Mein Thread zu #Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln hat offenbar einiges Aufsehen erregt und ich bedanke mich für den zahlreichen Zuspruch! Es war mir wichtig zwei Dinge zu kommunizieren: 1) Ich wollte zum einen unrichtige Aussagen und Denkfehler, die
in letzter Zeit geäußert wurden, richtigstellen. 2) Außerdem halte ich es für sehr bedauerlich, dass wir als Gesellschaft an der Herausforderung der Pandemie nicht gewachsen sondern eher gespalten sind. Wir haben in den Jahren davor Infektionskrankheiten
zu leichtfertig abgetan. Wir tolerierten hustende Leute in dicht gedrängten Wartezimmern direkt neben Herzkranken, wir akzeptierten, dass unsere Kinder und wir selbst halt jeden Herbst/Winter ein paar Mal krank sind. Gerade #LongCovid hat die
Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass Infektionskrankheiten mit Defektheilung einhergehen können, und obendrein auch durch diverse immunologische und zelluläre Mechanismen zu #MECSF ähnlichen Symptomen führen können. Zudem führen die Infektionskrankheiten
zu Ausfällen in der Wirtschaft. Dies alles müssten wir nicht hinnehmen, wir könnten besser dastehen, jetzt und in der Zukunft. Leider gab es neben dem Zuspruch auch ein paar "Gegentweets", die einen Mangel ihrer Urheber an Wissen und an der Fähigkeit,
wissenschaftliche Ergebnisse zu interpretieren zeigen, und manchmal leider auch deren mangelnde Selbsteinschätzung. Personen, die genau wissen, dass Viren ja viel kleiner sind als dass Masken sie je filtern könnten. Leute, die ohne je mehr als einen
Durchschnitt ausgerechnet zu haben, fest überzeugt sind, was Studien leisten können und was man nicht alles längst nachweisen könnte. Individuen, die glauben, durch Erwähnen von Worten wie "Nullhypothese" oder "RCT" alle Weisheit der Welt für sich
gepachtet zu haben. Personen, die überzeugt sind, ich schreibe das nur, um Wien politisch zu helfen, obwohl ich mich genauso kritisch zum ungesteuerten Testen geäußert habe.
Warum glaube ich, das beurteilen zu können? Ich habe etliche Publikationen zu
Covid-19 und auch zum Thema Masken und Infektionsschutz veröffentlicht (z.B. bmj.com/content/369/bm… , acpjournals.org/doi/10.7326/M2…)
und mich im Rahmen von Expertengruppen mit hunderten anderen
Wissenschaftern über diese Themen ausgetauscht. Außerdem haben wir in meiner Forschungsgruppe zahlreiche quantitative und qualitative Projekte zu Covid-19 durchgeführt. Beispielsweise behandelt unser Projekt @PER1SCOPE_EU , wie wir unsere Praxen und Krankenanstalten besser
auf Pandemien vorbereiten können. In @SUNRISE_Europe beschäftigen wir uns mit der Frage, wie kritische Infrastrukturen bei Schocks wie Pandemien besser geschützt werden können.
Leider habe ich, gerade weil wir erfolgreich Forschen und Evidenz generieren,
nicht die Zeit, mich zu jedem "Gegentweet" zu äußern, abgesehen davon, dass die Formulierungen bereits oft nahelegen, dass der Torpfosten schon zum Verschieben bereit gemacht wurde.
Es ist auch deshalb schwierig, weil viele dieser Themen sehr komplex sind
und das Zitieren einer Studie oft eigentlich nicht redlich ist - es existieren vielleicht fünf weitere, die etwas Gegenteiliges nahelegen.
Erst die Zusammenschau ergäbe ein mehr oder weniger vollständiges Bild des derzeitigen Wissens, das ist aber in Tweets kaum möglich. Gerne werde ich aber illustrativ ensprechende Studien zu einigen Punkten anführen.
Sorgen bereitet mir allerdings, dass, da
1) Die Welt von morgen eine wissensbasierte sein wird 2) Wir Wissen zur Bewältigung globaler Probleme brauchen
3)Wissen eine der wesentlichsten Ressourcen Österreichs im internationalen Wettbewerb ist
4) In Österreich Wissenschaftsskepsis eher zuzunehmen scheint und
5) manche Politiker, Journalisten und auch sonstige Stakeholder sich auch noch zu
Dies gilt dabei keineswegs nur für medizinische Themen oder für eine "Seite". Ideologen gibt es in allen Couleurs, und die Interpretation von Wissenschaft wird auch von der eigenen Meinung gefärbt.
