Thread by @RonenSteinke

In der EU haben viele vergessen, dass einst auch Millionen Europäer von dem alten Kontinent flüchteten – und ohne Aufnahme erbärmlich krepiert wären. #Moria #LeaveNoOneBehind (ein Thread) (1/9)
sz.de/1.1962405

Der Flüchtlingsstrom, der einst aus Europa kam, bestand aus durchschnittlich einer halben Million Menschen - pro Jahr. Und dies ein ganzes Jahrhundert lang, zwischen 1824 und 1924. (2/9)

Insgesamt waren es 52 Millionen Europäer, die in diesem Zeitraum ihre Heimat verließen. Allein aus Deutschland kamen 1882 eine Viertelmillion Migranten. (3/9)

„Give me your tired, your poor,/ Your huddled masses yearning to breathe free.“ So steht es auf dem Sockel der Freiheitsstatue im Hafen von New York. Gedichtet von Emma Lazarus, selbst Tochter jüdischer Flüchtlinge. (4/9)

Gemeint waren u.a. die Iren, die im 19. Jhdt vor der Kartoffelfäule flohen, die 1 Mio. Menschen hatte verhungern lassen - vier Mal so viele wie bei der Hungersnot 2011 in Somalia... (5/9)

...oder jene Deutschen, die schon im 19. Jhdt. und erst recht zu Beginn des 20., auf der falschen Seite der Gesellschaft lebten; oben die glänzenden Goldknöpfe der Offiziere, unten die immer tiefere Depression der Massen. (6/9)

Vor allem in den Jahren nach der Reichsgründung 1871 litten Hunderttausende Deutsche an Hunger und den Folgen der Arbeitslosigkeit, zwischen 1820 und 1890 bildeten sie sogar die größte Gruppe unter den Neuankömmlingen in den USA. (7/9)

Schleuser gab es damals natürlich auch. Politiker schimpften auf sie als „Menschenhändler“, die europäischen Flüchtlinge aber nutzten ihre Dienste - und die heutige europäische Geschichtsschreibung ist bemerkenswert freundlich: (8/9)

„Die steigende Nachfrage verlangte nach einem Berater, der eine Auswanderung organisieren und den Auswanderungswilligen beraten konnte", schreibt etwa die Historikerin Barbara Schuttpelz verständnisvoll. Vieles sei illegal gewesen. Aber humanitär. (9/9)

Fotocredit: pri.org/stories/2016-0…