Was ist eigentlich ökonomisch so problematisch an Rentenbeiträgen über 20 %, wenn damit eine längere Rentenzeit (wg. höherer Lebenserwartung) finanziert wird und wenn diese längere Rentenzeit den Präferenzen der WählerInnen entspricht? 1/
(Abgesehen davon, dass Deutschland auch schon Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung von über 20 % hatte, ist auch das theoretische Argument gegen höhere Rentenbeiträge aus meiner Sicht schwach.) 2/
In der Vergangenheit wurde gerne diskutiert, dass die höheren Beiträge das Arbeitsangebot senken würden, weil sie ja wie eine Steuer wirkten und sich dann „Arbeit nicht mehr lohne“. 3/
Mikroökonomisch ist dies aber nur schwach fundiert bzw. gilt nur in einer Welt, in der die späteren Rentenzahlungen vernachlässigt werden oder in denen die Kapitalmarktrendite deutlich höher ist als die interne Verzinsung der Rentenversicherung. 4/
Derzeit bedeuten ja die höheren Beiträge wegen längerer Lebenserwartung keine Steuer, sondern aus Sicht der Beschäftigten eigentlich nur ein Zwangssparen: In der Jugend wird mehr eingezahlt, dafür kommt auch früher (und länger) Geld wieder zurück. 5/
(Klar, makroökonomisch wird hier nichts gespart, aber das ist aus individueller Sicht des Einzelnen ja egal. Und makroökonomisch hat Deutschland nunmal auch keinen Mangel an Ersparnis.) 6/
Solange das Zwangssparen nicht über das hinaus geht, was der Einzelne freiwillig gespart hätte, gibt es ökonomisch keinen Grund, warum höhere Beiträge und gleichzeitig höhere Renten das Arbeitsangebot der Jungen reduzieren sollte. 7/
Das gilt derzeit umso mehr, als dass die interne Rendite der Rentenversicherung sogar besser ist als die sichere Anlage am Kapitalmarkt. Aus Sicht des Einzelnen ist das in der GRV abgezogene Geld für das Lebenseinkommen mehr wert als eine Anlage auf dem Tagegeldkonto. 8/
Ein Problem wäre es nun, wenn das Renteneintrittsalter die Menschen zwingen würde, ab diesem Alter aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Das ist aber ja nicht der Fall. Rechtlich dürfen Rentner jenseits der Regelaltersgrenze weiterarbeiten. 9/
(Nebenbemerkung: Es fällt dann allerdings kein Rentebeitrag mehr an, d.h. es bleibt dem Beschäftigten nach Renteneintritt mehr netto vom brutto, die Rente wird trotzdem gezahlt.) 10/
Dass die wenigsten Menschen trotzdem über die Regelarbeitsgrenze hinweg weiterarbeiten deutet darauf hin, dass ein Renteneintritt zur aktuellen Grenze (derzeit etwas über 66) im Großen und Ganzen den Präferenzen entspricht. 11/
Was also genau ist das Problem, was man lösen möchte, wenn man Renteneintrittsalter erhöht, um die Beiträge niedrig zu halten? /END
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Nach den sehr guten Impfzahlen von Mittwoch und Donnerstag zeichnet sich ab, dass diese Woche eine Rekordwoche bei den Impfungen gegen #Covid19 werden könnte.
