Der Physiker Roland Wiesendanger von der @unihh publizierte eine "Studie", die nachweisen soll, dass SARS COV-2 aus einem Labor stammt. Ich habe mir das jetzt ein bisschen angesehen und bin etwas schockiert. Was ging da alles schief? (Thread) zdf.de/nachrichten/po…
Zunächst: Der Autor ist nicht vom Fach, er ist Physiker. Das ist ok, das heißt nicht, dass er nichts zu Coronaviren sagen darf. Ich bin auch Physiker. Unterschied: Ich stelle keine eigenen Theorien zu Coronaviren auf, die dem Befund der Experten widersprechen. Er schon.
Wenn man dem Konsens der Experten widerspricht, ganz besonders, wenn man selbst nicht vom Fach ist, muss man ein ganz besonders großes Gewicht an Argumenten vorlegen. Tut er das? Sehen wir uns seine Studie an. Er behauptet, ein ganzes Jahr lang daran gearbeitet zu haben.
Ungefähr so lang, wie man für eine sehr sorgfältig geschriebene Diplomarbeit braucht. Doch bei jeder Diplomarbeitsprüfung bekäme er dieses Papier zurückgeworfen. Das wäre nicht einmal ein Nicht genügend, das wäre ein Skandal.
Er kopiert wild irgendwelche Texte zusammen, hebt Stellen, die er interessant findet, farbig hervor, und schreibt hier und da ein paar Kommentare dazu. Das ähnelt nicht einer wissenschaftlichen Arbeit, sondern dem Notizengewirr, das ein Verschwörungstheoretiker an die Wand pinnt.
Offenbar hat der KEINERLEI eigene Untersuchungen dazu gemacht, nur Internet-Recherche. Unter anderem bei Luc Montagnier - der begann zwar als Nobelpreisträger, hat sich dann aber bekanntermaßen zum vielfach widerlegten Esoteriker entwickelt. Hätte man leicht recherchieren können.
Montagnier wurde klar widerlegt - darauf geht Wiesendanger nicht ein, auch nicht über die vielen Argumente namhafter Wissenschaftler, warum SARS-Cov2 allerhöchstwahrscheinlich nicht aus dem Labor kommt. the-scientist.com/news-opinion/w…
Aber egal: Wiesendangers Traktat ist dermaßen unwissenschaftlich - selbst wenn seine Behauptungen grundsätzlich wahr wären, selbst wenn SARS-Cov2 wirklich aus dem Labor käme, wäre die "Studie" eine Schande. Das ist keine argumentierte These, das ist Internettext-Konfettiregen.
Wenn seine Aussagen wahr wären, wären sie also höchstens zufällig wahr. Sie haben einfach keine Verbindung zur echten Wissenschaft. Das ist eine Wolke von Behauptungen, ohne irgendwelche Aussagekraft. Und genau das darf einem Wissenschaftler nicht passieren.
Klar kann jeder seltsame Hobbys haben. Aber Wiesendanger schreibt, er habe die Studie "an der Uni Hamburg" durchgeführt. Offenbar in seiner Arbeitszeit als Wissenschaftler. Da wäre er seiner Uni schuldig, wissenschaftliche Grundregeln einzuhalten.
Der Uni-Präsident war angeblich informiert und stimmte zu. Ich bin gespannt, welche weiteren Reaktionen da noch von der @unihh kommen. Und die PR-Abteilung? Man hätte Wiesendanger vor sich selbst schützen müssen anstatt eine Presseaussendung zu schreiben.
Es war völlig klar, dass das ein mediales Gewitter verursacht. Leid tut mir das für alle Studis der Uni Hamburg, die hart und ordentlich arbeiten, und dann sehen müssen, dass ein Professor seine Zeit mit so etwas verbringt.
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Perseverence landet am Mars! Es wird wunderbar! Mein Lieblingsdetail daran ist ein Gerät, das vorerst noch gar keine Daten über den Mars liefern wird: Der Helikopter Ingenuity. Eigentlich eine völlig verrückte Idee. (Thread)
Das Hauptziel der Mission ist, den High-Tech Mars-Rover Perseverence Messungen durchführen zu lassen. Aber zusätzlich ist eben auch der Mini-Helikopter Ingenuity dabei. Zum ersten mal wird ein motorisierter, kontrollierter Flug auf einem fremden Planeten stattfinden.
