#Jerusalem #Thread

In den letzten Tagen habe ich - wieder einmal - beleidigende Nachrichten bekommen. Der Grund für diese Nachrichten ist kurios: Ich habe nichts zur Gewalteskalation in Jerusalem geschrieben, denn man sei ein "Hund der Zionisten".
Manche Muslime haben die Vorstellung, dass man sofort eine Meinung, eine Kampfansage formulieren muss, dass man Farbe bekennen muss, dass man ein Bekenntnis ablegen und Partei ergreifen muss.
Ja, die Regierung Netanjahu verfolgt eine desaströse Politik. Ja, es gibt extremistische Siedler, die alles wollen, nur keinen Frieden. Aber kann ich als Muslim die Augen davor verschließen, wie die Terrororganisationen Hamas u der Islamische Dschihad Hass und Gewalt verbreiten?
Kann ich als Muslim Terrororganisationen romantisieren? Das mag vielleicht einige enttäuschen, aber ich werde einen Teufel tun, Hamas und andere Organisationen als legitimen Widerstand zu sehen.
Und ich kaufe niemandem die Naivität ab, dass es der Hamas um ein paar Häuser in Ostjerusalem geht. Vielmehr instrumentalisiert die Hamas diesen Konflikt dort, um mit einer gezielten Eskalation seine Macht im Westjordanland zu erweitern.
Nachdem Abbas die Wahlen abgesagt hat, will sich die Hamas die Unzufriedenheit darüber im Westjordanland ausnutzen. Die Raketenangriffe aus Gaza sind eine Machtdemonstration, und die Hamas nimmt bewusst große Verluste in der eigenen Zivilbevölkerung in Kauf.
Tote Palästinenser sind das Lebenselexier von Terrororganisationen wie die Hamas. Sie haben nicht nur Israel, sondern auch ihrer eigenen Bevölkerung den Krieg erklärt.
Die Hamas ist für mich keine 'islamische' Bewegung, sondern durch und durch nihilistisch. Und an diesem Punkt muss ich Farbe bekennen als Muslim, auch wenn es manchen muslimischen Zeitgenossen bitter aufstoßen könnte.
Staatsführer muslimischer Staaten wie Erdogan sind ebenfalls an Doppelmoral nicht zu überbieten. Während sie seit Jahren kein einziges Wort über das Genozid an den Uighuren verlieren, inszenieren sie sich jetzt als Beschützer der Palästinenser.
Aber eigentlich sind diesen Demagogen die Palästinenser völlig egal. Sie instrumentalisieren diesen Konflikt. Mit der religiösen Überhöhung dieses Konflikts wollen sie von ihren eigenen Problemen ablenken. Und was passt da besser, als gegen Juden zu wettern.
Die extreme Emotionalisierung und religiös-ideologische Aufladung dieses Konflikts durch Akteure in beiden Lagern führt am Ende zu noch mehr Gewalt, noch mehr Leid, aber nicht zum Frieden.
P.S. Es ist bezeichnend, dass muslimische Verbände in Deutschland sich zu Israel immer äußern, aber nie ein Wort zur Hamas verlieren.
Bereits 2014 hatte ich dazu folgendes für @dlfkultur verfasst:

deutschlandfunkkultur.de/nahost-debatte…
An die üblichen Verdächtigen: Nein, ich bekomme für diesen Thread kein Geld vom Mossad.

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19 Feb
"Eren Güvercin von der islamischen Alhambra-Gesellschaft beschreibt dies wie folgt:

