Thread by @aya_velazquez

Es wird Zeit, die Rolle von #allesdichtmachen/ #allesaufdentisch kritisch aufzuarbeiten. #allesaufdentisch trat als Nachfolger von #allesdichtmachen an. Das Ziel: Expertenvideos, die die C-Maßnahmen kritisch beleuchteten, verbunden mit der Forderung nach einem "Runden Tisch". 🧵

Diese Forderung ist an sich vollkommen berechtigt. Die öffentliche Kommunikation in der Corona-Zeit war geprägt durch ein völliges Ausbleiben kritischen Dialogs zwischen Experten unterschiedlicher Sichtweisen. allesaufdentisch.tv

Wenn die Triade von These, Antithese und Synthese, die heute vielfach als "rechts" gescholtene Hegelsche Dialektik, ausbleibt, kann von einer wissenschaftlichen Erkenntnisfindung nicht mehr die Rede sein. Die Forderung von allesaufdentisch, unter jedem Video, war daher sinnvoll.

Was ist aus der Forderung von #allesaufdentisch geworden? Antwort: Nichts. Die Forderung wurde von den Protagonisten der #aadt-Aktion im politischen Diskurs später nicht mehr eingefordert. Der "Mitzeichnen"-Button der Webseite führt zu einer Fehlermeldung. allesaufdentisch.tv/#lepopup-unter…

Im Herbst 2021 hätte man noch argumentieren können: Naja, die politische Gemengelage ließ einen "Runden Tisch" eben noch nicht zu. Man war politisch noch nicht soweit. Frage: Ist die Forderung nach einem "Runden Tisch" heute weniger relevant, als während der letzten 2,5 Jahre?

Ich denke, die Frage werden die meisten Kritiker wohl mit "Nein" beantworten. Natürlich ist ein Runder Tisch, der sich retrospektiv der Aufarbeitung des Geschehenen widmet, heute wichtiger denn je. Frage an #allesaufdentisch: Warum kann man die Petition nicht mehr zeichnen?

Warum wurde die Forderung seitens der Macher von #allesaufdentisch später nicht mehr verfolgt? Sie hatten die freundliche Promo-Unterstützung der @BILD-Zeitung, welche die böse YouTube-Zensur anprangerte, und über mehrere Videos der Aktion berichtete. bild.de/bild-plus/news…

War plötzlich dann nicht mehr so wichtig? Man hatte es immerhin einmal gesagt, und damit in den Augen der Kritiker seinen "Sold" erfüllt? Reicht ja, eine Absichtserklärung auszusprechen, umso bequemer, wenn man eh weiß, dass es nie dazu kommen wird? Die Definition von #Gratismut.

Kommen wir zum nächsten Punkt. Timing. Wer sich mit politischer Strategie auskennt, der weiß, dass Timing im öffentlichen Diskurs alles ist. Am 29. März 2021 wurde das Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage nationaler Tragweite beschlossen. bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Date…

Am 22.04.21 trat das sog. "Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung", PR-Bezeichnung "Bundesnotbremse" in Kraft. Man muss sich immer vor Augen halten, dass die gesamte C-Politik fast ausschließlich auf Verordnungen fußte. Dies jedoch war ein Bundesgesetz. de.wikipedia.org/wiki/Viertes_G…

Was geschah ebenfalls am 22.04.21, im Angesicht vollendeter Tatsachen? Richtig, eine kontroverse Videoreihe namens #allesdichtmachen erscheint. Videos & Hashtag gehen viral, die Presse schäumt: Die Aktion verhöhne die Corona-Toten. youtube.com/@allesdichtmac… rnd.de/medien/stars-g…

Wenn man eine so große und wichtige Aktion plant, wie den ersten ernsthaften artikulierten Widerstand aus der Künstlerszene: War es nicht möglich, die Aktion vor den 29.03., respektive den 22.04.21 zu legen? Warum ein Erscheinen zeitgleich mit der #Bundesnotbremse? Zufall?

Durch ein Erscheinen ZUSAMMEN mit dem "Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" versäumte #allesdichtmachen es, VOR dem Gesetz Einfluss auf den öffentlichen Meinungsbildungprozess zu nehmen & evtl noch etwas daran zu ändern.

