Ich lese gerade die unterschiedlichsten Expert:innen zur #Klimakrise - und fast alle erwähnen früher oder später, mehr oder weniger deutlich, dass die Globale Erwärmung irgendwann unsere Zivilisation gefährden wird.
Einige sagen: Wenn wir so weitermachen wie jetzt, vielleicht noch in diesem Jahrhundert. Kinder, die heute geboren werden, würden das also ggf. erleben.
Niemand kann sagen, wann genau das passieren würde. Aber dass die Gefahr öffentlich überhaupt nicht diskutiert wird, ist schon schräg. Schließlich könnte man sich die unterschiedl. Argumentationen zumindest genau anschauen & ggf. Vorkehrungen treffen, um die Gefahr einzudämmen.
(Aber gut, hat man ja bei der wissenschaftlich schon länger bekannten immer größer werdenden Gefahr von Pandemien auch nicht für nötig gehalten ...)
Und: Trotzdem hat keine Partei einen ausreichenden Plan, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Und kaum ein:e Politik-Journalist:in hakt da mal wirklich ernsthaft & beharrlich nach.
Eigentlich müsste in jedem Beitrag zur Bundestagswahl erwähnt werden, dass die kommende Regierung die letzte ist, die ausreichende & sozialverträgliche Maßnahmen einleiten kann, um evtl. noch auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen.
Und kurz erklärt, welche unterschiedlichen Auswirkungen das 1,5- & 2-Grad-Limit voraussichtlich auf die Welt haben werden, zumindest aber auf Waldsterben, Hitzetote, die Trinkwasserversorgung & Ernteausfälle in Deutschland.
Stattdessen heißt es dann z.B. in der Auswertung direkt nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz auf @DLF, dass die Klimakrise bei der Wahl wohl keine große Rolle gespielt habe (Grüne bei 9,3%, immerhin +4%).
Ach, nee!? Schon komisch, dass sich nicht alle Wähler:innen zuhause hingesetzt & sich selbst zur Klimakrise belesen haben. Nachdem das in der Wahlberichterstattung in vielen Medien kaum eine Rolle gespielt hat.
Kann man ja von Politikjournalismus nicht erwarten, dass er naturwissenschaftliche Zusammenhänge erklärt? Und einordnet, wie unzureichend die politischen Antworten darauf sind.
Doch, das kann man. Und angesichts unterschiedlicher Studien zum Vertrauen in die mediale Berichterstattung in Deutschland würde ich auch behaupten: Das tun viele. Sehr viele.
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In der #Klimakrise leben wir in Parallelwelten: In der einen kämpfen Menschen mit aller Kraft darum, eine lebenswerte Zukunft für möglichst viele Menschen zu erhalten. In der anderen scheinen viele davon auszugehen, dass das noch Zeit hat & sich andere schon darum kümmern werden.
Mir war klar, dass die Politik zu langsam ist, dass das alles ganz schön knapp wird. Aber mir war nicht klar, wie ernst die Gefahr ist, dass wir es verkacken & das Klimaabkommen nicht einhalten. Und mir war auch nicht klar, was das bedeutet.
Dafür brauchte ich persönlich eine etwas klarere & emotionalere Ansprache. Allein die Fakten & Zahlen zu lesen, half mir nicht, die Bedeutung zu verstehen.
Auf Twitter folge ich schon länger @EricHolthaus & @ClimateHuman, die beide sehr emotional zur Klimakrise kommunizieren.
Ich hab den offenen Brief zur Klimaberichterstattung nicht geschrieben, um meine Kolleg:innen vorzuführen oder irgendjemanden zu ärgern.
Und es tut mir auf einer persönlichen Ebene tatsächlich Leid, dass ich versuche, Menschen dazu zu zwingen, sich mit einem sehr unangenehmen Thema auseinanderzusetzen.
Aber ich habe keine Hoffnung darauf, dass es reichen wird, diese Probleme einfach immer & immer wieder in Beiträgen zu erklären. Das machen einige Kolleg:innen seit Jahrzehnten, ich glaube nicht daran, dass das noch schnell genug zu einem großen Aha-Moment führen wird.
Stellt euch mal vor, Journalist:innen wären a) kritikfähiger oder b) zumindest interessiert, warum 200 Medienschaffende & einer der renommiertesten Klimaforscher meinen offenen Brief zur Klimaberichterstattung unterstützen.
Und man hätte ihn nicht einfach ignoriert, ...
... sondern sich mit den Kritikpunkten auseinandergesetzt, & heute, 7 Monate später, wüssten zumindest ein paar Kolleg:innen mehr, was die Klimakatastrophe ist & warum die kommende Bundestagswahl so entscheidend ist, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen.
Zumindest die würden darüber berichten, was der Unterschied zwischen 1,5 & 2 Grad konkret bedeutet, auch in Deutschland. Und damit eine bundesweite Debatte auslösen & so alle Parteien zwingen, Wahlprogramme vorzulegen, die es ermöglichen, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.
Ich hab die letzten Tage mehrere Interviews mit unterschiedlichen Klima-Wissenschaftler:innen & -Aktivist:innen gehört und muss sagen:
Dieser oft freundliche Plauderton & unkonkretes Andeuten unschöner Konsequenzen hilft m.E. nicht, die Verdrängung anderer zu durchbrechen.
Ich weiß, sein Gegenüber unter Druck zu setzen & mit Horrorszenarien zu malträtierten, bringt auch nix.
Aber wir müssen die Realität schon klar & deutlich benennen. Und da die ja leider dramatisch genug ist, müssen wir gleichzeitig Lösungen aufzeigen. Und zwar konsequent.
Aber NUR über Lösungen zu reden, bringt uns nicht weiter. Selbst dann nicht, wenn mein Gegenüber zustimmt & überzeugt werden kann. Das alles bringt nichts, wenn er nicht ahnt, wie schnell wir die umsetzen müssen.
.@FridayForFuture & @sciforfuture protestieren seit mehr als 2 Jahren dafür, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Was meinen diese jungen Leute damit, dass man ihnen – & uns allen – die Zukunft klaut?
Ein Thread.
Viele Menschen scheinen 1,5 & „deutlich unter 2“ Grad, wie es im Pariser Klimaabkommen vereinbart ist, für abstrakte – vielleicht sogar willkürliche – Zahlen zu halten. Schließlich scheinen die Regierungen nicht besonders hinterher zu sein, diese Limits einzuhalten.
Auch viele Medien scheinen nur mäßig besorgt, wenn Regierungen Entscheidungen verkünden, die nicht mit dessen Einhaltung vereinbar sind (Kohleausstieg 2038, die (ausbleibende) Reform der GAP, die EEG-Novelle, viele Wirtschaftsförderungsmaßnahmen in der Coronakrise …).
Liebe Kolleg:innen, es ist allen von euch, die meine Analysen & Kritik grundsätzl. richtig finden, klar, dass ich das Problem nicht für euch lösen werde, richtig?
Ich versuche mein Bestes, aber alleine mit den üblichen 3,5 Verdächtigen, die das seit Jahren machen, wird das nix.
Das ist genauso unrealistisch wie die Vorstellung, dass irgendwer anderes die Klimakrise für uns lösen wird. Da müssen schon alle, die das Problem ahnen, mitmachen, wenn sich noch schnell genug was ändern soll.
Solange ihr (selbst sachte) Kritik weder liket noch retweetet, mich nicht zur Blattkritik einladet oder für Interviews anfragt, in euren Redaktionen nicht massive Veränderungen anschiebt oder euch selbst in die Debatte zur Klimaberichterstattung einbringt, geht das zu langsam.