Symptomatisch für die Fehler, die im Gesundheitsministerium passiert sind, wenn grüne Abgeordnete im Landtag im Mai 2021 draufkommen, dass man "das Virus viel ernster nehmen muss als wir dachten".
Dazu passt das Statement neulich "Wer nicht die letzten 1,5 Jahre im Gesundheitsministerium gearbeitet hat, hat Corona nicht erlebt."

Gnadenlose Selbstüberschätzung.
Wir haben nicht vor den Spätfolgen von Corona gewarnt, um Panik zu verbreiten oder das Standing der Grünen gegen den türkisen Koalitionspartner zu schwächen. Wir schauten einfach über den Tellerrand: UK/USA waren stark betroffen in der ersten Welle. Von dort gibt es viele Daten.
Erste Berichte zu LongCovid-Symptomen ploppten bereits im Mai 2020 auf.

Und am 30. April 2020 gab es diese beunruhigende Meldung aus dem Tauchsport:

Pathologische Lungengewebsveränderungen selbst nach milden Verläufen:

kfv.at/covid-19-erste…
Anschober sprach am 27.02.21 davon, dass "Schuldzuweisungen das Schlechteste innmitten einer Pandemie" wären. Uns ging es aber (zunächst) nicht um Schuld, sondern um Verantwortung und vor allem, um Fehler in der Pandemiebekämpfung rechtzeitig zu korrigieren.
Stellt Euch vor, wir hätten schon im Frühherbst #LongCovid so ernstgenommen wie jetzt einige betroffene Politiker, dann wäre die "Auslastung der Intensivstationen" nicht mehr das einzige Kriterium geworden, um frühzeitig Maßnahmen zur Kontaktreduktion zu setzen.
Ich würde sogar, mal die türkisen Interessenskonflikte beiseite legend, soweit gehen, dass man stärker auf Aufklärung und Transparenz hätte setzen können, BEVOR man zum Lockdown-Hammer greifen muss.
#LongCOVID berücksichtigen hat aber nur eine einzige logische Konsequenz: #NoCovid alias NiedrigInzidenz als Ziel. Weniger Infizierte, weniger LongCOVID - as simple as that.
Dem grünen Gesundheitsminister wird nämlich dämmern, dass 100000 LongCOVID-Patienten versorgen auf Jahre gesehen dem Staat ziemlich teuer kommen wird. Würde das jetzt - was türkis will - ohne Reichensteuer auf die Niedrigverdiener abgewälzt, stehen die Grünen schlecht da.
Vielleicht wird es den grünen Regierungsmitgliedern aber auch dämmern, dass es eine vermeidbare Zahl an Toten gegeben hätte, und vermeidbare schwere Verläufe (10% davon sterben innerhalb eines halben Jahres an den Folgeschäden).
Das alles nämlich nur, weil "harte Triage vermeiden" als oberstes Ziel ausgegebn wurde:

Anschober: „Heute haben wir einmal den Grundkonsens geschaffen, dass unser Hauptblickpunkt und unser Entscheidungskriterium die Situation auf den Intensivstationen ist.“ (22. März 2021)
Kurz hat bereits im Jänner mehrfach angekündigt, und die meisten Berater haben das gestützt (Kollaritsch, O. Wagner, Schmid, von Laer, Klimek, etc.):

Sobald die Alten/Vorerkrankten geimpft sind, können wir uns höhere Fallzahlen erlauben.
@WolfgangMueckst hat gleich nach Amtsantritt mehrfach betont, seine Aufgabe wäre es, die Überlastung der Intensivstationen zu verhindern.

Die gibt es jetzt wegen Impffortschritt womöglich nicht mehr. Jüngere (inklusive noch nicht impfbarer Kinder) können aber LongCOVID bekommen.
Wo lässt uns das jetzt zurück? @WolfgangMueckst hat zugegeben, dass #LongCovid ein Problem darstellt. @rudi_anschober hat in seiner Abschiedsrede gesagt, es ginge um jeden einzelnen Infektionsfall. Die Lockerungen gehen leider in die Gegenrichtung.
Die begleitenden Maßnahmen sind ohne Not unzureichend, sei es schlechte Antigentests statt verfügbarer PCR-Gurgeltests (siehe Interview @Chr_Steininger in der Presse), zu früh erlaubte Indoorgastronomie, Wohnzimmertests erlauben, etc.
Von fehlender wissenschaftlicher Begleitung der Öffnungen über ein Jahr nach Pandemiebeginn rede ich gar nicht erst. Reduktion der Abstände? Entweder gibt es ein Risiko oder nicht. Wenn man indoor mehr Menschen erlauben will, muss man die Zugangsregeln anpassen (PCR statt AG).
Zu guter letzt die Varianten....letztes Jahr begingen wir schon einmal den Fehler zu früh zu weitreichend zu lockern. Ab Mitte Juni setzte exponentielles Wachstum ein, im Oktober flogen uns die Infektionszahlen um die Ohren.
Für Herdenimmunität werden die Impfungen und Infizierten bis Herbst nicht reichen. Die bräuchten wir aber, damit das Virus sich nicht (wieder) weiter ausbreiten kann. In UK sieht man gut, was passiert, wenn man glaubt, mit der Impfung wär alles unter Kontrolle.
Genauso Chile oder Uruguay (ehemals Vorzeigeland).