Der Gesetzesentwurf lag bereits ab 13. April 2021 auf dem Tisch. Seit diesem Zeitpunkt war klar, was geplant war: Der sinnlose Inzidenzwert wurde in Stein gemeißelt, Kontaktbeschränkungen, Ausgangsbeschränkungen 22-5 Uhr, inzidenzabhängig Homeschooling. dserver.bundestag.de/btd/19/284/192…

Das Timing, zeitgleich mit der #Bundesnotbremse, bleibt rätselhaft. Unmittelbar nach der Aktion zogen zahlreiche Schauspieler ihre Teilnahme zurück: Der öffentliche Druck sei zu hoch. Von ursprünglich 53 Videos sind heute nur noch 26 - die Hälfte - online. de.wikipedia.org/wiki/Allesdich…

Der eine oder andere mag sich bei diesem Rückzugsmaneuver an die spätere öffentliche Läuterung und Kehrtwende des Joshua #Kimmich erinnert fühlen. Skript: "Corona-Rebellen kehren nach öffentlicher Reue in die Wärme der gütigen Mehrheitsgesellschaft zurück"
welt.de/sport/fussball…

Funfact am Rande: Ebenjener Joshua Kimmich tauchte bereits im Strategiepapier des Bundesministeriums des Inneren @BMI_Bund auf: Auf Seite 17, als gewünschter Covid-Influencer während der Pandemie. fragdenstaat.de/dokumente/4123…

Am 24.04., 2 Tage nach #allesdichtmachen, trat @JanJosefLiefers, der prominenteste Teilnehmer der Aktion, per Video zugeschaltet in der Sendung @3nach9, der "Mutter aller Talkshows", auf. Zusammen mit Lisa Federle promotete er dort das "Tübinger Modell" als Lösung für ganz 🇩🇪.

Liefers nutzte geschickt seinen Rebellenstatus, seine Rolle als Advokat der gebeutelten Kunst- und Kulturszene, um ein noch repressiveres soziales Ausschlusssystem, als bereits galt, zu promoten: #3G. Mit der Rolle Liefers' beschäftigt sich dieser Thread:

https://twitter.com/aya_velazquez/status/1610624442270453761?s=20

Die Bundesnotbremse lief Ende Juni aus. Bis dahin waren mehr als 450 Eilanträge & Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe dagegen eingegangen. Was hingegen deutschlandweit absoluter Standard wurde - quasi das "kleinere Übel" - war das sogenannte 3G-Modell, promotet u.a. von Liefers.

Was blieb also von #allesdichtmachen? Gescholtene Schauspieler, endlose Diskussionen über das, was Satire dürfe, Wiederaufnahme der reumütigen Abtrünnigen in den Mainstream, 3G-Modell als "konsensfähige Kompromisslösung", vorgeschlagen von einem der Corona-Rebellen höchstselbst.

Es gibt einen Begriff, für das was hier passiert ist: Social Engineering. Markiere das Spektrum des Sagbaren. Schlage eine unfassbar restriktive Lösung vor, die keiner will (Bundesnotbremse) und verkaufe dann eine "sanftere" Lösung (3G), abgesegnet sogar von der "Opposition".

Das Timing der ersten Aktion lässt stark darauf schließen, dass diese nicht darauf abzielte, real auf den politischen Willensbildungsprozess im Vorfeld politischer Entscheidungen Einfluss zu nehmen, sondern eher die gesellschaftliche Stimmung, die darauf folgte, zu moderieren.

Im Herbst 2021, am 30.09.21 folgte dann das Follow-Up des Schauspielerkollektivs: #allesaufdentisch. Diesmal erschienen 55 Videos, in denen die Schauspieler diesmal in der Rolle des Interviewers auftraten und maßnahmenkritische Experten interviewten. youtube.com/@allesaufdenti…

Pikant an diesem Datum war erneut das Timing - denn nur vier Tage vorher, am 26. September 2021, hatte bereits die Bundestagswahl 2021 stattgefunden. Die Würfel waren zum Startzeitpunkt der Nachfolgeaktion #allesaufdentisch also erneut bereits gefallen. tagesschau.de/inland/btw21/

Und es ist nicht so, dass man nicht vorher hätte online gehen können: Ein Großteil der Videos war zu diesem Zeitpunkt bereits fertig produziert. Man entschied sich jedoch ganz bewusst aus strategischen Gründen für einen Launch erst NACH der Bundestagswahl. Warum?

Wollte man keinen "Staub aufwirbeln"? Ging es erneut nicht darum, den politischen Willensbildungsprozess und Entscheidungen aktiv im Vorfeld mit der Aktion zu beeinflussen, sondern nur, die Stimmung der Bevölkerung abzufedern? Einen Konsens zu schaffen, der auch Kritiker mitnahm?

