Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat heute jene Bestimmung aufgehoben, die die Hilfeleistung zum Selbstmord unter Strafe stellt. Nachdem hier der Inhalt der Entscheidung eh schon oft widerholt wurde, nur eine kurze Betrachtung dazu. Inhaltsangaben find ich unspannend. #Thread 
Die Wortfolge „oder ihm dazu Hilfe leistet“ in § 78 des Strafgesetzbuches ist verfassungswidrig. Sie verstößt gegen das Recht auf Selbstbestimmung, weil dieser Tatbestand jede Art der Hilfeleistung unter allen Umständen verbietet. Was ist nun dieses Recht auf Selbstbestimmung?
Als solches ist ein Recht auf Selbstbestimmung ja in der Verfassung nicht genannt. Der VfGH "extrahiert" es quasi aus mehreren Grundrechten heraus, nämlich aus dem Recht auf Privatleben, dem Recht auf Leben und dem Gleichheitsgrundsatz. Als diese zusammen ergeben quasi ein...
umfassendes Recht auf Selbstbestimmung zu dem es eben auch gehört, den Tod zu wählen, das Ende seines Lebens zu bestimmen. Jemand der mich bei der Verwirklichung dieses Grundrechtes unterstützt kann sich also nicht strafbr machen, das wäre unlogisch. Dieses Recht auf...
Selbstbestimmung könnte man allerdimgs auch als direkten Ausfluss der Menschenwürde sehen. Die Selbstbestimmung, also Freiheit ist ja der Inbegriff der Menschenwürde. Das Prinzip der Menschenwürde steht allerdings auch nicht in unserer Verfassung, was Wenigen bewusst ist.
Der VfGH und der OGH gehen allerdings davon aus, dass die Memschenwürde einen ungeschriebenen, allgemeinen Wertungsgrundsatz der österreichischen Rechtsordnung darstellt (VfSlg 13.635/1993; OGH 14.4.1994, 10 Ob 501/94). Das deutsch Grundgesetz nennt den Begriff der Menschenwürde
in Art. 1 des Grundgesetzes sehr wohl. Die deutsche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Sterbehilfe leitet das Recht auf Selbstbestimmung und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben aus dem im deutschen Grundgesetz zentralen Grundsatz der Menschenwürde ab.
Zum Begriff der Menschenwürde gibt es daher in Deutschland eine Vielzahl von Entscheidungen und eine dementsprechende Tradition, was zu einem sehr liberal ausgeprägten Begriff der Menschenwürde führte, den das österreichische Recht so nicht kennt. Daher, so nehme ich an hat der
VfGh sich entschieden den Weg über Gleichheitssatz, Recht auf Leben und Recht auf Privatleben zu nehmen um letztendlich aber zum selben Ergebnis zu kommen. Zwei unterschiedliche Grundrechtstraditionen, die zum selben Ergebnis führen, eine interessante Betrachtung, wie ich finde.
Nachbemerkumg: Mag der VfGH auch dogmatisch über EMRK und Art. 7 B-VG gehen um zum Recht auf Selbstbestimmung zu kommen und das "Recht auf ein menschenwürdiges Sterben" als Ausfluss des Rechtes auf Selbstbestimmung bezeichnen,so operriert auch er mit dem Begriff der Menschenwürde
Und verändert das nicht letztendlich auch den Bedeutungsgehalt des örsterreichischen Menschenrechtsbegriffes? Und darüber hinaus: Auch für das Christentum ist der Begriff der Menschenwürde ein zentraler. Menschenwürdiges Sterben würden die Religionsgemeinschaften wohl ganz anders
definieren. Damit entwickelt sich der verfassungsrechtliche Begriff der Menschenwürde wohl in dem Bereich weit weg von dem des Christentums. Auch in der Hinsicht ist diese Entscheidung wohl eine Zäsur.
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