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Feb 10 14 tweets 2 min read
Gestern gab es einige Berichterstattung über den Wechsel von Greenpeace-Chefin Jennifer #Morgan ins Auswärtige Amt. Uns haben dazu viele Anfragen erreicht. Unsere Position zum Thema Seitenwechsel hier noch einmal zur Einordnung im Thread 1/14 👇
Wir wollen die Personalie Morgan inhaltlich nicht bewerten. Ob Frau Morgan geeignet ist und die Personalentscheidung klug war, sollen andere beurteilen und wird die Praxis zeigen. Aus lobbykritischer Perspektive haben wir dennoch einige Anmerkungen zu diesem Seitenwechsel. /2
Der Fall Morgan unterscheidet sich in zwei Punkten von anderen Seitenwechseln, die wir immer wieder scharf kritisieren. ▶️Es handelt sich um einen Wechsel in die Politik hinein und nicht aus der Politik heraus. ▶️ Der Wechsel erfolgt aus Organisation mit Gemeinwohlinteresse. /3
▶️1. Wechsel aus der Politik hinaus sind häufig problematisch, da Interessenkonflikte zwischen dem Amt und dem neuen Job auftreten können. Der Verdacht kann entstehen, dass Amtsträger:innen auf lukrative Anschlussjobs schielen. /4
Zudem sind es vor allem finanzstarke Unternehmen + Wirtschaftsverbände, denen es gelingt, ehemalige Minister:innen oder hohe Beamte anzuwerben. Nur sehr selten erfolgen solche Wechsel zu zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das stärkt die ohnehin finanzstarken Akteure. /5
Seitenwechsler:innen nehmen ihre im öffentlichen Amt erworbene Kenntnisse und Kontakte mit, stellen sie einem Einzelinteresse zur Verfügung und "vergolden" sie damit. Besonders problematisch ist das, wenn solche Wechsel in Lobbyjobs erfolgen. /6
Es ist daher international anerkannt und auch bereits in einigen Teilen in Deutschland Praxis, dass es gesetzliche Karenzzeiten bzw. Sperrfristen für den Wechsel aus der Politik heraus gibt. Das ist gut, diese Regelungen sollten weiter ausgebaut werden. /7
Wechsel in die Politik hinein dagegen - wie im Fall Morgan - sind in der Regel weniger problematisch. Dies gilt für den Wechsel aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden in die Politik hinein ebenso wie für Wechsel aus zivilgesellschaftlichen Organisationen. /8
Grundsätzlich sollten Seitenwechsel von außen in die Politik möglich sein – auch um Fachleute in die Politik zu holen. Die Wechsel sollten aber mit dem politischen Auftrag der Institution übereinstimmen und nicht bestimmte finanzielle Interessen oder Anliegen bevorteilen. /9
Solche Wechsel in die Politik brauchen keine gesetzliche Regelung, sie müssen aber politisch vertretbar und verantwortbar sein. Verantwortliche Entscheidungsträger:innen müssen sich stets fragen, welches politische Signal mit der Berufung einer bestimmten Person gesendet wird./10
Problematisch werden Seitenwechsel in die Politik hinein vor allem dann, wenn dadurch bestimmte finanzielle Interessen begünstigt oder ein Regulierungsauftrag geschwächt wird – so z.B. wenn ein Manager aus der Atomindustrie zum Aufseher der Branche gemacht wird (Hennenhöfer)./11
▶️2. Bei Seitenwechseln aus Wirtschaftsverbänden und Unternehmen können Interessenkonflikte aufgrund wirtschaftlicher/finanzieller Eigeninteressen entstehen. Diese Gefahr ist bei zivilgesellschaftlichen Organisationen mit ideellen und gemeinwohlorientierten Anliegen geringer. /12
Doch auch bei zivilgesellschaftlichen Organisationen kann es finanzielle Abhängigkeiten geben, z.B. bei der Mittelvergabe. Deswegen drängen wir hier auf klare Abgrenzung + Transparenz. Seitenwechsler sollten z.B. nicht über Geldvergabe im früheren Arbeitsbereich entscheiden. /13
Fazit: Aus lobbykritischer Perspektive sind Seitenwechsel in die Politik grundsätzlich vertretbar. Problematisch sind sie dann, wenn ohnehin mächtige Akteure mit finanziellen Eigeninteressen gestärkt werden. Zudem sollten auch für Seitenwechsler klare Transparenzregeln gelten./14

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Feb 9
Unser Kommentar zu Jennifer #Morgan: Mit der Personalie Jennifer Morgan sendet die Außenministerin das Signal, dass konsequenter Klimaschutz künftig oberste Priorität hat, was bisherigen Ankündigungen der Grünen entspricht. 1/4
Als LobbyControl haben wir auch in der Vergangenheit betont, dass es möglich sein muss, Fachleute von außen in die Ministerien zu holen. Bei Wechseln aus der Politik hinaus brauchen wir dagegen strengere Regeln. Man kann einen solchen Wechsel von einer Organisation, die sich 2/4