"Die rechtsradikale Blutspur der letzten 20 Jahre vom NSU bis Halle und Hanau führt uns vor Augen, mit welch existenzieller Bedrohung aus der rechten Ecke wir als deutsche Muslime, +
+ Juden und andere Minderheiten konfrontiert sind. Aber was für Schlussfolgerungen ziehen wir als Gesellschaft und vor allem die politischen Entscheidungsträger? Wenn weiter elementare Fragen zum NSU-Komplex unbeantwortet sind, wenn politische Parteien in Wahlkampfzeiten immer +
+ noch mit populistischer Sprache bei Themen wie Clankriminalität Ressentiments schüren und immer noch von Einzeltätern gesprochen wird, statt die rechtsradikalen Netzwerke gezielt zu bekämpfen, dann verlieren jene Bürger, die zum Ziel dieser Gewalt werden, das Vertrauen in +
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7 Feb
Als Muslim in Deutschland finde ich es alles andere als hilfreich einem Propagandasender eines autoritären Regimes, welches elementare demokratische Rechte mit Füßen tritt, hier auf den Leim zu gehen. @helgelindh
Der nationalistisch-identitären Allianz zwischen #AKP und der rechtsextremen #MHP und ihren Institutionen wie #TRT und #SETA geht es nicht um die elementaren Rechte von uns deutschen Muslimen. Ihnen geht es nur darum dieses Thema für ihre Agenda zu missbrauchen. @helgelindh
Entweder sind Sie naiv und nicht auf dem Laufenden, oder Sie agieren ebenfalls strategisch, um Stimmen aus diesem Milieu zu bekommen. Unabhängig davon tun Sie uns Muslimen in Deutschland damit keinen Gefallen. @helgelindh
Read 7 tweets
2 Nov 20
In den letzten Tagen musste ich immer wieder lesen, wie Muslime sich darüber aufregen, dass sie sich immer nach Anschlägen distanzieren müssen. Auf individueller Ebene kann man diese Frustration verstehen. Aber als Gemeinschaft können wir diese Passivität uns nicht leisten.
Die Zeit der zur Routine verkommenen Anteilnahme und Beileidsbekundungen ist vorbei. Wir müssen als muslimische Community offensiv den Kampf mit den ideologischen Milieus führen, die zu diesen Taten führen.
Diese Taten entstehen nicht im luftleeren Raum. Wo wir diesem Gedankengut begegnen, gilt es eine klare Haltung zu zeigen, und nicht zu beschwichtigen oder zu schweigen.
Read 10 tweets
2 Nov 20
Dieser Zeitgenosse fragt, für wieviel ich mich verkauft habe, um Erbas/Diyanet zu kritisieren. Solche Leute kommen natürlich nicht auf die Idee, dass man als Muslim in der Lage ist kritisch zu reflektieren. Es müssen immer dunkle Mächte sein, die einen 'kaufen'. Wie armselig.
Hm, interessant. Er ist sogar Imam einer Moscheegemeinde, und zwar von der Islamischen Kulturunion e.V. Recklinghausen... facebook.com/watch/ikuevre/
Eine Frage @igmgorg: Ist das ein Imam ihres Verbandes? Er steht hier vor einem Plakat der IGMG Reiseagentur.
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2 Nov 20
Der Chef der türkischen Religionsbehörde #Diyanet Erbaş "verflucht die Veröffentlichungspolitik" von Charlie Hebdo. Was für eine Position vertritt die #Ditib zu diesem Thema? Immerhin ist Erbaş die 'religiöse Autorität', an der sich Ditib orientiert.
diyanet.gov.tr/de-DE/institut…
Die Diyanet war und ist keine religiöse Autorität, sondern unter der Kontrolle des Staates. Die einzige Funktion, die ein Erbaş hat, ist die gegenwärtige Politik eines Erdogan pseudo-religiös zu flankieren. Daraus ergeben sich grundsätzliche Fragen für die #Ditib.
Haben sie eine andere Haltung zu diesem Thema? Wo kann man diese nachlesen? Und inwiefern hat diese aggressive Rhetorik eines Erbaş Auswirkungen auf die Imame der Diyanet hier bei uns?
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2 Nov 20
"Deutsche Muslime, unabhängig von ihrer Religiosität, stehen heute mehr denn je am Scheideweg." - Wichtiger Debattenbeitrag von @sabanurcheema @BS_AnneFrank fr.de/meinung/gastbe…
"Die muslimische Gemeinschaft in Deutschland muss den Vereinnahmungsversuchen der Autokraten aus dem Ausland und radikaler Gruppen hierzulande eine klare Absage erteilen. Trauerbekundungen und das reflexhafte Beschwören von Demokratie und Toleranz reichen längst nicht mehr aus."
"Und nein, die Situation der Muslime in Europa heute hat gar nichts zu tun mit der staatlich organisierten, systematischen Entrechtung und Verfolgung der europäischen Juden in der Nazi-Zeit, die zur industriellen Vernichtung von sechs Millionen Menschen führte."
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