Hier noch einige Publikationen zum Thema Masken und Öffentliche Verkehrsmittel, der Kürze halber mit DOI: 1) Übertragung von Covid-19 in Öffis
a. …wurde eindrucksvoll anhand von Beschäftigten dieser Branche gezeigt zb hier 10.15585/mmwr.mm7133a4 “Outbreak
incidence was 5.2 times as high (129.1 outbreaks per 1,000 establishments) in the bus and urban transit industry and 3.6 times as high in the air transportation industry (87.7) as in all California industries combined (24.7)”
b. Für NY konnte gezeigt werden, dass die Reduktionen in Pendlerbewegungen direkt mit der räumlichen Verteilung der Fallzahlen korrelieren (10.1038/s41467-020-18271-5), ähnlich wie in China (10.1126/science.abb4218)
c. Eine rezente norwegische Studie zeigt eine Korrelation von Infektionen und Öffiverwendung in Norwegen 10.1186/s12879-022-07233-5
d. Reviews von Clusteranalysen anderer Länder zeigen ebenfalls Öffis als Infektionsquelle, z.B. 10.1016/j.ijid.2020.07.073
2) Effektivität von Masken: Neben unseren eigenen narrativen Reviews aus 2020 (10.1136/bmj.m1435) und 2021 (10.7326/M20-6625) gibt es hier weitere große Reviews, die danach erschienen sind, die alle den protektiven Effekt von Masken gegen SARS-CoV-2 zeigen:
a. 10.1002/rmv.2336 („Our study confirmed that the use of facemasks provides protection against respiratory viral infections in general; however, the effectiveness may vary according to the type of facemask used.),
b. 10.1183/23120541.00650-2021 („Evidence for the use of hand hygiene or facemasks is the strongest“) ,
c. 10.1038/s41398-022-01814-3 (“The meta-analysis of RCTs found a significant protective effect of facemask intervention (OR = 0.84; 95% CI = 0.71-0.99; I2 = 0%)”)
3) Effektivität von Masken in Öffis:
a. Studie aus Deutschland, die anhand der regionalen Verteilung der Maskenpflicht in Öffis die Effektivität abschätzt 10.1073/pnas.2015954117 (“[…]we find that face masks reduced the number of newly registered severe acute respiratory
syndrome coronavirus 2 infections between 15% and 75% over a period of 20 days after their mandatory introduction”)
b. Studie aus Südkorea 10.1126/sciadv.abg3691 („Mandatory wearing of masks and practicing social distancing with masks during peak hours reduced infection
rates by 93.5 and 98.1%, respectively.”
c. Studie aus Hanoi, wo die Maskencompliance nahe 100% ist 10.1016/j.jth.2021.101279 (“Hanoi's overall measures - full use of face masks and partial use of hand sanitizer - were sufficient to
contain three relatively minor Covid-19 waves while still maintaining regular bus operations most of the time.”) d. Studie aus Sydney 10.1186/s12879-022-07664-0 , deren Titel alles sagt “SAfE transport: wearing face masks significantly reduces the spread of COVID-19 on trains”
Zum Schluss noch eine Publikation, die zeigt, dass randomized controlled trials keineswegs immer aussagekräftig sind: „Parachute use to prevent death and major trauma when jumping from aircraft: randomized controlled trial” (10.1136/bmj.k5094) Dieses RTC zeigt, dass Fallschirme
keinen Effekt auf die Sterbe- oder Verletzungswahrscheinlichkeit bei Sprüngen aus einem Flugzeug haben. „Parachute use did not reduce death or major traumatic injury when jumping from aircraft in the first randomized evaluation of this intervention. However, the
trial was only able to enroll participants on small stationary aircraft on the ground, suggesting cautious extrapolation to high altitude jumps. When beliefs regarding the effectiveness of an intervention exist in the community, randomized trials might
selectively enroll individuals with a lower perceived likelihood of benefit, thus diminishing the applicability of the results to clinical practice.”
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1/ Servicethread: Heute habe ich in einer Meldung gelesen, das Immunsystem der Menschen sei durch die Covidmaßnahmen geschwächt, daher gäbe es derzeit so viele Infektionen. Das ist falsch, das Immunsystem bekämpft täglich hunderte Erreger, es ist nicht geschwächt.
