9 Monate sind seit Beginn des russischen Großangriffs auf die #Ukraine vergangen. Gerade in Deutschland fällt es offenbar immer noch schwer Kriegsgründe und Kriegsverlauf zu verstehen. Weder hat #Putin "den Verstand verloren" noch findet eine "Reaktion auf d. Westen/NATO" statt/1
Ursache ist der fundamentale Unterschied im Verständnis von Staatlichkeit, "Nation" und Völkerrecht zwischen #Russland und dem "Westen". Dieser Sturm ist seit Jahren aufgezogen und war spätestens 2014 evident. Der Kreml möchte eine grundsätzliche Revision der Nachkriegsordnung/2
Er besteht auf "Geschichte, Kultur und Ethnizität" als ewig gültigen und unveränderbaren Grundlagen der Staatlichkeit. Demokratische Prinzipien, liberaler Rechtsstaat und Menschenrecht sind dabei zweitrangig oder gar "faschistisch". Die #Ukraine, ihre Bevölkerung und Regierung/3
sei "geschichtsfeindlich" (#Lawrow) und verbreite ein "falsches Bewusstsein" (#Medwedew), dass der "historischen Einheit" (#Putin) und Wahrheit entgegenstünde. Die Vorstellung der Ukraine als souveräner und politischer Nation könne somit nur Ausdruck des "#Faschismus" sein/4
Ukrainer die sich dem "heiligen Russland" (Patriarch #Kyrill) verweigern, können nur - durch den Westen oder sogar den Teufel selbst - manipuliert, "geisteskrank" oder "besessen" sein. Angeführt von einer "drogensüchtigen", "fremdgesteuerten" und "satanischen" Elite./5
#Russland müsse daher nicht nur Territorien "befreien", sondern die Bevölkerung selbst vom "falschen Bewusstsein reinigen". Wie im 30-jährigen Krieg rechtfertigt der "Schutz der Seele" jede Barbarei gegen den Körper und Menschenwürde. Schuld sei zudem einzig "der Westen" da er/6
Den naiven und unzivilisierten Ukrainern diese bösen "russophoben" Ideen eingepflanzt habe, von denen es nun "befreit" werden müsse. Durch Umerziehung oder durch Gewalt. "Seht wozu ihr uns gezwungen habt!" ist der Tenor der russischen Propaganda. Schriftsteller, Oppositionelle/7
und Journalisten haben spätestens seit 2006 vor so einer Entwicklung gewarnt. Russland plant die Abschottung und totale "Souveränität" in seiner deklarierten "Einflussphäre". Die "Bewahrung" seiner "1000-jährigen Geschichte" als "ewige Wahrheit" gegen die wandelbare Moderne/Ende
*8 Monate!
Als kleines Update zum Thread: Heute hat der Sicherheitsrat der Russischen Föderation die "Dringlichkeit der De-Satanisierung" der Ukraine erklärt, es seien "hunderte Sekten" von denen das Land "befreit" werden müsse.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Deutschland als neutrale "Drittpartei" in Hinblick auf die russische Invasion der #Ukraine (#Welzer). Als Historiker bekommt man da leider ein Deja-Vu: 1920 demonstrierten SPD/USPD gemeinsam für "Frieden und Neutralität" während der bolschewistischen Invasion Polens/1
Sie warfen der polnischen Regierung und den Alliierten (Frankreich und Großbritannien) vor, die Friedensverhandlungen zu sabotieren und stattdessen mit Waffenlieferungen den Krieg zu verlängern. Deutschland wolle dagegen mit (Sowjet)Russland in "Frieden und Freundschaft" leben/2
Doch hinter dieser "Neutralität" stand der Wunsch die verhasste Nachkriegsordnung zu zerstören und den polnischen Staat aufzulösen. Die Bolschewiki dachten nicht daran zu verhandeln, sondern hatten längst eine eigene polnische Regierung ernannt um mit ihr "Frieden zu schließen"/3
The Western Left is struggling to emphasize with #Ukraine. The rift between the socialist parties of Western and Eastern Europe has deep historical roots. So lets take a look at British #Labour and Polish "PPS" in 1920 - how was their perception of #Russia/#Ukraine? 🧵Thread/1
