Thread by @KF_SW_aktivism

Infoserie Sexarbeit & Medien, Folge 5:
Logikfehler & Unerfüllbare Erwartungen.
Außerdem geht's um die Frage der journalistischen Neutralität, den Begriff der Ko-Orientierung, 5 Jahre #ProstSchG sowie ein Positivbeispiel aus der aktuellen Berichterstattung.
Ein Thread.🧵
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Logikfehler & Unerfüllbare Erwartungen stelle ich als Teil von #PLURV vor. Schaut mal in die Grafik, da steht, was PLURV umfasst und bedeutet. In Folge 4 ging es auch schon um Pseudo-Expertise.
Logikfehler ist ein Sammelbegriff für Scheinargumente.
!B
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Dazu gehören
- Vereinfachungen
- Verzerrungen
- bewusst in-Kauf-genommene Mehrdeutigkeit
- Strohmann - Argument
- ad hominem Argument*
*ad hominem: auf die Person gerichtetes Scheinargument, das bewusst angreift.

Wie wird verzerrt und vereinfacht?
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Sexarbeit wird als Ursache von Gewalt dargestellt nicht als Folge von Armut & Kapitalismus & Migrationspolitiken.
Aussagen wie "S3xarbeit ist Vergewaltigung" verzerren sowohl den Begriff S3xarbeit als auch den Begriff Vergewaltigung.
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"Den Körper verkaufen" ist eine ebenso gängige, wie unzutreffende Vereinfachung von sexuellen Services.
Sexarbeitsaktivist*innen werden als homogene "Lobby" verzerrt dargestellt (Strohmann/ad hominem-Argument) um ihre Arbeit zu diskreditieren und sie unglaubwürdig zu machen.
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Komplexen Problemen (Armut, Missbrauch, Ausbeutung) wird mit vereinfachten Lösungen begegnet. Nun zum Ad-hominen - Argument:
Aktivist*innen & Verbündete für S3xarbeiter*innenrechte werden diffamiert (psych. krank,Ausnahmen, unmoralisch, egoistisch).
!B
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Das geschieht durch Angriffe auf Begriffe, Sprechweise oder aus dem Kontext gerissene Zitate und Aussagen.
Beim Strohmann-Argument werden Quellen/Personen mit einer Aussage in Verbindung gebracht und so angezweifelt. "Person A sagt XY und das ist falsch!"..
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das wird vereinfacht auf Person B übertragen, um B unglaubwürdig zu machen.
Nun zu Unerfüllbaren Erwartungen:
Alice, Inge und Manfred behaupten, dass Verbote, Bevormundung und Abwertung ein geeigneter Weg sind, die Lage von Sexarbeiter*innen zu verbessern.
Wtf? How??
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Der mediale Bestätigungsfehler arbeitet gegen Sexarbeitende. In Deutschland zielten Gesetze strukturell fast 100 Jahre darauf ab Prostitution unsichtbar zu machen und zu verdrängen. Für Journalist*innen & Gesellschaft ist das der Normalzustand.
Yet, we exist!
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Und fordern Arbeiter*innenrechte!
Das sollten die Medien thematisieren, statt Werbung für rückwärtsgewandte Verdrändgungspolitiken zu machen.
Retter*innentum, wie bei Manfred, Inge & Alice ist attraktiv für "die" Medien.
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Einfache Lösungen, die sich nice an den confirmation bias der Gesellschaft anschmiegen und leicht servieren lassen.
Komplizierte Sachverhalte (Ungleichheit | Fluchtbewegungen durch Krieg & Klima) müssen dann nicht aufwändig erklärt werden, sondern auf Sexarbeit abgewälzt.
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Das geschieht medial nicht offensichtlich, doch es durchzieht die Berichterstattung über Sexarbeit.
Pochen Medien auf both sides, erheben sie Hass & Diskriminierung zur Meinung statt sie einzuordnen! Dass sie darauf hereinfallen liegt am tiefverwurzelten Hurenstigma.
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Ausblick 2022: 5 Jahre #ProstSchG
Das ProstSchG jährt sich zum 5. Mal. Ich bin schon sehr gespannt (gähn) auf die Resümees und das mediale Fazit zu diesem Thema.
Meine Vermutung: die Berichterstattung wird sich an den Problemlagen orientieren, um dann zu schlussfolgern:
