Ein 🧵über den #IPCCReport und teils nicht oder fast nicht stattgefundene mediale Abdeckung. (Ich hatte gestern großen Frust). Hintergründe journalistischer Auswahlprozesse: 1/
Dass der Bericht #IPCC (3. Teil, 6. Sachstandsbericht) kommt und dass er höchst relevant ist, wie sollte gehandelt werden in der größten Krise weltweit, dass dazu ein weltweit abgestimmtes Dokument, das quasi das gesamte aktuelle Wissen bündelt, ist lange bekannt. Nach 2/
klassischen "Nachrichtenfaktoren", die Prinzipien der Aufmerksamkeitsökonomie bündeln, maximale Punktzahl, zumindest bei denen, die gesellschaftliche Relevanz spiegeln. Betroffenheit, Folgen, Nähe, Beteiligung, Kontroverse... (siehe u.a. netzwerkrecherche.org/handwerk/studi…) 3/
Wieso war es für einige Redaktionen dennoch offenbar nicht relevant? Hier lohnt ein Blick auf andere Faktoren, die auch eine Rolle spielen. Überraschung zum Beispiel. Einer der am stärksten wirkenden Faktoren. Quasi zeitgleich zum #IPCC kam gestern die Ankündigung, dass ab Mai 4/
nur noch freiwillige Quarantäne #Corona. Überraschung, das ist ein "Nachrichtenfaktor", in dem sich quasi - überspitzt - auch unser banales "Mensch-Sein" spiegelt. Wie? Krass? Ach, kann doch nicht sein. Etwas, was bei den Botschaften des #IPCC so nicht mehr passiert, 5/
da ja bekannt, dass es eine Krise riesiger Dimension ist. Aufmerksamkeitsökonomie schlägt langfristige Relevanz also. Dann der Faktor "Etablierung des Themas". Da lässt sich auch auf den Ukraine-Krieg schauen, der aktuell die Formate quasi etabliert auf eine bestimmte Weise 6/
füllt. Hinzu die Faktoren, auch mit Blick auf Butscha: emotionale + direkte Betroffenheit im Moment, Gewalt / Aggression und vor allem auch Verfügbarkeit aufrüttelnder Bilder. Ein sehr nachrichtenstarker Tag gestern. Wenn man darauf zurückblickt - mit Blick auf die 7/
Rolle des Journalismus in einer Gesellschaft, auch als Aufmerksamkeitsverschaffer für relevante Themen, ist es sehr "spannend", wie das je gewichtet wurde je. Vor dem Hintergrund, dass politisches Handeln ja mit öffentlicher Aufmerksamkeit / Druck direkt verbunden ist. 8/
Dann noch ein spannender Faktor strukturell: Für viele Redaktionen spielen Nachrichtenagenturen eine wichtige Rolle. Wenn da viel auf dem Tisch landet, dann erzeugt dies einen Reflex, das Thema noch einmal genauer anzuschauen. Beim #IPCC war das gestern eher 9/
weniger. Also Agenturmeldungen vorab auf Basis des ja vielen Journalisten schon Stunden vor 17 Uhr zur Verfügung stehenden Berichts. Mit Sperrfrist. Und eine Zeit nach 17 Uhr ist dann eine, in der viele Pläne für die Abend- / Morgenausgaben schon gemacht sind. 10/
Es musste quasi also aus den Redaktionen heraus vorab der Impuls dagewesen sein, das Thema größer zu platzieren. Gut möglich war das ja durchaus inhaltlich, da #ClimateCrisis ja auch direkte Schnittmengen zu rund um Ukraine-Krieg hat. 11/
Dass der #IPCCReport aber auch ein "Paukenschlag" war, ließ sich erkennen. Denn eine Verschiebung der Veröffentlichung des Summary for Policymakers, eine Verzögerung der finalen Abstimmung dazu, das hatte es so bisher nicht gegeben & zeigte, was da hinter den Kulissen läuft. 12/
Das wussten die, die sich da auskennen. Es spiegelte das ungemeine Ringen der Welt in dieser Krise #ClimateCrisis sehr symbolisch. Für die Science-Community war es schon ein Nachrichtenfaktor "Überraschung". Aber ist es bei anderen angekommen? 13/
Frage da auch: Wie vernetzt sind Redaktionen mit ihren Wissenschaftskollegen? Und worüber ich auch nachgedacht habe, politisches Parkett: Wieso wird ein solches Thema wie die Quarantäne so parallel veröffentlicht. Im Zweifel keine Hintergedanken. Aber auch das 14/
ist ja ein Signal. Und dann: Wo wir bei #Ukraine darüber diskutiert hatten zu Beginn, über "blinde Flecken" der Berichterstattung im Vorfeld relevanter Krisen. Oder eben jetzt - inmitten oder noch mehr #ClimateCrisis. Jonglage von Relevanz - was ist das Ziel? 15/
Und abschließend - falls die Beobachtungen in der Berichterstattung teils gestern eine Plakette für den Umgang und die Bewältigung #ClimateCrisis sind, dann fühle ich mich gerade so 🙈 🧵/end
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Schließe mich an.