Das ist überhaupt keine naheliegende Idee. Eigentlich ist der Mars nämlich völlig ungeeignet dafür: Seine Atmosphäre ist extrem dünn (ca. 1% der Dichte der Erdatmosphäre). Ein Helikopterblatt findet also kaum Luftmoleküle, um sich abzustoßen. Es ist wie Sprinten auf Glatteis.
Gerade WEIL mir internationale Gerechtigkeit sehr am Herzen liegt, ärgere ich mich über die Behauptung, Biontech/Pfizer müssten nur die bösen Patente fallen lassen, und schon könnte man überall auf der Welt Impfstoffe basteln. Nein, so läuft das nicht. (Thread)
Man kann nicht einfach irgendwo im improvisierten Garagenlabor Impfstoffe herstellen, auch wenn man die "Rezeptur" dafür kennt. Das klappt vielleicht mit Crystal Meth, aber nicht mit mRNA-Impfstoffen. Das stellen sich offenbar manche Leute zu einfach vor.
Es geht dabei nicht nur um die mRNA-Sequenz selbst, die Biontech entwickelt hat. mRNA ist höchst instabil, man braucht allerlei Tricks, um sie in passende Lipid-Nanopartikel einzupacken. Dafür braucht man passende Maschinen, erfahrenes Personal und vieles mehr.
Ein Text, der mich sehr ärgert: Ein Philosoph verteidigt Sucharit Bhakdi, attackiert naturwissenschaftlich denkende Menschen als "Sektierer" und spricht von "Rückfall in die Barbarei". Man sollte die Philosophie vor solchen "Philosophen" schützen. (Thread) derstandard.at/story/20001231…
Mit bemerkenswerter Arroganz versucht der Autor, Naturwissenschaftlern die Naturwissenschaft zu erklären, als hätten die noch nie von philosophischen Grundbegriffen gehört. Glaubt er, dass Physiker noch nie Popper gelesen haben? Das macht eine Diskussion schwierig.
Zunächst geht es um bloße Wortklauberei: "Wissenschaftliche Fakten" sei ein falscher Ausdruck, doziert der Autor. Denn es gibt ja keine "unwissenschaftlichen Fakten"! Wirklich? Auf diesem Niveau wollen wir diskutieren? Regt er sich auch auf, wenn jemand "Pariser Eiffelturm" sagt?
Das tut wirklich weh: Ein ganzseitiges Inserat mit haarsträubendem Corona-Unsinn, erschienen heute im Kurier. Sehen wir uns das mal an.
Klarstellung vorweg: Ich schreibe selbst eine Kolumne im Kurier, in der ich mich für Wissenschaft und gegen Verschwörungstheorien einsetze. Dieses Inserat macht leider das Gegenteil. Gerade deshalb MUSS ich Stellung beziehen, sonst würde ich mich völlig unglaubwürdig machen.
Argument 1: Masken seien nutzlos und gesundheitsschädlich. Das ist falsch. Zu Beginn der Pandemie war der tatsächlich noch nicht so ganz klar, wie wirksam die Masken sind. Außerdem gab es Bedenken, die breite Bevölkerung würde dem medizinischen Personal die Masken wegkaufen.
Für mich verblüffend: Die Putschisten im Kapitol versuchen nicht einmal, sich zu vermummen. Sie zeigen sich völlig offen, machen Selfies, geben Interviews. Das sind keine Leute, die das System stürzen wollen. Das sind Leute, die zeigen wollen: Wir sind jetzt das System! (Thread)
Dieses Video fasst das für mich wunderschön zusammen: Eine Frau ist fassungslos, dass sie beim Eindringen ins Kapitol Pfefferspray abbekommen hat. Bereitwillig nennt sie ihren Namen. Was sie dort wollte? Naja, Revolution eben! Was denn sonst?
Man kann gegen etwas sein und es trotzdem nicht verbieten wollen. Ich halte das für einen ganz wichtigen Gedanken. Mir wird momentan erst bewusst, wie viele Menschen das anders sehen. Das beunruhigt mich. (Thread)
Ein Beispiel: Ich engagiere mich seit vielen Jahren für wissenschaftliches Denken, gegen Esoterik, Aberglauben und Pseudowissenschaft. Ich finde Horoskope blöd, Verschwörungstheorien bedrohlich und alternativmedizinische Heilsversprechen gesundheitsgefährdend.
Aber nie wäre es mir in den Sinn gekommen, ein gesetzliches Verbot für all diese Dinge zu fordern. Soll es illegal sein, magische Heilsteine zu verkaufen? Nein. Soll man bestraft werden, wenn man sein Leben nach dem Horoskop ausrichtet? Nein, man braucht eher Hilfe.