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"Das ProstSchG hat sein Ziel verfehlt."
Dabei fällt untern Tisch, dass das Gesetz selbst schon ein Verschieben der Torpfosten hin zu Repression statt Rechten war. Die Rechte von Sexarbeitenden wurden durch das Gesetz angegriffen, nie geschützt.
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Durch Ko-Orientierung (d.h. andere Medien schließen sich der Analyse eines sog. Leitmediums an) wird sich das verbreiten. Dabei wäre selbst denken angebracht!
Statt Ko-Orientierung: Analyse des #ProstSchG, aber wie?
3 Vorschläge:
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1.Journalist*innen könnten sich die Mühe machen, das ProstSchG in die Gesetzgebung zu Pr*stitution im 20. und 21. Jahrhundert einzuordnen. Nicht nur der (ausgelutschte Vergleich mit dem ProstG, sondern auch mit den Gesetzen des Kaiserreich, der Nazis und Nachkriegs-D.
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2.Die Berichterstattung könnte das ProstSchG in D mit progressiveren Ansätzen (Belgien/Australien/Neuseeland) vergleichen. Wie hat sich die Situation der Sex Worker*innen dort im Vergleich mit der Lage von Sexarbeiter*innen in D verändert?
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Statt das sexarbeitsfeindliche Framing "Das Gesetz reicht nicht aus, daher: härtere Gesetze!" der Antis zu bedienen, könnten vor allem Stimmen diverser Sexarbeitender ein Fazit des ProstSchG ziehen. Betonung liegt auf divers & heterogen.
#NothingAboutUsWithoutUs
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Ein paar Gedanken zu Neutralität im Journalismus über S*xarbeit. Journalist*innen sind sich, wenn sie über Sexarbeit & Prostitution berichten völlig im Unklaren darüber, dass ihre sog. Neutralität vor allem eins ist:
Pseudo- neutral und biased durch Hurenstigma.
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Die Berichterstattung in D wiederholt Slurs und Framings der Gegner*innen und bringt sich so aktiv gegen Sexarbeitende in Stellung. Das geschieht oft unbeabsichtigt, hat aber nichtsdestotrotz verheerende Auswirkungen für Sexarbeitende.
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Das kann angesichts der tiefverwurzelten Sexarbeitsfeindlichkeit leicht passieren:
Umso wichtiger, den sexarbeitenden Expert*innen zuzuhören wenn sie über Hurenstigma & Sexarbeitsfeindlichkeit sprechen und versuchen, eigene Biases zu überwinden.
Gerade im Journalismus.
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Zum Schluss ein aktuelles Positivbeispiel aus der Berichterstattung. am 18.3. berichtete die @jungewelt über Vorfälle von Menschenhandel unter Geflüchteten aus der Ukraine.
Das war ein solider Artikel, leider unter problematischer Überschrift.
!B
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Gestern hat die @jungewelt den Titel geändert. Danke dafür.
Warum war das nötig?
Sexarbeitende tragen weder Verantwortung für Krieg o. Flucht, noch für kriminelle Profiteure, die das ausnutzen. Solche Überschriften heizen aber die Debatte über Sexarbeit an.
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Eigentlich geht's nicht um Sexarbeit, sondern um defizitäre Flucht-Hilfen und mangelnde Strukturen bei der Verfolgung von Menschenhandel.
Z.pr. ist ein Kampfbegriff der Antis, solche Vorfälle sind Vergewaltigung und Missbrauch, keine Prostitution.
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Nun lautet die Überschrift: Menschenhandel und Ausbeutung. Der unrichtige Begriff Z.pr. ist weg.
Wäre toll, wenn zukünftig kein Clickbait auf dem Rücken von Sexarbeitenden betrieben wird. Und es braucht viel mehr Bewusstsein über Slurs + Agenda der Antis.
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Was daran so außergewöhnlich ist?
Redaktionen neigen bislang dazu, die Kritik Sexarbeitender zu ignorieren, oder es very both-side-istic besser zu wissen.
Es wäre gut, wenn solche Kritikfähigkeit Schule machen könnte, unter Journalist*innen und Redaktionen.

Hey @threadreaderapp, pls unroll.