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Einer der schlimmsten Diskreditierungen von Nichtbehinderten ist die "Extrawurst". Meine behinderte Kollegin bekommt eine Sonderregelung? Ich will auch eine Extrawurst. Die Planung wird wegen dem behinderten Menschen geändert? Jetzt haben alle Umstände wegen einer Extrawurst.
Behinderte Menschen haben, egal wie sehr sie sich bemühen und aufreiben, nicht die gleichen Möglichkeiten und Chancen wie Nichtbehinderte. Weder beruflich, noch in der Freizeit. Teilweise gibt es sogar massive Einschränkungen durch gesellschaftliche Barrieren.
Um das zumindest in Teilen zu kompensieren gibt es Nachteilsausgleiche. Das können Steuervergünstigungen, gesonderte Parkplätze, Zusatzurlaub, mehr Zeit in Prüfungen, Wohnförderung und diverse Ermäßigungen sein. Das klingt nach viel Geld, ist aber tatsächlich oft nur kosmetisch.
Um den vergünstigten Eintritt für ein Museum, Theater oder Konzert in Anspruch zu nehmen, muss man das Geld haben, um die ermäßigte Karte kaufen zu können. Viele Behinderte leben an oder unter der Armutsgrenze.
Ist die Buchung barrierefrei für seh- oder hörbehinderte Menschen möglich? Sind Angebote in leichter Sprache verfügbar? Auch mit einer Eintrittskarte ist nicht gegeben, dass jede behinderte Person überhaupt ins oft nicht barrierefreie Gebäude kommt.
Der Zusatzurlaub und der erweiterter Kündigungsschutz sorgt für Fragezeichen bei Arbeitgeber*innen und schürt den Irrglauben, man könne behinderte Menschen nicht mehr kündigen. Also stellt man sie lieber gar nicht erst ein und zahlt die Strafabgabe.
Das ist natürlich überspitzt formuliert; ich möchte euch nur zeigen, dass Nachteilsausgleiche oft lediglich kleine Gesten sind, um zumindest Versuche zu unternehmen, die Chancen und Möglichkeiten etwas an die der Nichtbehinderen anzugleichen.
Wenn nichtbehinderte Menschen kommen und bei jeder kleinen Erleichterung für Behinderte laut "Extrawurst" schreien und sich benachteiligt fühlen, ist das bitter. Sie erkennen nicht im Ansatz, wie privilegiert sie sind und mit wie wenig Einschränkungen sie ihr Leben führen können.
Behinderung ist ja kein exklusives Hobby eines erlesenen Personenkreises, sondern ein sehr großes Problem, das die Gesellschaft für einge Menschen verursacht und für das eben diese Gesellschaft verantwortlich ist.
Ich akzeptiere keinen Neid auf Nachteilsausgleiche, ich erwarte Lösungen für die Barrieren in der Gesellschaft. Auflösungen von exkludierenden Systemen wie Förder- und Sonderschulen, Werkstätten und Wohnheimen. Und auch das wäre keine Extrawurst. Es wäre Inklusion und Teilhabe.
Die einzige Extrawurst, die ich akzeptiere. Produktfoto von der Billa Website: Clever Extrawurst Geschni
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