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Jan 24 42 tweets 17 min read
#HolocaustMemorialDay - #WeRemember
In der Stadt #Passau wurden, trotz vieler Opfer, bisher erst drei Gruppen Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt.
In dieser Kurzserie soll - viel zu kurz - die Geschichte der der Familien Pick, Grünebaum und Burian erzählt werden.
🧵⬇️ Foto des Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus an d
Aber auch einige Rahmenbedingungen dürfen nicht fehlen, weswegen zuerst die Umstände beleuchtet werden.

#NoNazis
#WeRemember #HolocaustGedenktag
#KeinVergebenKeinVergessen
0. Geschichte/Umstände
Seit dem 10. Jahrhundert sind jüdische Spuren in Passau nachweisbar, im 14. Jahrhundert gab es eine Synagoge.
Auch in Passau gab es im 15. Jhd. judenfeindliche Haßreden des Dompredigers und einen sog. "Hostienfrevel".
#Antisemitismus
Die Konsequenz war bitter: 10 Juden wurden hingerichtet, 40 ließen sich taufen, die restlichen wurden vertrieben.
Erst im Zuge der "Judenemanzipation" ab Mitte des 19. Jahrhunderts zogen wieder vereinzelt Jüdinnen*Juden nach Passau.
#KeinVergebenKeinVergessen
Im Jahr 1897 wurde die israelitische Kultusgemeinde in #Straubing zugelassen, welcher sich kurz darauf die Passauer Juden*Jüdinnen anschlossen.

Zwischen 1929 und 1932 erstarkte die NSDAP auch in #Ostbayern/#Niederbayern und damit in Passau und Umgebung.
Unter Chefredakteur Otto Erbersdobler (Fürstenzell) trugen sowohl "Passauer Wacht" als auch die "Niederbayerische Rundschau" zum Erstarken des Nationalsozialismus i.d. Region bei.
E. war auch Gauleiter #Niederbayern, Präsident der IHK #Passau und von 1933-45 im Reichstag
#noNazis
1. Familie Pick
Julius Pick gründete im Jahr 1897 die Textilfirma Pick & Friedmann in #Passau welche ab 1906 Emil Burian leitete, er war außerdem Inhaber des Kaufhaus Pick in der Ludwigstr. 19.
Wie viele andere Passauer Juden*Jüdinnen war er damit im Textilhandel tätig. Stolpersteine erinnern vor der Ludwigstraße 19 in Passau an
Im Jahr 1901 heiratete ihn Henriette Lederer aus #Bamberg und bekam mit ihm zwei Töchter:
Lilly Pick geb. 1902 und
Paula Pick geb. 1904.
Ab 1906 lebte im Haushalt auch der 1900 geborene Pflegesohn Robert Weilheimer aus Ludwigshafen.
Dieser übernahm gemeinsam mit Henriette Pick 1924 nach dem Tod Julius' das Warenhaus.

Zum 01.04.1938 wurde Familie Pick von den Nazis gezwungen das Kaufhaus Pick zu verkaufen und durch die Firma "Schramm & Otto" arisiert weiterbetrieben.

#KeinVergebenKeinVergessen Boykott-Aufrufe Der Nazis an den Schaufenstern des Kaufhaus
Während Henriette & Paula 1938 noch hofften zumindest in München bleiben zu können wurde Robert Weilheimer 1938 wegen "Rassenschande" angeklagt.
Weilheimer wurde 1942 aus dem Zuchthaus Amberg in das Vernichtungslager #Treblinka verlegt & dort im selben Jahr ermordet.
#WeRemember
Lilly Pick heiratete 1928 den vier Jahre älteren Joseph "Sepp" Kundmüller, überstand mit diesem das III. Reich in Stuttgart und wanderte 1949 in die USA aus.
Ein Angebot der Bundesrepublik die Zollinspektorprüfung mit 58 Jahren nachzuholen lehnte Sepp ab.

#HolocaustGedenktag
Lilly und Sepp Kundmüller starben 1979 bzw. 1982 in Mountain View, Kalifornien.

