Ministerin Köstinger meldet ihr zweijähriges Kind als Mitglied der Jungen Volkspartei an. Warum ich das problematisch finde. (Thread)
Auf den ersten Blick könnte man sagen: Kinder sollten generell nicht kategorisiert werden. Sie sollten sich selbst entscheiden, zu welchen Gemeinschaften sie gehören wollen - von Religion über Parteien bis zum Schachclub. Doch ich glaube, ganz so einfach ist es auch nicht.
Wir alle werden in eine bestimmte Umgebung hineingeboren, die wir uns nicht ausgesucht haben. In eine bestimmte Stadt, in eine Familie, die besonders Wert auf Bildung legt, oder auf Marschmusik. Das prägt unsere Identität, lange bevor wir uns dessen bewusst sind - und das ist ok.
Würde ein Quantenphysiker seinem Baby einen Strampelanzug anziehen, auf dem "Mini-Quantenphysiker" steht, fände ich das nicht verwerflich. Klar ist das eine falsche Kategorisierung, das Kind wurde nicht gefragt. Aber Erziehung wird nun einmal einseitig von den Eltern festgelegt.
Bei politischen Parteien sehe ich das aber anders: Es ist eben genau falsch, sie als Millieu-bedingte Eigenschaft zu sehen, in die man hineingeboren wird. In einer Demokratie sollte Parteizugehörigkeit nicht eine Frage der Familie sein, sondern der bewussten Entscheidung.
Wenn wir die Musik hören, die uns seit der Kindheit begleitet, ist das nicht schlimm. Das schadet weder uns noch der Musik. Wenn wir uns für Weltraumfahrt interessieren, weil uns Tante Anna immer so spannende Weltraumgeschichten erzählt hat, ist das toll.
Aber zu einer politischen Partei zu gehören ergibt im Gegensatz dazu nur Sinn, wenn man sie bewusst ausgesucht hat. Das liegt in der Natur von Parteien in einer Demokratie. Sonst können wir gleich politische Parteien gründen, die Menschen nach Augenfarbe oder Haarfarbe einteilen.
Wenn dieser Grundsatz verwässert wird, indem man schon kleinen Kindern eine Parteizugehörigkeit umhängt, finde ich das ganz falsch. Meldet eure Babys meinentwegen im Dino-Fanclub an, oder im Turnverein. Das ist ok. Aber nicht bei einer Partei. Danke!

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