Warum blieben Warnungen vor gefährlichen Abhängigkeiten und Klimaschäden durch Gasgeschäfte ungehört? Ein Grund: Die Bundesregierung hat sich über Jahre von der #Gaslobby umgarnen lassen. Ein 🧵 über die allzu engen Verbindungen zwischen Gasindustrie und deutscher Politik.👇1/17
Gut bekannt und mittlerweile viel kritisiert: Gerhard Schröder. Noch als Kanzler verhandelte er die erste Nord Stream-Pipeline, wenig später übernahm er Spitzenposten bei der Nord Stream AG, dem russischen Erdölkonzern Rosneft und – ab Sommer 22 – auch bei Gazprom selbst. /2
Schröder ist kein Einzelkämpfer, sondern steht im Mittelpunkt eines Netzwerks: Die Türen, die er öffnete, nutzte auch sein Freund und Kollege Matthias Warnig, Chef der Nord Stream AG. Allein zwischen 2015 und 2017 traf dieser sich 10x mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. /3
Und Gabriel war es, der als damaliger Wirtschaftsminister Nord Stream 2 voranbrachte – trotz Krim-Krise. Er genehmigte auch den Verkauf des größten deutschen Gasspeichers an Gazprom. /4 tagesspiegel.de/themen/agenda/….
Gazprom hat derweil über seine Tochterfirmen und Anteile an und Zusammenarbeit mit der deutschen Gasindustrie enorme wirtschaftliche Macht aufgebaut. Durch umfangreiches Sponsoring betrieb der Konzern zudem Imagepflege und schaffte zusätzliche Abhängigkeiten. /5
Gazprom war u.a. Hauptsponsor von Schalke04, offizieller Partner der UEFA und der Champions League. Das war gut fürs Gas-Geschäft: Am Spielfeldrand kommt man mit politischen Entscheidungsträger:innen manchmal schneller ins Gespräch als über einen Lobbytermin im Ministerium. /6
Andere Region, andere Partei: die „Baden-Connection“: Das Unternehmen Herrenknecht ist Weltmarktführer für Tunnelbohrer, u.a. zum Bau von Gaspipelines. Im Aufsichtsrat: der frühere CDU-Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger. Und bis vor Kurzem: Gerhard Schröder. /7
Beide sind Freunde von Russland-Lobbyist und Putin-Bekanntem Klaus Mangold. Der saß lange dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft vor. Dieser besteht aus in Russland aktiven deutschen Unternehmen – und kritisierte immer wieder Sanktionen gegen Putin. /8 wiwo.de/politik/europa…
Wenn CDU-Mitglied und Unternehmenschef Martin Herrenknecht Schützenhilfe gegen den Windkraft-Ausbau im Ländle brauchte, konnte er sich in seiner Partei auf Gasfreunde und Energiewendebremser Thomas Bareiß oder Joachim Pfeiffer verlassen. Er spendet der CDU außerdem regelmäßig.
Die Meck-Pomm-Connection: Die Ministerpräsident:innen Erwin Sellering und Manuela Schwesig haben über Jahre engste Beziehungen zu russischen Energiekonzernen gepflegt. Mit der fragwürdigen Stiftung Klimaschutz wollten sie Nord Stream 2 den Weg ebnen, vorbei an US-Sanktionen. /10
Eng mit der Hochschule Wismar kooperiert das von Clement gegründete Ost-Institut. Dessen „Russlandtag“ ist ein wichtiges deutsch-russische Lobbynetzwerk, das u.a. von Gazprom und anderen Gaskonzernen gesponsert wird – und von Schwesig protegiert. /11 ndr.de/nachrichten/me…
Ein weiterer zentraler Gaslobbyist ist Friedbert Pflüger. Der frühere CDU-Politiker betreibt über seine eigene Firma Lobbyarbeit im Auftrag von Nord Stream und anderen Gasunternehmen – und verleiht sich dabei einen wissenschaftlichen Anstrich. /12 lobbycontrol.de/2018/07/friedb…
Pflüger ist Aufsichtsratsvorsitzender bei dem Lobbyverband Zukunft Gas, der PR für die Gasindustrie betreibt. Im Beirat von Zukunft Gas sitzt auch Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energieagentur DENA, die dem Wirtschaftsministerium untersteht. lobbycontrol.de/2021/07/zukunf… /13
Die DENA verfasst Klima-Leitstudien, die u.a. von der Gasindustrie gesponsert und beeinflusst wurden. Die Studien sollen als Beratung für die Bundesregierung dienen. Gerade im Bereich Heizen fielen sie als auffällig gasfreundlich auf. lobbycontrol.de/2021/03/klimaf… /14
Im Wirtschaftsministerium öffnete auch Peter Altmaier der Gaslobby die Türen: Im Dialogprozess Gas 2030 über die Zukunft der Gasindustrie waren v.a. Unternehmen und Verbände aus der Gasindustrie beteiligt, während Umweltverbände keine Rolle spielten. /15 lobbycontrol.de/2020/12/wie-di…
Und Marion Scheller, Referatsleiterin im Bereich Energiepolitik im Wirtschaftsministerium wechselte gleich ganz zur Gasindustrie. Im September 2016 wurde sie Cheflobbyistin bei Nord Stream 2. /16 welt.de/politik/deutsc…
Fazit: Die Verbindungen zwischen Politik und Gaslobby liegen tief. Es ist gut, dass zumindest einige jetzt in der Kritik stehen und bereits bröckeln. Doch: Es braucht einen klaren Schnitt und Neuanfang in den Beziehungen zwischen Bundesregierung und Gasindustrie! /17 @bmwk
