten gegeben. Nicht jeder Wachmann sei am Verbrechen beteiligt gewesen. Mit dieser Begründung…
…haben deutsche Strafgerichte jahrzehntelang darauf bestanden, dass einem KZ-Wachmann erst einmal individuell eine bestimmte Gewalttat nachgewiesen musste. Sonst könne es ja sein, dass er gar nichts Verbrecherisches getan habe.
Diese Sichtweise hat die Justiz erst 2011 hinter sich gelassen, in dem Münchner Urteil gegen den einstigen KZ-Wachmann im Vernichtungslager Sobibor, John Demjanjuk. Da war es freilich schon zu spät, um noch relevant zu sein für viele Tausend deutsche KZ-Wachleute.