Thread by @Andy_Duphresne

Ich habe mir das Telefonat der #Trumptapes auch einmal im Detail angehört. Ich will den Inhalt auch gerne einordnen, da mir neben dem mehr oder minder "sachlichen" Inhalt, auch sehr viel in der Verhandlungstaktik aufgefallen ist, die #Trump hier anwendet.

#TrumpTape

Ich hatte das ungewollte "Vergnügen" beruflich zahllose Seminare dazu besuchen zu "dürfen" und habe lange in einem Beruf gearbeitet, in denen harte Verhandlungen zu führen waren. Daher ist mir einiges in der Dynamik des Gesprächs aufgefallen.

Schon die Begrüßung ist spannend. Donald Trump wird von den primär auf der Gegenseite sprechenden (Brad Raffensperger und Ryan Germany) mit Mr.President angesprochen. Selbstverständlich, erfordert das doch das Amt des Präsidenten so. Der Präsident duzt die beiden. Das ist..

...ebenso selbstverständlich, kennt er sie beide doch gut. Raffensperger ist langer Parteikollege von Trump und auch bisher immer einer von Trumps loyalen Anhängern gewesen. Das spielt auf der Sachebene eine wichtige Rolle, ist doch Raffensperger nicht daran interessiert, Trump..

... zu schaden. Auch wichtig für das weitere Gespräch ist jedoch die "Augenhöhe". Diese wird das ganze Gespräch über eine Rolle spielen, sind doch beide Gegenüber der Trumpseite durchgängig fast schon krampfhaft bemüht, dem Präsidenten nie ins Wort zu fallen, ja ihm sogar...

...möglichst selten zu widersprechen. Trump spielt diese Karte immer wieder zu seinem Vorteil.
Der Beginn des Gesprächs: es ist fasst unfassbar, aber die ersten 12 Minuten (!) des Gesprächs spricht ausschließlich Donald Trump. Er fällt auch direkt mit der Tür ins Haus ..

...und lässt die ganze Scharade der Falschbehauptungen vom Stapel, die man schon den letzten Monat gehört hat. Dabei eröffnet er mit dem Donnerschlag der Falschbehauptung, er hätte die Wahl mit 250.000 bis 300.000 Stimmen gewonnen. Als "Beleg" führt er die Größe des Publikums...

...bei seinen Wahlkampfveranstaltungen an (kein Witz). Diese hatte er, trotz aller Corona-Risiken und anders als Biden, wie immer als popkonzertartige Großveranstaltung abgehalten.

Warum diese enorme Zahl? Zum Vergleich: tatsächlich gewann Biden die Wahl mit rd. 11.779 Stimmen.

Und hier haben wir den ersten sogenannten "schmutzigen Verhandlungstrick". Es ist die Vorbereitung darauf ein angestrebtes Zugeständnis zu erlangen. Dabei eröffnet man mit einer absolut unrealistischen "ersten Forderung". Denn dass es um Forderungen geht ist ja von Anfang an...

...klar und ich erzähle wohl niemandem zu viel, dass er am Ende als "Zugeständnis" anbietet, sich hier mit 11.870 "beschafften Stimmen zufrieden zu geben.

Die ersten 12 Minuten überhäuft Trump also mit einer unfassbaren Menge an Falschinformationen. So viele, dass es am Ende...

... für seine Gegenüber schier unmöglich ist, auf jede einzelne der Falschaussagen einzugehen. Wer glaubt dass es hier irgendwas anderes gab als Falschaussagen, der hat den letzten Monat die Entwicklungen...

...nicht beobachtet. Für diejenigen hier ein (zu recht) langsam etwas angenervter Fakten-Check von CNN.

cnn.com/2021/01/04/pol…
Mit all diesen Dingen ist Trump auch bereits reihenweise vor Gericht gescheitert. Denn vor Gericht bedarf es nunmal Beweise für derartige Behauptungen.