Leider muss ich allerdings heute doch etwas Wasser in den Wein schütten – es zeichnen sich Schwierigkeiten ab. 1/
Auf den ersten Blick liegen die Verimpfungen gut auf dem Pfad, den @AndrewWattEU und ich nach Ostern projiziert haben, um rechnerisch 52,5 Mio. Menschen (75 % der Erwachsenen) bis Ende Juli 2021 vollständig zu impfen. 2/
ABER: Dieser Pfad war berechnet mit einem signifikanten Anteil an J&J-Impfungen. Diese Impfungen sind weit hinter unserer Projektion zurück, weil J&J einfach viel langsamer geliefert hat als ursprünglich angekündigt. 3/
Hier auf Twitter wurde diskutiert, dass die Impfzahlen für die vergangene Woche nicht gut ausgefallen seien. Das kommt darauf an, welchen Maßstab man setzt. Die Impfzahlen lagen leicht unter den Rekordwochen, waren aber keine Katastrophe. 1/
Tatsächlich liegen sie im Großen und Ganzen noch auf dem im März projizierten Impfpfad von @AndrewWattEU und mir für 52,5 Mio. Komplettimpfungen bis Ende Juli. 2/
Was eigentlich enttäuscht, war, dass nicht mehr geimpft wurde. Angesichts der vom @BMG_Bund vorher veröffentlichten Prognosen für Impfstofflieferungen wäre eine Rekordwoche möglich gewesen. 3/
Letzte Woche haben wir geschrieben, dass alle impfwilligen Erwachs. bis Ende Juni erstgeimpft sein könnten,"wenn Impfstoffe wie angekündigt geliefert und zügig verimpft werden".
Leider hakelt es massiv bei Lieferungen: Diese Woche wurde viel weniger geliefert als angekündigt! 1/
Auffällig ist, dass die Lieferausfälle so deutlich gegenüber der vom @BMG_Bund veröffentlichten Lieferprognosen vom vergangenen Donnerstag (!) ausgefallen sind. 2/
Kann es wirklich sein, dass die Lieferankündigungen der Hersteller derart unzuverlässig sind?
Zu Lieferkürzungen von #AstraZeneca und J&J scheinen nun auch neue Lieferverzögerungen bei #Biontech zu kommen - besonders dramatisch, weil Deutschlands Impfkampagne 3/
Am @imkflash haben wir heute eine neue Simulationsstudie vorgelegt, welche Effekte ein über 10 J. gestrecktes, kreditfinanziertes Investitionspaket mit einem Volumen von 460 Mrd. € hätte.
Es gab eine lange Diskussion um diese Zahl. Inzwischen ist sie weitgehend akzeptiert. Der wissenschaftliche Beirat im @BMWi_Bund nach sorgfältiger Abwägung etwa bezeichnete den Wert als „nicht unplausibel“. 3/ bmwi.de/Redaktion/DE/P…
Wir (@Sgechert und ich) haben heute einen kurzen @IMKFlash Kommentar veröffentlicht, wie ein steigender CO2-Preis am besten sozialverträglich kompensiert werden kann. Unsere Antwort: Ein Pro-Kopf-Klimabonus scheint die beste Alternative. 1/
Basierend auf früheren Arbeiten argumentieren wir, dass ein solcher Bonus verteilungspolitisch besser ist als etwa die Absenkung der EEG-Umlage oder andere Steuersenkungen. Netto profitieren die unteren Dezile, während die oberen Einkommen belastet werden. 2/
Nicht vergessen werden darf allerdings, dass ein höherer CO2-Preis nur dann vernünftig wirken kann, wenn über öffentliche Investitionen den Menschen die Möglichkeiten gegeben wird, ihr Verhalten anzupassen. 3/
Zum Wochenstart noch ein kleines #covid19-Impfupdate. In der vergangenen Woche sind 4,82 Mio. Dosen verimpft worden, so viele wie noch nie. Trotzdem waren die Zahlen etwas enttäuschend, weil eigentlich die zugesagten Liefermengen 1/
mindestens 5,5 Mio. erlaubt hätten. Vor allem lag die Zahl der für die Hausarztpraxen vorgesehenen Impfdosen eigentlich 50 % höher als in der Vorwoche. Da hätte man sich mehr erhoffen können. 2/
Während in den Vorwochen die Hausarztpraxen jeweils deutlich mehr Impfstoffe bestellt hatten, als zur Verfügung standen, war dies vergangene Woche nicht der Fall. Bei #Biontech lagen die Bestellungen höher als die verfügbaren Mengen, bei #Astrazeneca aber wohl spürbar darunter.3/