2/ Vielmehr sehen wir einen Kohorteneffekt: Es erleben nun mehrere Altersjahrgänge zeitgleich Erstinfektionen. Bei den Kindern fällt das am stärksten auf, weil für sie tatsächlich viele Erreger neu sind und zu stärkerer Krankheit führen. Wieder gilt, die Wellen flacher zu halten
/3 hätte viel erspart, zb durch bessere Belüftung in Schulen und KiGas.
In Bezug auf Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln hat es in letzter Zeit viele unrichtige Informationen gegeben. Ich versuche hier, dies ein wenig in die richtigen Bahnen zu lenken. Thread zu #Masken und #Maskenpflicht in #Öffis
Masken sind ein wirksames Mittel zur Prävention von Ansteckung. Masken dienen aber nicht nur dem Selbstschutz, sondern auch dem Fremdschutz, denn Masken wirken
1)multiplikativ d.h. die Filterwirkung verstärkt sich noch einmal stark, wenn Infizierter und Gesunder eine M. tragen
2)wirken nicht zu 100%, das heißt es ist sehr wohl von Bedeutung, ob in einem Raum die Aerosolbelastung niedrig (hohe Zahl an Maskenträgern) oder hoch (wenige tragen Maske) ist
Mir ist unverständlich, warum Wirtschaft und Verwaltung nicht auf wirksamere Maßnahmen gegen #COVID19 in #Schulen drängen. Thread
In unseren Interviews im Rahmen des Projekts @PER1SCOPE_EU zeigt sich, dass die Schulen wesentlich für Personalausfälle in Krankenhäusern sind. Zum einen geht von ihnen ein erhöhtes Infektionsrisiko für das Personal aus, zum anderen führen erkrankte und quarantänisierte Kinder zu
erhöhtem Betreuungsbedarf.
Schulklassen sind in Hinblick auf Infektionen ein Hochrisikosetting. Es muss gelingen, einen geregelten Schulunterricht mit geeigneten Infektionsschutzmaßnahmen zu verbinden.
Eine Teststrategie zur Früherkennung des Geschehens ist gerade wegen der
Das Ende der #Isolationspflicht bei #Covid_19 ist für mich aus mehreren Perspektiven unverständlich. Thread.
1) Wie schon in einem früheren Thread beschrieben, wir müssen den Weg aus dem Krisemodus beschreiten und uns an eine geänderte Welt anpassen.
Es ist mir aber unverständlich, warum ohne Not eine Verordnung zur Abschaffung der Isolationspflicht genau jetzt und mit minimaler Vorbereitungszeit erlassen wird. Mit Montag müssen die Gesundheitsbehörden alle Prozesse umgestellt haben,
Arbeitgeber müssen sich überlegt haben, was mit Covid-Positiven MA geschehen soll, obwohl die Inhalte der VO unklar kommuniziert wurden usw
2) Die Art der Kommunikation ist kontraproduktiv. Gegensätzliche Aussagen, verwirrende Ankündigungen und skurrile praktische Probleme.
Es ist verständlich, dass um die Absonderungsregeln bei 'SARS-CoV-2 gerungen wird, wenn es um Arbeit geht. Gerade kleine Betriebe, aber auch kritische Infrastruktur leiden unter Personalmangel. Eine one-size-fits-all Regelung kann es da wohl nicht geben. Temporäres home-office
ist zB bei Symptomfreien in etlichen Branchen möglich.
Was hingegen völlig unverständlich ist, ist zu erwägen, in fitness centre, Disko etc. nur eine Maske vorzuschreiben. Das sind settings mit hoher Aerosolproduktion. Auch wenn Masken sehr gut wirken, sind sie hier überfordert
und es ist zudem fraglich, ob das lückenlose Tragen in diesen Situationen überhaupt lebenspraktisch ist. das wird zum Bumerang, weil sich in solchen Settings sehr viele anstecken können, die dann vielleicht eben nicht von zuhause arbeiten können.
Folgendes beachten:
1)Indiziert ist eine medikamentöse Therapie bei erhöhtem Risiko=Alter oder Risikokrankheit. Also bei recht vielen 2) Paxlovid beeinflusst leider einige Cytochrome, sodass bestimmte Medikamente gleichzeitig kontraindiziert sind! Hierzu gibt es klare
Anleitungen, welche Medikamente wie lange abgesetzt werden müssen bzw. können oder substituiert werden. Einnahmedauer Paxlovid 5 Tage. 3) Ist dies nicht möglich, so kann auch Molnupiravir zum Einsatz kommen! Es zeigt kaum Interaktionspotenzial