Thread by @BR24

CN #Gewalt an Kleinkindern. Diese Geschichte beginnt im Sommer 2019 in Julias Badezimmer. Ihr Sohn kommt bald in den Kindergarten. Als sie ihn bettfertig macht, bricht aus ihm heraus, was er in der Kinderkrippe erlebt hat. #Kita #twkita 🧵 1/22

„Er hat, zack, die Armbewegung gemacht, und da war für mich klar, er denkt sich das nicht aus, dass er auf den Kopf geschlagen und Blödmann genannt wurde.“ Julia erzählt einer befreundeten Mutter davon, auch Corinna fragt ihren Sohn. 2/22

„Er hat gezeigt, wie er mit der flachen Hand auf den Kopf gehauen wurde, weil er nicht essen wollte.“ - @GuerkovC & @hawrankowa von BR Recherche wollen mehr wissen, fragen bei weiteren Eltern nach. 3/22

Sie hören von immer mehr Vorwürfen, fast alle richten sich gegen eine Frau, die damalige Leiterin der #Kita. Wir nennen sie Martina S. Und die Liste ist lang: 4/22

Essenszwang oder zur Strafe kein Essen, 1- bis 3-Jährige sollen beschimpft, bedroht, geschlagen und zu Boden geworfen worden sein, in die Ecke gestellt oder kalt abgeduscht. 5/22

Einige Eltern erzählen, schon vor den Vorwürfen hatten sie ein schlechtes Gefühl in der Kinderkrippe Rassobande im oberbayerischen Grafrath. Die Kinder veränderten sich. Die Eltern hakten nach. 6/22

Auf Nachfrage habe Martina S. erklärt, alles sei in Ordnung. Auch bei Julia: „Ich vertraue der Erzieherin mein Kind an, und ich vertraue darauf, dass das, was sie sagt der Wahrheit entspricht. Und dem war nicht so.“ 7/22

Am 31. Oktober 2019 geht die Kita-Aufsicht des Jugendamts Fürstenfeldbruck auf den Träger zu. Erst damals will FortSchritt erfahren haben, dass Kinder in Gefahr sein könnten. 8/22

Anfang November räumt der Kita-Träger fünf Verdachtsfälle ein. Dabei war er nach BR-Recherchen schon seit Monaten im Bilde. Erzieherinnen und Eltern hatten im Sommer Alarm geschlagen. 9/22

Auch hinter der Arbeit der Kita-Aufsicht stehen Fragezeichen: Eltern und Erzieherinnen sagen, sie haben – teils anonym – das Jugendamt schon im Sommer 2019 über Vorwürfe informiert. Passiert sei nichts. 10/22

Das Jugendamt bestätigt: Familien haben sich im August und September 2019 beschwert. Deren Kinder aber hätten die Krippe bereits verlassen. Das Amt kommt zum Schluss: „Eine aktuelle Gefährdung von Kindern lag nicht vor“. 11/22

BR Recherche führt eine Umfrage unter allen 103 Kita-Aufsichtsbehörden in #Bayern durch, 77 nehmen teil. Ergebnis: Die Ämter arbeiten bei Verdachtsfällen unterschiedlich. Knapp die Hälfte befragt Eltern und Personal. Man sei doch keine Ermittlungsbehörde, heißt es woanders. 12/22

Ein Flickenteppich, kritisiert Linda Zaiane-Kulhmann vom @DKHW_de. „Es kann nicht sein, dass die Umsetzung des Kindeswohls vom Wohnort eines Kindes abhängt.“ 13/22

Vom Träger sind die Eltern enttäuscht, vom Jugendamt ebenso. Anfang November 2019 gehen einige Familien zur Polizei. Jetzt, so hoffen sie, wird alles gut. Es kommt anders. 14/22

Acht Familien erstatten Anzeige, die Ermittler gehen von zwölf Kindern aus, die womöglich Gewalt erfahren haben. Kinder vernehmen die Beamten nicht. 15/22

Eineinhalb Jahre später, im Juni 2021, bekommen die Eltern Post von der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen sind eingestellt. 16/22

Die Staatsanwaltschaft schreibt, dass die Eltern nur Zeugen vom Hörensagen seien, die Kinder noch keine „zeugenschaftliche Aussagetüchtigkeit“ hätten und objektive Beweise wie etwa Videos fehlten. 17/22

Mutter Corinna macht das auch heute noch wütend: „Solange immer ein Erwachsener sagt: ‚Nein, habe ich nicht gemacht, ist nie passiert‘, ist es nie passiert.“ Und Julia ergänzt: „Die Kinder haben einfach keine Stimme.“ 18/22

Kripo und Jugendamt hätten die Vorwürfe nicht bestätigen können, heißt es vom Träger FortSchritt, letztendlich habe Aussage gegen Aussage gestanden. Die ehemalige Leiterin Martina S. reagiert nicht auf BR-Anfragen. Für sie gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. 19/22

Manche Eltern wünschen sich, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen noch einmal überprüft. Auch Corinna: „Eine Entschuldigung wäre mir jetzt schon egal. Darauf warte ich nicht mehr. Aber ein Stück weit Gerechtigkeit.“ 20/22

Es gibt Hoffnung: Nach der BR- Anfrage an die Staatsanwaltschaft München II wollen die Ermittler nun doch weitere erwachsene Zeugen befragen. 21/22

Mehr dazu bei br.de/nachrichten/ba…, Recherche @GuerkovC & @hawrankowa, Redaktion: @nierlev & @helgaOoijn 22/22

Wenn Gewalt in der #Kita passiert, ist es oft schwer für Eltern und Behörden, das nachzuweisen. Wie schwer das ist und warum Erzieherinnen und Erzieher immer wieder schweigen, erzählt @GuerkovC von BR Recherche im #11KM #Podcast ardaudiothek.de/episode/11km-d…