Ab dem 01. Oktober erschienen die ersten Presseberichte über #allesaufdentisch. "Der Westen" kommentierte, Liefers sei wohl "clever genug" gewesen, sich diesmal "nicht zu beteiligen". derwesten.de/politik/corona…

Weit gefehlt! Liefers hatte sehr wohl für die Aktion ein Interview-Video produziert, dieses wurde jedoch von den #aadt-Produzenten noch zurückgehalten. Gelauncht wurde es erst, nachdem Liefers a) einen Tränendrüsen-Artikel @BILD veröffentlicht hatte:

https://twitter.com/aya_velazquez/status/1610627131956170753?s=20

...und b) nachdem er bei @maybritillner die "harmlose" Frage gestellt hatte: "Ich habe es bis heute nicht ganz verstanden, warum geht das denn nicht, warum machen wir denn keine [Impfpflicht]? Wenn wir doch überzeugt sind, dass es das Beste wäre?"

https://twitter.com/aya_velazquez/status/1610624442270453761?s=20

Eine Woche nach seinem Auftritt bei @maybritillner wurde das Liefers-Video bei #allesaufdentisch hochgeladen. Auch wer im TV pro #Impfpflicht shilled, kann doch immer noch ein guter Rebell sein, nicht wahr? Keine roten Linien! Meinungspluralität, oder so.

Ich zweifle nicht an der Integrität der allermeisten Interviewten und teilnehmenden Schauspieler der Aktion. Nur: Aus Sicht der Produzenten hatte sie Liefers bereits im Frühjahr mit 3G "hintergangen". Warum also ein zweites Mal - nach BILD & Illner - seine Teilnahme befürworten?

Was danach folgte, werden viele von uns noch sehr genau in Erinnerung haben: Der harte 3G/2G-Winter, der Ausschluss von und extreme verbale Eskalation gegenüber Ungeimpften seitens Personen des öffentlichen Lebens, die im 07. April 2022 in der Abstimmung zur Impfpflicht gipfelte.

Wo war #allesaufdentisch während all dieser Zeit? Warum haben sie, trotz des vollen medialen Supports, etwa der @BILD-Zeitung im Rücken, ihre Forderung nach einem "Runden Tisch", während des Peaks des deutschen Maßnahmenwahnsinns, niemals erneut geltend gemacht?

Einmal ausgesprochen haben, reicht? Immerhin hat wenigstens mal jemand gesagt, was theoretisch sinnvoll wäre! So wichtig, aktiv dafür einzustehen, war es nun auch wieder nicht. Die Kritiker haben sich wenigstens mal irgendwo gesehen gefühlt - und weiter geht es mit den Maßnahmen.

Einige Teilnehmer der Aktion äußerten mir gegenüber, dass sie das Gefühl hätten, #allesaufdentisch hätte nur die Funktion einer "Gesellschaftsbefriedung" übernommen: Empörungsmanagement für intelligente Maßnahmenkritiker, die sich mit #Querdenken nicht identifizieren konnten.

Am 18.03.22 stimmte der BT für die erneute Änderung des IfSG. Dieses befugte die Länder weiterhin inzidenzunabhängig Maßnahmen wie Maskenpflichten oder die Testpflicht in Kranken- und Pflegeeinrichtungen beizubehalten. Kein Ende der Maßnahmen also. dserver.bundestag.de/btd/20/009/200…

Zeitgleich, vom 16-18.03., launchte das dritte Projekt von #allesdichtmachen / #allesaufdentisch: #dankefüralles. Die satirische Videoreihe insinuierte mit "Danke" und "Ab jetzt kommen wir alleine klar", dass die Maßnahmen vorbei seien. Und war die Zeit nicht sogar lustig-bunt?

Natürlich darf Satire alles- und die letzte Aktion des Schauspielerkollektivs fand im Vergleich zu den ersten beiden kaum noch Beachtung. Es wird jedoch die Frage gestattet sein, ob es sich um GUTE Satire handelte, nachdem viele Leute während des 3G-Winters alles verloren hatten.

Auch hier: Timing praktisch zeitgleich mit der verabschiedeten Entscheidung des Bundestages, wodurch nichts mehr hätte geändert werden können. Lustiges Framing für eine grausame Zeit. Wollen wir die C-Zeit nicht am besten alle in bunter Erinnerung behalten? War es nicht schön?

Hiermit endet mein kritischer Rekurs auf #allesdichtmachen, #allesaufdentisch und #dankefueralles. Und da #allesaufdentisch es nicht mehr tut, muss ich es wohl tun: Ich fordere einen "Runden Tisch" zur Aufarbeitung des Corona-Unrechts - damit sich selbiges niemals wiederholt.