Aber wir sind hier ja nicht vor Gericht. Was macht diese Scharäder mit Raffensperger? Er scheint zu ahnen worauf das hinaus laufen soll. Gleichzeitig sieht er sich mit einer Unmenge an Großteils längst vor Gericht geklärten Sachverhalten. Ein klarer "schmutziger Trick":...

...wiederhole Falschaussagen immer und immer wieder. Versucht zu nerven, solange zu penetrieren bis der Gegenüber einbricht. Unfassbar übergriffige Methode, aber Trump hat natürlich noch mehr drauf.

Als er merkt, dass sein Gegenüber nicht nach gibt, verfällt Trump in klare...

...Drohungen. Auch holt er alte Unterstützung für Vertraute Raffenspergers raus und macht ihm damit klar, dass dieser hier eine Bringschuld hätte. Nochmal: Trump fordert hier von diesem Mann, dass er eine rechtmäßige Wahl, von Gerichten bestätigt, nachträglich sabotiert in dem...

...er ein paar Stimmen "beschafft". Als Ausgleich für eine Wahlkampfunterstützung eines Vertrauten von Raffenspergers. Das ganze garniert er mit dem lächerlich machen seines Gegenübers, in dem er behauptet, dessen politischen Gegner würden sich hinter verschlossenen...

...Türen über ihn schlapp lachen. Klarer Versuch der Manipulation. Wann immer Raffensperger mal zum reden kommt und einen der haltlosen Vorwürfe entkräftet, sagt Trump zwar das würde er nicht glauben (das scheint generell das Haupt"argument" zu sein) aber zieht die von ihm...

...hinter diesem Punkt hinterlegten Stimmen, "gnädigerweise" von seiner Anfangsrechnung (wir erinnern uns) ab. Er bestimmt auch im gesamten Gespräch, über welchen seiner haltlosen Vorwürfe gesprochen wird. Er "gibt" also mehr und mehr nach, beziehungsweise gibt dies vor. Sein...

...Hauptargument scheint immer noch das Tape zu sein, dass angeblich eindeutig zeigt, wie angeblich gefälschte Wahlzettel in Abwesenheit der Wahlbeobachter ausgezählt wurden. Was wirklich geschah findet ihr im obigen Fakten-Check. Den Vorgang hat sogar das FBI untersucht...

...und hier lag keinerlei Wahlbetrug vor. Doch das ist Trump natürlich nicht recht. Deshalb stellt er Detailfragen zu dem Vorgehen, auf das Raffensperger keine Antworten parat hat. Muss er auch nicht. Der Vorgang wurde im Detail untersucht und er hat mit dem Ergebnis umzugehen.

Was Trump hier macht ist mit Verunsicherung des Gegners Kontrolle auszuüben. Dabei ist es vollkommen irrelevant, ob Raffensperger noch jedes Detail zusammen bekommt. Das FBI hat ermittelt, das Gericht entschieden, Trump's "Argumente" wurden gehört, Beweise gesichtet. Das Ding...

...ist klar und im Sack. Trump nutzt es ausschließlich um Raffensperger zu verunsichern.

Parallel machen Trump's Anwälte immer wieder das Spiel des "Good Cop" bis Trump wieder loslegt. Über diese Taktik wird am Ende tatsächlich sogar ein Folgetermin verhandelt, über den wir....

...leider bisher nichts erfahren haben.

Was Trump auch schon im Geschäftsleben "ausgezeichnet" hat, transportiert er tatsächlich in die Politik. Er ist ein schmutziger Verhandlungsführer, einer der ganz alten Garde, die heute kaum noch einer mit der Kneifzange anfassen wollen...

...würde. Wer solche Machenschaften generell aber vertretbar findet, weil er/sie denkt, dass ja am Ende wichtig ist was für das Land dabei heraus springt, der denkt a) sehr kurzfristig und oberflächlich und vergisst b) worum es hier ging: Trump...

...hat versucht eine legitime und von den Gerichten bestätigte Wahl weg zu verhandeln. Er wollte die Stimmen der Wähler weg verhandeln. Alles für seinen totalen Machterhalt. Wer das gut heißt, sollte sich nie wieder "Demokrat" nennen dürfen.
#lasttweet