Immer wieder werden #Mindestlöhne als Jobkiller verurteilt. Wie @jtoelgyes erklärt, zeigt Alan Manning im #PaperderWoche allerdings: Es ist kein negativer Effekt von Mindestlöhnen auf die Beschäftigung nachweisbar.
#Thread
eprints.lse.ac.uk/107415/
1/n
Die Ergebnisse aus der Literatur widersprechen sich & sind laut Manning aus methodischen Gründen oft nicht verlässlich. Kaum verwunderlich, schließlich können Mindestlöhne aus theoretischer Sicht die Arbeitslosigkeit sowohl senken als auch erhöhen. 2/n
Einerseits: Besser bezahlte Jobs werden auch eher angenommen, weil: Wertschätzung gegenüber eigener Arbeit steigt, (Grund-)Bedürfnisse lassen sich eher decken, man muss keinen Zweitjob zum Bestreiten des Lebensunterhalts suchen, etc. 3/n
Wenn mehr Jobs angenommen werden, steigt auch die Beschäftigung. Gleichzeitig bekommen Menschen durch den Mindestlohn mehr bezahlt. Mehr Menschen, die zu höheren Löhnen Arbeiten führen dazu, dass insgesamt mehr Geld für Konsum zur Verfügung steht. 4/n
Somit kommt es zu Zweitrundeneffekten: Wird mehr konsumiert, muss auch mehr produziert werden. Dafür werden auch mehr Arbeitskräfte benötigt & neue Stellen werden geschaffen. Damit steigt die Beschäftigung weiter. 5/n
Andererseits: Höhere Löhne bedeuten, dass die Produktion von Waren & die Bereitstellung von Dienstleistungen teurer werden, schließlich kostet durch den Mindestlohn jede Arbeitsstunde mehr. Für Unternehmen kann es deshalb vorteilhaft sein, weniger Menschen zu beschäftigen. 6/n
Ein Mindestlohn kann die Beschäftigung damit erhöhen aber auch senken. Das Gesamtresultat hängt davon ab, welcher Mechanismus stärker ist. Damit ist im Vorhinein keinesfalls klar, dass ein Mindestlohn die Beschäftigung senkt – anders als in der Literatur oft behauptet. 7/n
Die Sichtweise, dass Arbeitskräfte besser bezahlte Jobs auch eher annehmen, gilt in der Mindestlohndebatte als „unkonventionell“, in der in der Arbeitslosengelddebatte als konventionell: höhere Sozialleistungen würden Menschen davon abhalten, Jobs anzunehmen

8/n
Abgesehen davon sind Arbeitsmärkte in der Realität um einiges komplexer. Die Entscheidung über die Annahme eines Jobs hängt nicht nur vom Lohn ab. Gleichzeitig müssen höhere Löhne nicht zwangsläufig zu höheren Kosten für Unternehmen führen. 9/n
Höhere Löhne bringen zufriedenere & produktivere ArbeitnehmerInnen. Diese wechseln dadurch weniger oft Job. Gleichzeitig sind ArbeitgeberInnen mit produktiveren Arbeitskräften zufriedener. Dadurch sinken Rekrutierungskosten. 10/n
Außerdem können Unternehmen oft einfach höhere Lohnkosten auf die VerbraucherInnen abwälzen, indem sie Preisaufschläge verlangen, besonders dann, wenn VerbraucherInnen kaum auf Preisänderungen reagieren – etwa, weil es keine alternativen Produkte & Dienstleistungen gibt. 11/n
Zudem können Unternehmen im Falle eines Mindestlohns auch schwer auf günstigere Arbeitskräfte zurückgreifen – sie müssen ja schließlich den Mindestlohn zahlen. Auch ein Ersatz der Arbeitskräfte durch mehr Maschinerie ist oft nicht so einfach möglich. 12/n
Fazit des Autors: Die Behauptung, Mindestlöhne seien Jobkiller, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Zwar könnte Beschäftigung ab einer gewissen Mindestlohnhöhe sinken. Bisher ist man davon aber weit entfernt. Lohnsteigerungen durch Mindestlöhne sind dagegen nachgewiesen. 13/n
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Mindestlohnforschung neuen Fragen widmen sollte. Ein konkretes Beispiel wäre, wie Mindestlöhne zur Bekämpfung von Fachkräftemangel genutzt werden könnten. Außerdem sollten die Besonderheiten von Arbeitsmärkten besser erforscht werden. 14/14

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