Ihre Schwester Paula floh aus der Schweiz weiter in das britische Mandatsgebiet Palästina und heiratete dort Siegfried Gelman.
Paula Gelman starb 86-jährig in Haifa (Israel).
#WeRemember
Henriette Pick kehrte 1957 zurück nach München und verstarb 1971 dort im jüdischen Altersheim in dem Sie ihre letzten Jahre verbracht hatte.
#WeRemember
2. Familie Grünebaum

Leopold Grünebaum wurde 1876 geboren und entwickelte das von Robert Beermann übernommene Textilgeschäft in Passau zu einem Warenhaus weiter.
Seine Frau Margareta Haase heiratete er 1908, sie waren Eltern für Ilse (1910), Margot (1911) & Rosa (1912). Stolpersteine zum Gedenken an Familie Grünebaum vor der Nik
Leopold kümmerte sich um das Geschäft in der Ludwigstr. 3 in #Passau, Margareta führte die Filiale in #Vilshofen.
Zusammen mit Kindermädchen und Hausangestellten bewältigte Margareta die Zeit von Leopolds Militärdienst im 1. Weltkrieg.
Die Boykotte 1933 zwangen Grünebaums zum Totalausverkauf und dem Verkauf des Kaufhauses zum Spottpreis an Alois Kreilinger.
Die Stadt widmete dem "Kreilinger-Haus" eine Gedenktafel die auf die Besonderheit der "sieben zusammenhängenden Häuser" hinweist ohne sie jedoch zu erklären Gedenktafel (Foto: Stefan Daller) Kreilinger-Haus  Hier wohn
#HolocaustRemembranceDay #WeRemember
Die Kinder Ilse, Margot und Rosa überlebten den Holocaust.
Während Ilse über Berlin und England in die USA floh und dort am 20.01.2002 verstarb, wurde Margot aus Paris ins Lager Gurs verschleppt.
1944 wurde Sie dort von den Alliierten befreit und wanderte über Portugal in die USA aus. Sie verstarb 60-jährig in England.
Rosa fand während des III. Reichs eine Anstellung in England, zu ihrem Unglück wurde ihr Verlobter Albert Grünzeug ins KZ Dachau deportiert.
Nach seiner Befreiung durch die Allierten ging er nach Südamerika wo er schließlich Rosa wiedertraf und die beiden endlich in Venezuela heiraten konnten.
Rosa Grünzeug starb 1986 in Miami, Florida wohin sie 1979 zog.

#KeinVergebenKeinVergessen #WeRemember
Leopold und Margareta Grünebaum erkämpften sich über Jahre das Recht nach Venezuela zu emigrieren.
Am Tag vor der Abreise im Januar 1940 starb Leopold 63-jährig an einem Herzinfarkt. So verlor Margareta nicht nur ihren Mann sondern auch die Möglichkeit zur Flucht aus Deutschland.
Am 20.11.1941 wurde sie nach #Kaunas (Litauen) deportiert und dort am Tag der Ankunft mutmaßlich erschossen.
de.wikipedia.org/wiki/Erster_De…

#noNazis #WeRemember #KeinVergebenKeinVergessen #HolocaustGedenktag
3. Familie Burian
Emil Burian wurde 1877 in Hernals (17.Bezirk Wien) geboren und lebte ab 1898 in #Passau.
Im Jahr 1906 übernahm er von Julius Pick die Leitung dessen Geschäfts in der Wittgasse 9.

#WeRemember #HolocaustGedenktag Stolpersteine zum Gedenken an Familie Burian vor der Angerst
Im folgenden Jahr machte sich Emil Burian, von Julius Pick unterstützt, in der Roßtränke 12 mit einem bald breit geschätzten Tuchhandel selbständig.
Im selben Jahr heiraten die 16 Jahre ältere Anna Kathinka Lippmann und Emil.
Zusammen hatten sie drei Kinder: Gertrud "Trude" (1908), Kurt (1913) und Otto (1918).
Trotz ihrer engen Verwurzelung über mannigfaltige Mitgliedschaften in Parteien, Vereinen und Verbänden traf eine antisemitische Hetzkampagne von Streichers "Der Stürmer" die Burians hart.
Emil Burian gewann zwar einen Prozess gegen die Zeitung, der Boykott durch die Bevölkerung zwang die Burians jedoch ihr Geschäft aufzugeben und 1929 nach München umzuziehen.
Trotz Unterstützung durch ihre Kinder schafften es Emil und Anna Kathinka nicht aus Deutschland zu flüchten.
Der geplanten Flucht nach Mailand stand Mussolinis Antisemitismus entgegen, Himmlers Ausreiseverbot vereitelte die Flucht nach Kuba.
bpb.de/kurz-knapp/hin…
Beide wurden, wie Margareta Grünebaum, von München nach #Kaunas deportiert und dort Ende November 1941 von den Nazis ermordet.
SPD-lerin Trude lernte in Berlin, zu Besuch bei ihrer Freundin Ilse Grünebaum, ihren späteren Ehemann Eric Plotke kennen mit dem sie 1939 nach Chicago emigrierte.
Zum zweiten Mal verheiratet starb Gertrud Karolina Berkey im Jahr 1995 in Florida.
Kurt wurde vom Münchner Musikkonservatorium aus antisemitischen Gründen ausgeschlossen. Er flüchtete über die Schweiz, Italien und Panama in die USA.
Als äußerst talentierter Pianist reiste er mit dem Broadway-Musical "This is the Army" durch die Welt.