für ideelle Ziele einsetzt, auch nicht gleichsetzen mit einem Wechsel aus Verbänden, die vorrangig eigene wirtschaftliche Interessen vertreten. Klar ist aber auch, dass Morgan künftig die Positionen der Bundesregierung vertreten muss und nicht die von Greenpeace. 3/4
Read 4 tweets
Jan 28
Nicht nur im Auswärtigen Amt entdeckt man derzeit Verbindungen zur russischen Gaslobby. Im Wirtschaftsministerium haben die neuen Hausherren laut FAZ ebenfalls eine alte "Moskau-Connection" entdeckt. Nicht nur die Politik muss Abstand von der Gaslobby nehmen, auch die Beamten!1/5
Das Wirtschaftsministerium hatte eine tragende Rolle bei der Durchsetzung von Nord Stream 2, zunächst unter Minister Gabriel, der seine Unterstützung dann als Außenminister fortsetzte. Türöffner für Gazprom war - natürlich - Gerhard Schröder 2/5 tagesspiegel.de/themen/agenda/…
Im Zuge von Nord Stream 2 erwarb Gazprom auch den größten Gasspeicher Deutschlands und der EU - der jetzt leer ist. Im Wirtschaftsministerium hatte man bisher darauf vertraut, dass Russland seine Lieferverträge schon erfüllt. Offenbar zu Unrecht 👇 3/5
Read 6 tweets
Jan 28
Gestern haben wir in der Bildzeitung den Wechsel des Ex-Botschafters #haller zur neuen Nord Stream 2-Tochter Gas for Europe kritisiert. Medienrecherchen & Kritik haben Wirkung gezeigt! Abends teilte das AA mit, dass Haller seinen Job nicht antreten darf👏 m.bild.de/politik/auslan…
Der Grund: Haller war wohl als Chef der Wirtschaftsabteilung im Auswärtigen Amt an der Planung von Nord Stream 2 beteiligt. Beamten dürfen Tätigkeiten nach ihrem Ausscheiden untersagt werden, wenn durch sie "dienstliche Interessen beeinträchtigt werden" (Bundesbeamtengesetz §105)
Der Paragraph wird leider so gut wie nie angewandt. Umso mehr begrüßen wir, dass dies gestern anders war! Es wäre auch ein eklatanter Interessenkonflikt gewesen: Nord Stream 2 auf den Weg bringen und dann einen Job bei der Tochterfirma erhalten - ähnlich dem Fall Gerhard Schröder
Read 5 tweets
Jan 26
Seit heute ist auch LobbyControl offiziell im neuen #Lobbyregister eingetragen. 🥳 Siehe:
lobbyregister.bundestag.de/suche/R000176/ 1/5
Noch ist die Zahl der registrierten Unternehmen, NGOs, Verbände und Einzelberater:innen recht übersichtlich, stand heute sind 180 Lobbyakteure eingetragen. 2/5
Die Zahl sollte bald deutlich wachsen. Bis Ende Februar läuft die Frist - bis dahin müssen sich alle registrieren, die im direkten Kontakt Einfluss auf Meinungs- und Entscheidungsprozesse von Bundestag und/oder Bundesregierung nehmen wollen (oder jemanden damit beauftragen). 3/5
Read 5 tweets
Jan 18
Kurz vor dem CDU-Parteitag ist klar: Ein Lobbyverband im CDU-Parteivorstand – das ist rechtswidrig! Doch Friedrich #Merz und die #CDU melden sich nicht. Nun will ein CDU-Mitglied aus Leipzig dagegen klagen. Hier noch einmal die ganze Geschichte mit allen Updates: 👇 1/10
Hintergrund: Der „Wirtschaftsrat der CDU“ ist kein Parteigremium, sondern ein Wirtschafts-Lobbyverband. Formal hat er mit der CDU nichts zu tun, informell aber sehr viel: Als Dauergast im Parteivorstand profitiert er von Sonderzugängen zur CDU. /2
Mehr: lobbypedia.de/wiki/Wirtschaf…
Letzte Woche haben wir ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das belegt: Diese Praxis ist rechts- und satzungswidrig. Partei-externe Lobbyverbände haben in Parteivorständen nichts zu suchen – schon allein aus politischen Erwägungen, aber auch juristisch. /3
lobbycontrol.de/2022/01/rechts…
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Jan 17
Letzte Woche haben wir ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das zeigt: Der #CDU-Vorstand ist rechtswidrig zusammengesetzt, weil der Lobbyverband "Wirtschaftsrat" im Vorstand sitzt. Die @CDU und @_FriedrichMerz haben sich noch immer nicht dazu geäußert. Was nun?👇 /1 Image
Wir haben der CDU das Rechtsgutachten direkt nach Veröffentlichung zugesandt und um Stellungnahme gebeten. Bis heute hat sich weder die @CDU-Pressestelle noch @_FriedrichMerz dazu geäußert. Trotz wiederholter Versuche gab es keine Reaktionen auf unsere Nachfragen. /2
Die Zeit drängt: Am Donnerstag beginnt der CDU-Parteitag, auf dem der Vorstand neu gewählt wird. Auf der ersten Sitzung des Parteivorstands wird traditionell auch die Präsidentin des Wirtschaftsrats in den Vorstand berufen. Das darf dieses Mal nicht passieren! #cdupt22 /3
Read 8 tweets

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