Signifikante Zuwächse bei den Kindern durch B.1.167.2:



Im Herbst kommt dann auch die Influenza wieder dazu, dann kann es schnell brenzlig werden. Auch die gefürchtete Doppelinfektion bei Kindern?
Was ich sagen will: Zu erkennen, dass es ein Problem gibt, das lange Zeit geleugnet wurde, ist der erste Schritt. Notwendige Schritte zur Lösung setzen aber der nächste, und da seh ich in den gesetzten Schritten momentan leider das Gegenteil. Das reicht nicht. /fin

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31 May
Interessantes Interview mit @Chr_Steininger in der #PamS. Die Fragen von @koeksal_baltaci sind allerdings furchtbar tendenziös:

1) Ob es sinnvoll wäre, bei einer 7-Tages-Inzidenz unter 40 wäre, so viele PCR-Tests machen?

[Ja, es hält die Dunkelziffer niedrig]
2) Baltaci spricht von einem starken saisonalen Effekt, der so aber nicht bewiesen ist.

Die Gründe für die Rückgänge sind mannigfaltig (Ost-Lockdown, Prä-Impfverhalten, Impfungen). Übrigens gab es letztes Jahr schon ab Juli sukzessive steigende Infektionszahlen.
3) Bekannte #GreatBarrington-Argumentation:

Baltaci fragt ernsthaft, ob es nicht ausreichen würde, nur symptomatische Menschen zu testen statt "wahllos gesunde".

[Pandemie wird asymptomatisch getrieben, guten Morgen, wissen wir seit Jänner 2020!]
Read 9 tweets
30 May
Gute Besserung, lieber @michelreimon.

Muss Dich aber in einem Punkt korrigieren. Der Zusammenhang zwischen Covid und Epilepsie wurde schon lange vor Jänner 2021 wissenschaftlich diskutiert.

Ich hab es erstmals am 23.09. im Blog erwähnt.
Epileptische Anfälle sind auch von anderen Coronaviren bekannt.

seizure-journal.com/article/S1059-… (Mai 2020)
aerzteblatt.de/archiv/213869/…

thelancet.com/action/showPdf… (Juli 2020)
Das zeigt (leider) auf, wie fatal es war, man monatelang nicht auf Berichte über LongCovid zu reagieren und zu wenig darüber aufzuklären, worauf man achten muss. So wie Dir wird es vielen gehen, die ihre Infektion nicht bemerkten und jetzt unerklärliche Symptome haben.
Read 5 tweets
30 May
Unpopuläre Meinung, aber ich kann die Empörung über "schwarze Schafe" bei den Kontrollen durch die Wirte/Kellner nicht durchgehend mittragen.
Ich finds generell ein Unding von der Regierung, zu suggerieren, dass die Pandemie vorbei wäre (wie es die weitreichenden Lockerungen verkörpern), und gleichzeitig die Kontrolle der Einhaltung der Regeln auf die Wirte/Unternehmen abzuwälzen.
Es ist strenggenommen eine Bringschuld der Gäste, keine Holschuld der Bewirter. Das mag anders sein, wenn es eine digitale Lösung für alle gibt, die einheitlich ist (z.B. QR-Scanner), aber derzeit ist es je nach Personalstand eine Zumutung.
Read 8 tweets
29 May
Da heißt es oft, Autisten würden sich in Details verzetteln und hätten Probleme, das big picture zu sehen. In der Pandemie scheint es umgekehrt. Journalisten scheitern daran, die Zusammenhänge herzustellen:

Warum jetzt die großen Lockerungen? Ablenkung von WkSta-Klagen.
ZeroCovid/NoCovid böse und totalitär, aber wodurch entstehen gehäuft Virusvarianten mit Fluchtmutationen und höherer Übertragbarkeit? Durch hohe Inzidenzen.
@longcovidAT - hoppla, doch über 10% Betroffene, darunter auch Kinder, nicht in allen Fällen heilbar. Monatelange Folgen. Bei Hospitalisierung und Übergang zu MECFS mitunter bleibende Schäden.
Höhere Inzidenzen tolerabel, sagen Fachexperten mit Tunnelblick -> mehr Betroffene.
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28 May
Soll man sich als Geimpfter weiterhin testen? Überlegungen dazu als medizinischer Laie....

1/10
Zwischen 1. und 2. Teilimpfung hat man keinen vollen Impfschutz, was besonders auch bei den Varianten (B.1.1351, P1, B.1.167) gilt.

Nach 2. Teilimpfung ist die Immunantwort unterschiedlich ausgeprägt. Manche sind steril immun (können sich nicht infizieren), andere nicht.

2/10
In den meisten Fällen wird ein hoher Antikörperstatus wohl sterile Immunität erzeugen, aber nicht in allen. Dann gibt es aber in den meisten Fällen klinische Immunität (Schutz vor schwerer Erkrankung).

3/10
Read 11 tweets
25 May
Bisamberg.
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