Es ist eine falsche Hoffnung zu glauben, dass die extremen Wetterereignisse der letzten Tage von selbst zu einem Umsteuern in der Klimapolitik führen. Vielmehr führen sie bei vielen völlig zurecht zu #Klimaangst. Ein Thread dazu und wie Handlungsfähigkeit entstehen kann.
Die große Bedrohung, vor der die Menschheit steht, sickert in unseren Alltagsverstand ein. Das Ergebnis ist nur allzu oft tiefe Verzweiflung.
Was Politik und Gesellschaft dafür tun, ist viel, viel zu wenig. Dieser Widerspruch ist für viele Menschen schwer zu ertragen und gespenstisch.
Psychotherapeut*innen forderten daher jüngst die politisch Mächtigen auf, endlich entschlossen zu handeln, da andernfalls mit einem starken Anstieg von Depressionen zu rechnen sei. tagesspiegel.de/politik/ich-ka…
Viel hängt damit zusammen, dass wir aufgrund von extremer #Hitze, #Hochwasser, #Starkregen realisieren, dass die für uns gewohnte Welt verloren ist. Der Klimajournalist und Meterologe Eric Holthaus, der sich 2017 wegen Klimaangst in Therapie begab, beschreibt das treffend:
„Jeder und jede Einzelne von uns wird einen Trauerprozess durchlaufen, weil wir eine Welt verlieren, von deren dauerhaften Bestand wir alle tief in unserem Innersten tief überzeugt waren.“
Ein guter Weg mit diesem Verlust umzugehen, ist genau das, was es ohnehin braucht, um eine wirklich an die Wurzel gehende Klimapolitik anzugehen: Hilfe suchen, seine Verzweiflung mit anderen teilen und sprechen, Visionen einer alternativen Zukunft entwickeln und Pläne schmieden.
Denn die Verzweiflung ist kein individuelles Versagen. Vielmehr scheint sie Ausdruck der verkörperten Ahnung zu sein, dass sich die kapitalistischen Verhältnisse & der ihnen innewohnende Zwang zu Wachstum & Ausbeutung von Mench & außermenschlicher Natur verselbständigt haben.
Dementsprechend kollektiv muss auch der Ausbruch aus ihr. Das zeigt auch die Geschichte von Greta Thunberg. Nachdem sie sich für die Klimakrise zu interessieren begann und feststellen musste, dass niemand handelte, als wären wir in einer Krise, verfiel sie in eine Depression:
„Ich hörte auf zu sprechen und zu essen. In zwei Monaten verlor ich 10 Kilo.“ Ihre Stimme und Hoffnung fand sie wieder, als sie in der Hitzewelle 2018 mit den „Schulstreiks für das Klima“ begann & durch die schnell anwachsende Unterstützung heraus fand, dass sie nicht allein ist.
@EricHolthaus schreibt dazu: „Basierend auf den Erkenntnissen der Psychotherapie glaube ich daran, dass es möglich ist, die Probleme in unserem Leben - und in unserer Gesellschaft - spontan und aus der Situation heraus zu lösen, in dem man darüber redet.“
Also wo immer es möglich ist die Ereignisse & Ängste bereden. Mit Freund*innen, in der Familie, in Arbeit, Lehre, Schule. Feststellen, dass man nicht alleine ist, Pläne schmieden und uns organisieren. Zärtlich miteinander sein, damit wir gemeinsam (handlungs-)mächtig sein können.
Einiges dazu durfte ich 2019 für den @mosaik_blog aufschreiben: mosaik-blog.at/klimakrise-gre…

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17 Jul
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16 Jun
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11 Jun
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10 Jun
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