In 1920 #Labour send a delegation to revolutionary Russia to take a closer look on #Lenin/s politics. They recognized the "terror" of the Bolsheviks but justified it with the circumstances (civil war). Even so, they were concerned by the complete lack of civil rights in Russia/2
They also recognized the "danger of militarism" in Russia but blamed it entirely on their own government. In their perception it was "western policy" that forced revolutionary Russia to expand. #Lenin did "great service to diplomacy" and "has shown a genuine will to peace"/3
Die "#Zeitenwende" des Februar 2022 hatte eine lange Vorgeschichte. Dennoch hat man in (West)Europa die autoritäre u. (neo)imperiale Politik #Russland/s ignoriert. Dabei hätte man nur einen Blick in die Literatur werfen müssen! Zwei Bücher aus dem Jahr 2006 als Warnung/Thread 🧵1
V. Sorokins "Tag des Opritschniks" zeigt Russlands Zukunft als düstere Dystopie. Im Jahr 2027 trennt eine riesige Mauer das Land vom Westen ab. Ru. lebt ausschließlich vom Gas und importiert alle Produkte von den Chinesen, die auch Sibirien kolonisieren. Die "Opritschniki"/2
aus der Zeit Iwans des Schrecklichen terrorisieren die Bevölkerung. Hinter der Fassade orthodoxer Frömmigkeit herrscht (sexuelle) Gewalt, Willkür und Korruption. Die Opritschniki feiern unter ihrem Kampfruf "Goida!" Orgien mit Drogen und Sex. Sorokin hat sich knapp verschätzt/3
Wann erschien die #Ukraine auf der „mentalen Landkarte“ in Deutschland? Mit der Unabhängigkeit (1991), der „Orangenen Revolution“ (2004) oder erst mit dem „Euromajdan“ (2014)? Ein längerer Blick zurück, als Dtl. die „Bedeutung der Ukraine“ erkannte – in das Jahr 1918, Thread/🧵1
Die Ukraine erklärte ihre Unabhängigkeit am 22. Januar 1918. In #Russland tobte seit dem Putsch der Bolschewiki im Okt./November 1917 ein Bürgerkrieg. Nach dem Frieden von „Brest-Litowsk“ (März 1918) und Bukarest (Mai 1918) kontrollierten die Mittelmächte Ostmitteleuropa/2
Deutschland und Österreich-Ungarn hatten nun Einfluss auf die „Zwischenstaaten“, die sich in einer komplexen Phase der Staatsbildung befanden. Die Grenzen waren im Fluss, die „neuen“ Staaten verfügten über keine gesicherte Administration u. Legitimation. Blick auf den Reichstag/3
Ein paar Gedanken zum Text von @PeterRNeumann. Ich verstehe die Position und die Befürchtungen: Dieser Krieg fordert täglich unschuldige Opfer, die nukleare Gefahr ist (unwahrscheinlich) aber real u. wir müssen langfristig mit Russland leben. Dennoch sehe ich Schwierigkeiten/1
1.) Ich sehe keine Anzeichen dafür, dass #Putin sich mit einem "Einfrieren" des Konflikts zufrieden gibt. Zwar nutzt er seine "drei Punkte" (Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Neutralität) inzwischen seltener, abgerückt ist er davon aber nie. Der Kreml will die gegenwärtige/2
Regierung und auch das gewählte Parlament der Ukraine ersetzen oder gefügig machen. Es soll eine vollständige Kontrolle über das Land geben, selbst wenn nicht alles okkupiert werden soll. 2.) Wir dürfen die historische Dimension nicht vergessen. Das "nie wieder" gehört in Dtl./3
Mit #Russland gegen die "raumfremde Macht" USA, so #Höcke jüngst in einer Rede. Diese Ideologie ist nicht neu. In der frühen nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland gab es ähnliche Argumente für ein Bündnis mit #Russland gegen die liberalen Demokratien im Westen, ein 🧵/1
Das "Bündnis mit Russland als natürliche Geundbedingung für Deutschlands Zukunftsentwicklung" war bereits im Sommer 1919 eine Forderung der damals noch winzigen National-Sozialistischen Partei in Nordböhmen und Österreichisch-Schlesien/2
Völkischer Nationalismus, Antisemitismus aber auch der Kampf gegen den westlichen "ärgsten Kapitalismus und schärfsten Imperialismus" waren die ideologischen Grundlagen des frühen NS. Die verhasste demokratische Nachkriegsordnung sollte mit Hilfe Russlands zerstört werden/3