en.m.wikipedia.org/wiki/This_Is_T…
Er organisierte Touren nach und durch Deutschland, das er zeitlebens vermisste, und zog schließlich 1970 mit seiner Frau Frances zurück in seine Heimat Bayern.
Im Februar 1978 erlag Kurt Burian mutmaßlich einem Herzinfarkt im Skiurlaub in den Dolomiten.
Otto, der jüngste, musste auf Grund der Rassegesetze die Oberrealschule ohne Abschluss verlassen und floh 1938 über Antwerpen in die USA.
Dort machte er in New York eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker und versuchte vergebens zusammen mit seinem Bruder die Eltern zu retten.
70-jährig reiste er mit seiner Schwester Trude zurück in die alte Heimat #Passau und starb kurz darauf an einem "gebrochenen Herzen" wie seine Tochter schrieb.

#WeRemember #HolocaustMemorialDay #NieWieder #HolocaustGedenktag
X. Anna Elisabeth Rosmus und die Beharrungskräfte in #Passau

Ein großer Teil der Aufarbeitung Passauer Geschichte im III. Reich wurde, gegen massivste Widerstände, von Anna Rosmus geleistet.
Auch dieser Thread wäre ohne ihre umfangreiche Arbeit nicht möglich gewesen, bezieht er sich doch neben der Ausarbeitung "Aspekte jüdischen Lebens in Passau" von Dr. Stefan Rammer zum Großteil auf ihre Erkenntnisse.
Ihre Recherchen, die sie noch als Schülerin 1980 begann, wühlten den sorg- & mühsam unter der Decke gehaltenen Dreck auf.

Beispiele? Klar!
⏺ Bereits 1923(!) wurde im Passauer Dom die Hakenkreuzfahne der Nazis geweiht & die NSDAP-OG vom späteren SS-Mann und OB Moosbauer geführt
⏺ Im Passauer Bistumsblatt schrieb Domprobst Emil Janik unter anderem: "Keiner hat das Recht, in vaterlandsloser Gesinnung die Geschlossenheit dieser Front zu gefährden".
Die ~Aufdeckung~, dass sich der Domprobst systemtreu äußerte sorgte für Empörung, schließlich galt Janik - dessen Bruder Erwin Chefredakteur der PNP war - in der Stadt und der Kirche nicht als "brauner Emil" sondern als "herausragender Träger des Widerstandes".
So legten ihr Stadt - sie musste Zugang zum Archiv einklagen - und "verdiente Bürger*innen" bei ihren Recherchen nicht nur Steine in den Weg, sie wurde auch mit Entführung und dem Tod bedroht und musste schließlich 1994 selbst in die USA emigrieren.
Die Stadt bezeichnet auf ihrer Website das "Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus" zwar als "wichtigen Baustein" für die Gedenkkultur in Passau und stellt fest, dass es zur "Realisierung einiger Anläufe bedurft hat[te]"...
Was die Stadt-PR dabei aber vergisst ist, dass der Beschluss zur Errichtung in 1993 maßgeblich auf Anna Rosmus zurückgeht und die mehrfachen Anläufe der "Nestbeschmutzerin" und ihrer Vorkämpfer*innen seit 1947(!) blockiert wurden.
Weder am zentralen Ludwigsplatz noch an der Nibelungenhalle war ein Mahnmal genehm.
Lieber benennt man in #Passau Straßen um, auf Rosmus' Anfrage z.B. die "Eduard-Hamm-Str", zuletzt den "Platz der Opfer des Nationalsozialismus".

Andere Namen bleiben:
jusos-passau.de/meldungen/alte…
Wenn ihr also etwas über Passaus dunkle Geschichte lernen möchtet:
Lest Anna Rosmus' Bücher!

Für eine konsequente Nestbeschmutzung!
#KeinVergebenKeinVergessen! #NieWieder!

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