Die Baerbock-Anzeige der #INSM schadet dem politischen Diskurs und hat zu Recht für viel Empörung gesorgt. Die INSM fällt nicht zum ersten Mal mit problematischen Aktionen auf. Ein Thread zur INSM als Lobbyakteur und deren Methoden 👇
Die INSM ist eine PR-Lobbyorganisation, die sich an Medien und die breite Öffentlichkeit richtet, um Debatten zu prägen. Sie flankiert die klassische Lobbyarbeit der Arbeitgeberverbände (Gesamtmetall, Metall NRW etc.), die sich direkt an die Politik richten.
Die INSM finanziert sich vollständig durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie. Deren Mitglieder sind Unternehmen - vor allem, aber nicht nur aus der Autoindustrie. Im Vorstand des Dachverbands Gesamtmetall sind u.a. Vertreter von Siemens und Daimler.
Die klare Verbindung mit Unternehmensinteressen wird durch den irreführenden Namen verschleiert und ist somit nicht auf den ersten Blick sichtbar. Beispiele für ähnliche PR-Lobbyforen: "Forum Moderne Landwirtschaft" (Agrobusiness) oder „Zukunft Gas“ (Gasindustrie).
Die INSM fällt vor allem mit klassischen Arbeitgeberthemen mit starker neoliberaler Prägung auf. Sie wettern gegen Steuererhöhungen für Unternehmen + Reiche, den Mindestlohn oder das Lieferkettengesetz. Auch zu Klimapolitik gab es bereits Kampagnen: insm.de/insm/kampagne/…
Um die Öffentlichkeit zu erreichen, schaltet die INSM regelmäßig großflächige Anzeigen in Zeitungen und ist mit Riesenplakten im Berliner Regierungsviertel sichtbar. Auch auf Social Media ist die INSM mit gesponserten Anzeigen sehr aktiv.
Weitere Methode: Medienkooperationen mit bekannten und auflagenstarken Zeitungen wie dem Handelsblatt, der FAS oder der Wirtschaftswoche. Aktuell veranstaltet die INSM gemeinsam mit der Tageszeitung DIE WELT eine digitale Wahldebatte: event.welt.de/event/79d46556…
Besonders enge Verbindungen hat die INSM außerdem zum arbeitgeberfinanzierten Institut der deutschen Wirtschaft, dessen 100%ige Tochter sie ist. Das IW übernahm das Portal „Wirtschaft und Schule“ von der INSM, das pol. Botschaften für Schulen aufbereitet. lobbycontrol.de/2015/03/lehrer…
Die INSM spannt Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft für ihre Anliegen ein. Diese treten als Botschafter für sie auf oder drehen Videos mit Lobbybotschaften, so z.B. Christian Lindner zum Soli oder Thomas Bareiß zum CO2-Preis: fb.watch/66Uo1lmjp5/
Die INSM ist schon früher mit problematischen Aktionen in Wahlkämpfen aufgefallen. 2013 versandte die INSM Vodoo-Puppen u.a. zum Thema Mindestlohn und Frauenquote an Bundestagsabgeordnete. 2017 verbreitete sie irreführende Aussagen zur Steuerpolitik: lobbycontrol.de/2017/09/unglei…
Warum ist das so problematisch? ▶️ Problem 1: Mit Anzeigen in sechsstelliger Höhe können einzelne finanzstarke Lobbyakteure den Wahlkampf zugunsten derer verzerren, die viel Geld haben. #Reichenlobby spiegel.de/wissenschaft/m…
▶️ Problem 2: Das Framing der „Verbotspolitik“ wertet staatliches Handeln zugunsten des Gemeinwohls ab. Stattdessen stellt es die Interessen privater Akteure (v.a. Unternehmen) als zentral dar. Ein problematisches Politikverständnis, das einseitigen Lobbyeinfluss von Unternehmen.
▶️ Problem 3: Unsachliches Negativ-Campaigning schürt Empörungswellen, erschwert sachliche Diskussionen, führt zu Desinformation und befördert am Ende Politikverdrossenheit. Das ist ein großer Schaden für die Demokratie.
Aber: Die breite Kritik an der Kampagne – auch aus den eigenen Reihen – ist auch ein positives Signal. Es bleibt die Hoffnung, dass manche Akteure vermehrt zögern werden, ehe sie Aktionen dieser Art starten. spiegel.de/wirtschaft/soz…
Zum Schluss: Die INSM-Baerback-Anzeige ist zumindest auf Facebook nun auf "inaktiv" gestellt. 👍
Ups, Wort verschluckt, sollte heißen: "Ein problematisches Politikverständnis, das einseitigen Lobbyeinfluss von Unternehmen LEGITIMIERT."

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