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Einige Lobbyakteure argumentieren mit dem Krieg in der Ukraine, damit Klimaschutzmaßnahmen zurückgedreht werden und legen alte Forderungen wieder auf den Tisch. Es ist problematisch, dass hier -wie schon bei Corona - zwei Krisen gegeneinander ausgespielt werden. Beispiele:👇1/5
Beispiel 1: Der Deutsche Bauernverband fordert, die europäischen Maßnahmen für gesündere und klimaschonende Landwirtschaft auszusetzen, um die Produktion angesichts des Ukraine-Krieges zu erhöhen. 2/5 dw.com/de/der-ukraine…
Beispiel 2: Die „Mittelstands- und Wirtschaftsunion“ (MIT) der CDU setzt sich zusammen mit 25 Wirtschaftsverbänden gegen neue EU Regelungen zu Sorgfaltspflichten ein, die Umwelt und Menschenrechte betreffen. 3/5 mit-bund.de/content/liste-…
Wer kennt noch Joachim Pfeiffer? Pfeiffer war von bis Frühjahr 2021 energiepolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion und bekannt als harter Bremser der Energiewende. Pfeiffer hat nun einen neuen Job: als Lobbyist. Warum das problematisch ist 👇 1/10
Die Vorgeschichte: Pfeiffer hatte während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter zahlreiche Nebentätigkeiten in Lobbyverbänden. So zum Beispiel im Wirtschaftsrat Baden-Württemberg und "Die Familienunternehmen", die beide u.a. gegen eine schnelle Energiewende lobbyierten. /2
Pfeiffer erschien regelmäßig zu den Energiepolitischen Gesprächen des früheren CDU-Politikers und heutigen einflussreichen Gaslobbyisten Friedbert Pflüger. Immerhin: Seinen Sitz im Beirat des kanadischen Erdöl- und Gasunternehmens Hydroma legte er im Dezember 2020 nieder. /3
Seit Jahren gewährt die CDU dem Lobbyverband Wirtschaftsrat privilegierte Zugänge – und verstößt damit gegen das Parteiengesetz. Trotz deutlicher Rechtslage will Parteichef #Merz die Sache weiter aussitzen - und riskiert damit wissentlich Rechtsbruch. Hier alle Updates dazu👇1/11
Der Wirtschaftsrat der CDU ist ein Wirtschafts-Lobbyverband, der trotz seines Namens formell gar nicht mit der Partei verbunden ist. Der Wirtschaftsrat fiel unter anderem für seine Lobbyarbeit gegen mehr Klimaschutz oder Menschenrechtspflichten für Unternehmen auf. /2
Mitglieder im Wirtschaftsrat sind u.a. Unternehmen aus den Bereichen Rüstung (u.a. Rheinmetall, KMW) oder fossile Energien (u.a. Shell, BP, Thyssengas). In den aktuellen Auseinandersetzungen in der Energie- und Rüstungspolitik haben sie einen direkten Lobbykanal in die CDU. /3
Wie viel geben Verbände und Unternehmen für Lobbyarbeit aus? Mit dem neuen #Lobbyregister können wir solche Fragen nun erstmalig beantworten, zumindest eine Untergrenze angeben: Es sind mindestens 550 Mio. Euro pro Jahr. Mehr dazu im Thread und hier: lobbycontrol.de/2022/03/was-da…
Betrachtet man die bisher eingetragenen Verbände ergibt sich folgende Rangliste bei den Lobbyausgaben. Die Versicherungswirtschaft führt, gefolgt vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Bei den Unternehmen führen die Autokonzerne das Ranking an. Insgesamt sind aktuell 2500 Lobyakteure eingetragen. Da ist immer noch Luft nach oben! Wer selbst recherchieren möchte: lobbyregister.bundestag.de
Ab morgen wird das #Lobbyregister "scharf" geschaltet. Wer ab dann Lobbyarbeit betreibt und sich nicht einträgt, verstößt gegen das Gesetz. Aktuell gibt es 2.300 Eintragungen. Die meisten DAX-Konzerne sind inzwischen dabei. Aber noch nicht alle, z.B. fehlen BMW und @Zalando 1/5
Wir erwarten insgesamt noch eine deutlich höhere Zahl an Eintragungen. Auch bei internationalen Konzernen gibt es noch große Lücken: Google, Meta/Facebook, Amazon, BP und Shell sind registriert - Apple, Gazprom oder Tesla noch nicht. 2/5
Über die umtriebige Agentur EUTOP hatten wir letzte Woche schon berichtet, da in ihrem Auftrag mehr als ein Dutzend Ex-Abgeordnete unterwegs sind. Nun hat sich die Agentur auch selbst eingetragen und nennt Kunden. Dazu bald mehr. 3/5
Gestern gab es einige Berichterstattung über den Wechsel von Greenpeace-Chefin Jennifer #Morgan ins Auswärtige Amt. Uns haben dazu viele Anfragen erreicht. Unsere Position zum Thema Seitenwechsel hier noch einmal zur Einordnung im Thread 1/14 👇
Wir wollen die Personalie Morgan inhaltlich nicht bewerten. Ob Frau Morgan geeignet ist und die Personalentscheidung klug war, sollen andere beurteilen und wird die Praxis zeigen. Aus lobbykritischer Perspektive haben wir dennoch einige Anmerkungen zu diesem Seitenwechsel. /2
Der Fall Morgan unterscheidet sich in zwei Punkten von anderen Seitenwechseln, die wir immer wieder scharf kritisieren. ▶️Es handelt sich um einen Wechsel in die Politik hinein und nicht aus der Politik heraus. ▶️ Der Wechsel erfolgt aus Organisation mit Gemeinwohlinteresse. /3