„Es ist nur logisch, dass unterschiedliche Familien unterschiedlich auf das Pandemiegeschehen an den Schulen blicken. Dass die einen sich Sorgen machen um ihre Kinder, auch wenn sie längst geimpft sein mögen.“ … 1/4)
„Und dass andere weniger Angst haben und das Risiko einer Corona-Infektion bei Kindern für überschaubar halten.“ … „Es gibt genügend Gründe, die Politik für ihr Pandemiemanagement an Schulen zu kritisieren, für die in Teilen immer noch dramatisch schlechte Ausstattung, für (2/4)
den Mangel an Lüftern, Masken, Tests und einer funktionierenden digitalen Infrastruktur. Wegen des Bekenntnisses zu offenen Schulen aber eine politisch verordnete Durchseuchungsstrategie zum Wohle der Wirtschaft zu beschwören, das ist reine Polemik.“ (3/4)
Freude am Morgen. Neuer CODAG-Bericht mit Zahlen & Analysen zu einigen aktuell diskutierten Themen. (Und wenn mir einer vor 2 Jahren gesagt hätte, dass ich zum Samstagskaffee Hospitalisierungs- und Übersterblichkeitszahlen lese, nun ja 🙈) covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/codag-ber…
Spannend u.a.- Analyse Hospitalisierungsinzidenz SL/BY. Steigender Anteil „mit Corona“ & nicht „wegen“ (was ja in die Kategorie Good News fällt). Sie sagt so also vor allem etwas (was 🤔) über die Auslastung der Kliniken aus. Dazu auch diese Recherche: swr.de/swraktuell/rhe… 2/3
Zur Frage „was genau sagt sie aus? 🤔“, und was könnte man da haben? Verweis auf diese sehr gute Analyse - Stichwort Datenlage in D. Dennoch: Ist nunmal aktuell wie es ist, müssen die Zahlen also in dem Kontext bewertet & genutzt werden, wie er ist 🤷🏼♀️. 3/3
Eine kleine Einordnung zum Thema journalistische Sorgfaltspflicht und Corona - aus Anlass der Hamburg City Health Study (Spuren an Organen selbst bei mildem Verlauf) uke.de/allgemein/pres… 1/20
Eine Grundlage: Der Pressekodex - u.a. Ziffer 14, Medizin-Berichterstattung "Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte." 2/20
+ vorab - um sicher zu gehen, dass ich nicht missverstanden werde (soll aktuell ja hin und wieder passieren): Natürlich ist es wichtig, über Erkenntnisse über Folgeschäden #COVID19 zu berichten. Sehr sogar. Dennoch: 3/20
Warum sollten wir stärker auf sozio-ökonomische Faktoren in der Pandemiebewältigung schauen? Ein 🧵aufgrund aktueller Erfahrungen. Inkl. Hinweise, wo es mehr Wissen gibt. Ein Anlass: Mir sagte gestern jemand, die, die eine stärkere Einbindung z.B. der Soziologie fordern, 1/19
könnten letztlich vielleicht nicht akzeptieren, dass wir in einer Pandemie sind. Und dass es darum gehe, diese einzugrenzen. Überspitzt: Das sind doch nur Forderungen, die ein Ende von Beschränkungen wollen. Eine andere Frage, die ich tatsächlich bekam, auch von Akademiker: 2/19
"Wie hoch die Impfquote von Akademiker versus anderem Bildungsstand ist. Vielleicht lassen sich nur die „Dummen“ nicht impfen und das müsste man auch veröffentlichen." Ich habe überlegt, ob ich das hier reinpacke. Mich dafür entschieden, weil es auch zeigt: Das Thema scheint 3/19
Ich arbeite seit Juni als Wissenschaftsredakteurin @Dlf_Forschung. Vorher war ich im Nachrichtenjournalismus mit Schnittstelle zu #Science. Der Wechsel hat mir viele Einblicke gebracht über die Diskussion nicht nur hier über #COVID19. Meine pers. Aufreger der letzten Zeit: 🧵/25
Diese Woche: Der wissenschaftliche Chef-Berater der britischen Regierung verdreht Zahlen - und sagt, 60 Prozent der Covid-Patient:innen in den Kliniken seien geimpft. Tatsächlich ist es anders herum. Und wer sich mit der Lage in GB beschäftigt, müsste das wissen. Dennoch: viele
übernehmen unhinterfragt. Und lassen es auch danach stehen, auch nachdem sich @uksciencechief selbst korrigiert: