Aus politischer & psychologischer Sicht sehr lesenswert, wie @tinchilla & @ecraether im @DIEZEIT-Interview immer wieder versuchen, der kognitiven Dissonanz von Joschka Fischer zur #Klimakrise beizukommen.
Einerseits kennt er die Kipppunkte; weiß, dass die Klimaschutzmaßnahmen immer radikaler ausfallen müssen, umso länger wir warten & erkennt an, dass sich @FridayForFuture aus ‚zwingenden Gründen’ auf ‚das Jetzt & die nähere Zukunft‘ konzentrieren.
Andererseits kritisiert er ihre Kompromisslosigkeit (als wäre das nicht die der Physik) & beharrt darauf, dass im Parlament nur alle 4 Jahre Mehrheiten geändert & Kompromisse nur langsam errungen werden können. (Obwohl die planetaren Grenzen keine Kompromisse anerkennen werden.)
Jeder Versuch der Interviewer:innen, ihn dazu zu bewegen, diesen Widerspruch - auch angesichts der wenigen Zeit, die uns faktisch bleibt - einzugestehen, scheitert. Und zeigt, das Faktenwissen allein zur Erfassung der Klimakrise oft nicht reicht.
Und weil das schätzungsweise bei 98 Prozent der Menschen so ist, auch bei überraschend vielen @Die_Gruenen, sitzen wir so tief in der Tinte, wie wir es halt gerade tun.
Das Problem: Es handelt sich nicht allein um einen logischen Widerspruch.
Wer beide Zeitschienen zusammenführt, muss eingestehen, dass #Klimakrise sein eigenes Leben und/oder das seiner Kinder & Enkel hart treffen wird. Das verhindern auch psychologische Abwehr- & Selbstschutzmechanismen: Alles was nicht ins Weltbild passt, wird abgeblockt & verdrängt.
Man muss sich auch eingestehen, dass man das Problem so bisher übersehen & daher selbst dazu beigetragen hat, die Lösungen herauszuschieben & damit die Krise zu verschärfen. Das trifft insbes. auf Journalist:innen & Politiker:innen zu, die gesellschaftliche Verantwortung tragen.
Für sie ist es besonders schwer diese einzusehen, da sie zusätzlich ihrem Selbstbild widerspricht: Viele von ihnen beschäftigen sich jeden Tag mit wichtigen gesellschaftlichen Problem, sind umfassend informiert & wollen (idealerweise) dazu beitragen, die Welt zu verbessern.
Dass sie selbst, viele ihrer Kolleg:innen & die Mehrheit ihrer ‘Counterparts’ (je nachdem:
Journos oder Politiker:innen) etwas so zentrales wie die wirkliche Dringlichkeit der #Klimakrise übersehen haben könnten, scheint undenkbar. Auch wenn 27.000 @sciforfuture Alarm schlagen.
Die Anerkennung des vollen Ausmaßes der #Klimakrise zerstört bei Politiker:innen & Journalist:innen also nicht nur als Welt-, sondern auch das Selbstbild. (Fühlt sich beschissen an, kann ich aus eigener Erfahrung sagen.)
Und nun? Wichtig ist nicht (mehr), was wir bisher kollektiv falsch gemacht o. verpasst haben. Sondern was wir nach dieser Erkenntnis machen. Man muss keine Expert:in sein, um anzufangen, aktiv zu werden. Informiert euch. Fangt an, mit anderen darüber zu reden & Fragen zu stellen.
Und überlegt, wie ihr stattdessen konstruktiv damit umgehen & Teil der Lösung werden könnt. Am besten zusammen mit anderen. Und nein, das ist nicht zwangsläufig ‚Aktivismus‘. Das ist der bitter nötige Versuch, eine lebenswerte Welt für uns alle zu erhalten.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Es ist einigermaßen faszinierend, dass es @zeitonline auch am Vorabend von #VoteThisCAPdown nicht für nötig hält, auch nur einen einzigen kritischen oder zumindest angemessen einordnenden Text zur EU-Agrarpolitik online zu stellen. Wie bei jedem klimapolitischen Großereignis in
den letzten Wochen gibt’s nur aus Agenturen zusammengeklöppelte & entsprechend oberflächliche Stücke. Als wäre die #Klimakrise etwas, das man wegmelden kann.
Dabei stellt die Redaktion bei #Corona ja seit Monaten unter Beweis, dass sie Wissenschaftsjournalismus eigentlich kann.
Dass sie weiß, was exponentielle Kurven bedeuten; dass auch abstrakte wissenschaftliche Werte politische & reale Auswirkungen haben. Dass nicht jede politische Meinung gleich gewichtet werden kann, weil sie wissenschaftlich teils einfach Bullshit sind. Und entsprechend weniger
Wer sich fragt, warum ich oder etwa @TerliWetter hier manchmal so emotional werden, was die #Klimakrise betrifft, kann sich natürlich wundern, was bei uns geht.
Oder ihr könnt euch fragen, was ihr vielleicht verpasst habt.
Ich frag mich ehrlich gesagt, warum alle so ruhig bleiben, immer weitermachen & so tun als wären die #Klimakrise oder das #Artensterben auch nur ansatzweise unter Kontrolle. Oder als hätte beides nicht sehr bald dramatische Konsequenzen für unsere ganz persönliche Zukunft.
Solange nicht mehr Journalist:innen das Thema ernst nehmen, sich informieren, entsprechend in Redaktionskonferenzen für Themen eintreten oder selbst klar über diese Krisen sprechen & berichten - solange wird sich dran auch nichts ändern. Das haben wir 30 Jahre lang gesehen.
Diese Frage ist ein gutes Beispiel, wie wir Journalist:innen die Gefahren & Ausmaße der Klimakrise oft (unabsichtlich) dramatisch runterspielen. Schon die Fragestellung ist biased. ‚Oder der Klimaschutz, der die Lebensgrundlagen für Milliarden von Menschen retten würde?‘, ...
Ich denke, das liegt vor allem daran, dass vielen Kolleg:innen noch immer nicht klar ist, wie akut die aktuelle Situation ist & wie weitreichend die Auswirkungen auf unser Leben sein werden - schon in den nächsten 10, 20, 30 Jahren.
Jede:r Journalist:in muss wissen:
- Was ist das CO2-Budget & wie viel haben wir noch?
- Was sind Kipppunkte & was lösen sie aus?
- Was bedeuten 1,5, 2, 3 oder 4 Grad globale Erwärmung für die Lebensbedingungen von uns Menschen? Oder sogar 6 oder 8, weil sich die Entwicklung evtl
Ich hatte lange Argumente, warum ich mich nicht in die Klima-Debatte einbringen müsse. Weil andere sich kümmern; weil es viele andere Probleme gibt; weil ja alle ein Interesse haben, dass wir lebenswerte Bedingungen auf der Erde erhalten & deswegen schon alles gut gehen wird.
Das ist es, was viele von uns Erwachsenen in unserem Leben gelernt zu haben meinen. Schlimme Dinge passieren, aber am Ende kommt es nicht so schlimm wie gedacht. Viele von uns können sich nicht vorstellen, dass die @sciforfuture mit ihren Prognosen wirklich recht behalten sollen.
Für dieses Jahr ist das vermutlich zu knapp, @reporterforum, aber wie wäre es angesichts der Bedeutung des Themas denn mit der Kategorie #Klimaberichterstattung? Das betrifft ja längst nicht nur die Wissenschaftsreportagen. Und ja, @tazgezwitscher vergibt schon den Panter-Preis..
Beide haben auch gefragt, woran es liegt, dass viele das nicht sehen und diese Krise nicht entsprechend behandelt wird. Vielleicht auch an der Klima-Berichterstattung?